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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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schaften der Bienen bestehen immer aus einem einzigen Weib-
chen, der sogenannten Königin, aus sechshundert bis tausend Männ-
chen, den Drohnen, und aus fünfzehn- bis dreißigtausend verkümmer-
ten Weibchen, den Arbeiterinnen, welche die Sorge für die Jungen und
für das Einsammeln der Vorräthe allein tragen. Auch hier wird die
Gesellschaft, welche sich neu bildet, stets nur von dem einzigen Weib-
chen gegründet, das aber sogleich von einer verhältnißmäßigen Anzahl
Männchen und Arbeiter begleitet wird. Die neuen Bienengesellschaf-
ten entstehen im Laufe des Sommers, indem eine gewisse Anzahl von
Männchen und Arbeitern, mit einem Weibchen an der Spitze, den
Mutterstock verlassen; -- man nennt dieß das Schwärmen. Der erste
Schwarm, welchen eine Gesellschaft liefert, wird von den ursprüngli-
chen Bewohnern des Stockes gebildet, die darin überwinterten, also
von einem befruchteten Weibchen und einer Anzahl Arbeiter; sie ver-
lassen den Stock, um ihrer Nachkommenschaft Platz zu machen, und
fliegen, in dickem Haufen der Königin folgend, so lange umher, bis
diese sich irgendwo niederläßt. Die wilden Bienen wählen zu ihrer
Ansiedlung die Löcher hohler Bäume; bei den zahmen benutzt man
die Niederlassung der Königin, um sie in einen neuen Stock zu fassen.
Sobald die Königin sich fixirt hat, so beginnen unmittelbar die Ar-
beiten. Zuerst werden alle Ritzen und Zugänge bis auf ein kleines
Flugloch mit einem klebrigen Stopfwachse (propolis) zugeklebt, und
dann die Waben begonnen, die aus doppelten Schichten sechsseitiger
Zellen bestehen, welche mit den Böden aneinander stoßen. Die Wa-
ben sind an der Decke des Stockes senkrecht aufgehängt, und durchweg
aus Wachs gebaut, welches sich in dünnen Blättchen zwischen den
Schienen des Hinterleibes bildet und von der Biene mittelst der Kie-
fer und der Füße verarbeitet wird. Zugleich mit dem Bau der Wa-
ben beginnt das Eintragen des Honigs, den die Biene in ihrem Saug-
magen nach Hause bringt, und durch Erbrechen in die Zellen entleert,
und des Blüthenstaubes, der in der Form von Höschen an den Hin-
terbeinen getragen wird, und innerhalb des Stockes zu einer eigen-
thümlichen Masse, dem sogenannten Bienenbrode, verarbeitet wird,
und besonders zur Nahrung der Larven dient. Sobald die Waben
und ihre Zellen einigermaßen im Baue vorgerückt sind, so beginnt die
Königin, die noch von dem vorigen Jahre her befruchtet ist, das Eier-
legen. In jede Zelle wird ein Ei an den Boden geheftet; -- anfangs
legt die Königin nur Arbeitereier, nach einiger Zeit aber werden Zel-
len gebaut, welche um zwei Drittel größer sind, als die gewöhnlichen
Vorraths- und Arbeiterzellen, und in denen die Drohnen sich ent-

ſchaften der Bienen beſtehen immer aus einem einzigen Weib-
chen, der ſogenannten Königin, aus ſechshundert bis tauſend Männ-
chen, den Drohnen, und aus fünfzehn- bis dreißigtauſend verkümmer-
ten Weibchen, den Arbeiterinnen, welche die Sorge für die Jungen und
für das Einſammeln der Vorräthe allein tragen. Auch hier wird die
Geſellſchaft, welche ſich neu bildet, ſtets nur von dem einzigen Weib-
chen gegründet, das aber ſogleich von einer verhältnißmäßigen Anzahl
Männchen und Arbeiter begleitet wird. Die neuen Bienengeſellſchaf-
ten entſtehen im Laufe des Sommers, indem eine gewiſſe Anzahl von
Männchen und Arbeitern, mit einem Weibchen an der Spitze, den
Mutterſtock verlaſſen; — man nennt dieß das Schwärmen. Der erſte
Schwarm, welchen eine Geſellſchaft liefert, wird von den urſprüngli-
chen Bewohnern des Stockes gebildet, die darin überwinterten, alſo
von einem befruchteten Weibchen und einer Anzahl Arbeiter; ſie ver-
laſſen den Stock, um ihrer Nachkommenſchaft Platz zu machen, und
fliegen, in dickem Haufen der Königin folgend, ſo lange umher, bis
dieſe ſich irgendwo niederläßt. Die wilden Bienen wählen zu ihrer
Anſiedlung die Löcher hohler Bäume; bei den zahmen benutzt man
die Niederlaſſung der Königin, um ſie in einen neuen Stock zu faſſen.
