sich fortsetzenden Nasengänge zwischen Keilbein nach oben und Gau- menbein nach unten eingeschlossen sind. Die ursprüngliche Schädel- beuge des Embryo's, welche bei allen höheren Wirbelthieren vorhan- den, bei den niederen aber niemals entwickelt ist, bringt es mit sich, daß auf der Oberfläche des Keilbeines ein förmlicher Türkensattel zur Einlagerung des Hirnanhanges ausgebildet ist. Seitliche Flügel kom- men nur selten bei dem Keilbeine vor, ein Beweis, daß die seitlichen Schädelbalken bei den meisten Gattungen nicht verknöchern; dagegen besitzt der Keilbeinkörper selbst bei denjenigen Arten, wo das Gaumen- gewölbe beweglich bleibt, wie namentlich bei den Schlangen und Eid- echsen starke Fortsätze, an welche die Flügelbeine eingelenkt sind. Die obere Bedachung des Gehirnes wird fast nur von den Scheitelbeinen
[Abbildung]
Fig. 1141.
Der Schädel einer Riesenschlange (Python) von oben. Die Bedeutung der Ziffern ist dieselbe, wie bei den früheren Kopfskeletten der Wirbelthiere. a Nasenmu- scheln.
gebildet, die gewöhnlich zu einer einzigen unpaa- ren Knochenplatte ver- schmolzen, seltener paa- rig sind. Oft bildet dieses Scheitelbein einen hohen Knochenkamm und stets finden sich in ihm beiderseits tiefe Gruben, die Schläfengruben, de- ren Lagerung und Aus- dehnung besonders für die Bestimmung der fos- silen Gattungen von Wichtigkeit ist. Bei den Schlangen greift das Scheitelbein gürtelartig nach unten herum, setzt sich auf den Keilbein- körper fest und bildet so die seitlichen Wandun- gen der Schädelkapsel, die durch das Felsenbein vervollständigt werden. Nach vorn schließt sich an das Scheitelbein das bald paarige, bald unpaare Stirnbein an, welches die Augenhöhlen deckt und von dem Gehirne abschließt. Die Nasenbeine, welche nur selten fehlen, bilden nach vorn die äußerste Spitze des unbeweglichen, knöchernen Schädeldaches und decken meist besondere Muschelbeine, welche in den Knorpeln der Nasenhöhle ent-
ſich fortſetzenden Naſengänge zwiſchen Keilbein nach oben und Gau- menbein nach unten eingeſchloſſen ſind. Die urſprüngliche Schädel- beuge des Embryo’s, welche bei allen höheren Wirbelthieren vorhan- den, bei den niederen aber niemals entwickelt iſt, bringt es mit ſich, daß auf der Oberfläche des Keilbeines ein förmlicher Türkenſattel zur Einlagerung des Hirnanhanges ausgebildet iſt. Seitliche Flügel kom- men nur ſelten bei dem Keilbeine vor, ein Beweis, daß die ſeitlichen Schädelbalken bei den meiſten Gattungen nicht verknöchern; dagegen beſitzt der Keilbeinkörper ſelbſt bei denjenigen Arten, wo das Gaumen- gewölbe beweglich bleibt, wie namentlich bei den Schlangen und Eid- echſen ſtarke Fortſätze, an welche die Flügelbeine eingelenkt ſind. Die obere Bedachung des Gehirnes wird faſt nur von den Scheitelbeinen
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Fig. 1141.
Der Schädel einer Rieſenſchlange (Python) von oben. Die Bedeutung der Ziffern iſt dieſelbe, wie bei den früheren Kopfſkeletten der Wirbelthiere. a Naſenmu- ſcheln.
gebildet, die gewöhnlich zu einer einzigen unpaa- ren Knochenplatte ver- ſchmolzen, ſeltener paa- rig ſind. Oft bildet dieſes Scheitelbein einen hohen Knochenkamm und ſtets finden ſich in ihm beiderſeits tiefe Gruben, die Schläfengruben, de- ren Lagerung und Aus- dehnung beſonders für die Beſtimmung der foſ- ſilen Gattungen von Wichtigkeit iſt. Bei den Schlangen greift das Scheitelbein gürtelartig nach unten herum, ſetzt ſich auf den Keilbein- körper feſt und bildet ſo die ſeitlichen Wandun- gen der Schädelkapſel, die durch das Felſenbein vervollſtändigt werden. Nach vorn ſchließt ſich an das Scheitelbein das bald paarige, bald unpaare Stirnbein an, welches die Augenhöhlen deckt und von dem Gehirne abſchließt. Die Naſenbeine, welche nur ſelten fehlen, bilden nach vorn die äußerſte Spitze des unbeweglichen, knöchernen Schädeldaches und decken meiſt beſondere Muſchelbeine, welche in den Knorpeln der Naſenhöhle ent-
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ſich fortſetzenden Naſengänge zwiſchen Keilbein nach oben und Gau-
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beuge des Embryo’s, welche bei allen höheren Wirbelthieren vorhan-
den, bei den niederen aber niemals entwickelt iſt, bringt es mit ſich,
daß auf der Oberfläche des Keilbeines ein förmlicher Türkenſattel zur
Einlagerung des Hirnanhanges ausgebildet iſt. Seitliche Flügel kom-
men nur ſelten bei dem Keilbeine vor, ein Beweis, daß die ſeitlichen
Schädelbalken bei den meiſten Gattungen nicht verknöchern; dagegen
beſitzt der Keilbeinkörper ſelbſt bei denjenigen Arten, wo das Gaumen-
gewölbe beweglich bleibt, wie namentlich bei den Schlangen und Eid-
echſen ſtarke Fortſätze, an welche die Flügelbeine eingelenkt ſind. Die
obere Bedachung des Gehirnes wird faſt nur von den Scheitelbeinen
[Abbildung Fig. 1141.
Der Schädel einer Rieſenſchlange (Python) von oben.
Die Bedeutung der Ziffern iſt dieſelbe, wie bei den
früheren Kopfſkeletten der Wirbelthiere. a Naſenmu-
ſcheln.]
gebildet, die gewöhnlich
zu einer einzigen unpaa-
ren Knochenplatte ver-
ſchmolzen, ſeltener paa-
rig ſind. Oft bildet
dieſes Scheitelbein einen
hohen Knochenkamm und
ſtets finden ſich in ihm
beiderſeits tiefe Gruben,
die Schläfengruben, de-
ren Lagerung und Aus-
dehnung beſonders für
die Beſtimmung der foſ-
ſilen Gattungen von
Wichtigkeit iſt. Bei den
Schlangen greift das
Scheitelbein gürtelartig
nach unten herum, ſetzt
ſich auf den Keilbein-
körper feſt und bildet ſo
die ſeitlichen Wandun-
gen der Schädelkapſel,
die durch das Felſenbein vervollſtändigt werden. Nach vorn ſchließt
ſich an das Scheitelbein das bald paarige, bald unpaare Stirnbein
an, welches die Augenhöhlen deckt und von dem Gehirne abſchließt.
Die Naſenbeine, welche nur ſelten fehlen, bilden nach vorn die äußerſte
Spitze des unbeweglichen, knöchernen Schädeldaches und decken meiſt
beſondere Muſchelbeine, welche in den Knorpeln der Naſenhöhle ent-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/235>, abgerufen am 29.07.2024.
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