Sobald die Königin ſich fixirt hat, ſo beginnen unmittelbar die Ar-
beiten. Zuerſt werden alle Ritzen und Zugänge bis auf ein kleines
Flugloch mit einem klebrigen Stopfwachſe (propolis) zugeklebt, und
dann die Waben begonnen, die aus doppelten Schichten ſechsſeitiger
Zellen beſtehen, welche mit den Böden aneinander ſtoßen. Die Wa-
ben ſind an der Decke des Stockes ſenkrecht aufgehängt, und durchweg
aus Wachs gebaut, welches ſich in dünnen Blättchen zwiſchen den
Schienen des Hinterleibes bildet und von der Biene mittelſt der Kie-
fer und der Füße verarbeitet wird. Zugleich mit dem Bau der Wa-
ben beginnt das Eintragen des Honigs, den die Biene in ihrem Saug-
magen nach Hauſe bringt, und durch Erbrechen in die Zellen entleert,
und des Blüthenſtaubes, der in der Form von Höschen an den Hin-
terbeinen getragen wird, und innerhalb des Stockes zu einer eigen-
thümlichen Maſſe, dem ſogenannten Bienenbrode, verarbeitet wird,
und beſonders zur Nahrung der Larven dient. Sobald die Waben
und ihre Zellen einigermaßen im Baue vorgerückt ſind, ſo beginnt die
Königin, die noch von dem vorigen Jahre her befruchtet iſt, das Eier-
legen. In jede Zelle wird ein Ei an den Boden geheftet; — anfangs
legt die Königin nur Arbeitereier, nach einiger Zeit aber werden Zel-
len gebaut, welche um zwei Drittel größer ſind, als die gewöhnlichen
Vorraths- und Arbeiterzellen, und in denen die Drohnen ſich ent-

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[683/0689] ſchaften der Bienen beſtehen immer aus einem einzigen Weib- chen, der ſogenannten Königin, aus ſechshundert bis tauſend Männ- chen, den Drohnen, und aus fünfzehn- bis dreißigtauſend verkümmer- ten Weibchen, den Arbeiterinnen, welche die Sorge für die Jungen und für das Einſammeln der Vorräthe allein tragen. Auch hier wird die Geſellſchaft, welche ſich neu bildet, ſtets nur von dem einzigen Weib- chen gegründet, das aber ſogleich von einer verhältnißmäßigen Anzahl Männchen und Arbeiter begleitet wird. Die neuen Bienengeſellſchaf- ten entſtehen im Laufe des Sommers, indem eine gewiſſe Anzahl von Männchen und Arbeitern, mit einem Weibchen an der Spitze, den Mutterſtock verlaſſen; — man nennt dieß das Schwärmen. Der erſte Schwarm, welchen eine Geſellſchaft liefert, wird von den urſprüngli- chen Bewohnern des Stockes gebildet, die darin überwinterten, alſo von einem befruchteten Weibchen und einer Anzahl Arbeiter; ſie ver- laſſen den Stock, um ihrer Nachkommenſchaft Platz zu machen, und fliegen, in dickem Haufen der Königin folgend, ſo lange umher, bis dieſe ſich irgendwo niederläßt. Die wilden Bienen wählen zu ihrer Anſiedlung die Löcher hohler Bäume; bei den zahmen benutzt man die Niederlaſſung der Königin, um ſie in einen neuen Stock zu faſſen. Sobald die Königin ſich fixirt hat, ſo beginnen unmittelbar die Ar- beiten. Zuerſt werden alle Ritzen und Zugänge bis auf ein kleines Flugloch mit einem klebrigen Stopfwachſe (propolis) zugeklebt, und dann die Waben begonnen, die aus doppelten Schichten ſechsſeitiger Zellen beſtehen, welche mit den Böden aneinander ſtoßen. Die Wa- ben ſind an der Decke des Stockes ſenkrecht aufgehängt, und durchweg aus Wachs gebaut, welches ſich in dünnen Blättchen zwiſchen den Schienen des Hinterleibes bildet und von der Biene mittelſt der Kie- fer und der Füße verarbeitet wird. Zugleich mit dem Bau der Wa- ben beginnt das Eintragen des Honigs, den die Biene in ihrem Saug- magen nach Hauſe bringt, und durch Erbrechen in die Zellen entleert, und des Blüthenſtaubes, der in der Form von Höschen an den Hin- terbeinen getragen wird, und innerhalb des Stockes zu einer eigen- thümlichen Maſſe, dem ſogenannten Bienenbrode, verarbeitet wird, und beſonders zur Nahrung der Larven dient. Sobald die Waben und ihre Zellen einigermaßen im Baue vorgerückt ſind, ſo beginnt die Königin, die noch von dem vorigen Jahre her befruchtet iſt, das Eier- legen. In jede Zelle wird ein Ei an den Boden geheftet; — anfangs legt die Königin nur Arbeitereier, nach einiger Zeit aber werden Zel- len gebaut, welche um zwei Drittel größer ſind, als die gewöhnlichen Vorraths- und Arbeiterzellen, und in denen die Drohnen ſich ent-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/689>, abgerufen am 29.06.2024.