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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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und in der That überwintern die meisten Gattungen als Eier oder
als ruhende Puppen, während sie im Sommer als Raupen und Schmet-
terlinge sich zeigen.

Die Larven der Schmetterlinge, die allgemein unter dem Namen

[Abbildung] Fig. 770.

Raupe eines Tagschmetterlings (Nymphale Jasius.)

der Raupen bekannt
sind, haben meist eine
cylindrische, gestreckte Ge-
stalt, und zeigen stets
außer dem hornigen
Kopfe zwölf Ringe mit
neun Luftlöchern auf jeder Seite und wenigstens zehn, höchstens sechs-
zehn Fußpaaren. Der Kopf der Raupen läßt weder Fühler, noch
Augen gewahren. Die Mundwerkzeuge sind zum Kauen eingerichtet
und bestehen aus zwei kräftigen, hornigen Kiefern, zwei Kinnladen,
mit sehr kleinen Ladentastern, zwei kleinen Lippentastern und einer
warzenförmigen Unterlippe, deren Spitze von dem Ausführungsgange
der Spinndrüsen durchbohrt ist. Die drei ersten Ringe des Raupen-
körpers tragen die ächten oder hornigen Füße, welche mit kleinen
Krallen besetzt sind, und den Füßen des vollkommen Insektes ent-
sprechen; sie sind gewöhnlich nur sehr kurz, und dienen hauptsächlich
zum Umklammern der Zweige, während die falschen Füße oder Bauch-
füße, die an den hinteren Körperringen stehen, wesentlich zum Gehen
dienen und meist die Form von Schröpfköpfen haben, die noch obenein
oft mit kleinen Haken besetzt sind. Der vierte, fünfte, zehnte und eilfte
Ringel der Raupen besitzen niemals falsche Füße. Bei den eigentli-
chen Spannraupen kommen nur vier an das hintere Körperende ge-
stellte Paare falscher Füße vor, weßhalb sie beim Fortschreiten den
Raum gleichsam ausmessen, indem sie sich erst mit den Vorderfüßen
anklammern und dann den Hinterleib nachziehen. Manchen Spinnern
fehlt das hintere Paar der Bauchfüße ganz, oder ist durch zwei lange
Faden ersetzt. Einige Raupen von Tagschmetterlingen besitzen ganz
sonderbare Fühlfäden im Nacken, die hervorgestülpt werden können.
Die Körperbedeckung der Raupen ist äußerst mannigfaltig; viele sind
nackt, andere über und über mit langen Haaren besetzt, welche leicht
[Abbildung] Fig. 771.

Raupe des Schwalbenschwanzes. (Papilio Machaon.)

[Abbildung] Fig. 772.

Dornraupe des Tag-
pfauenauges (Vanessa Urticae.)

und in der That überwintern die meiſten Gattungen als Eier oder
als ruhende Puppen, während ſie im Sommer als Raupen und Schmet-
terlinge ſich zeigen.

Die Larven der Schmetterlinge, die allgemein unter dem Namen

[Abbildung] Fig. 770.

Raupe eines Tagſchmetterlings (Nymphale Jasius.)

der Raupen bekannt
ſind, haben meiſt eine
cylindriſche, geſtreckte Ge-
ſtalt, und zeigen ſtets
außer dem hornigen
Kopfe zwölf Ringe mit
neun Luftlöchern auf jeder Seite und wenigſtens zehn, höchſtens ſechs-
zehn Fußpaaren. Der Kopf der Raupen läßt weder Fühler, noch
Augen gewahren. Die Mundwerkzeuge ſind zum Kauen eingerichtet
und beſtehen aus zwei kräftigen, hornigen Kiefern, zwei Kinnladen,
mit ſehr kleinen Ladentaſtern, zwei kleinen Lippentaſtern und einer
warzenförmigen Unterlippe, deren Spitze von dem Ausführungsgange
der Spinndrüſen durchbohrt iſt. Die drei erſten Ringe des Raupen-
körpers tragen die ächten oder hornigen Füße, welche mit kleinen
Krallen beſetzt ſind, und den Füßen des vollkommen Inſektes ent-
ſprechen; ſie ſind gewöhnlich nur ſehr kurz, und dienen hauptſächlich
zum Umklammern der Zweige, während die falſchen Füße oder Bauch-
füße, die an den hinteren Körperringen ſtehen, weſentlich zum Gehen
dienen und meiſt die Form von Schröpfköpfen haben, die noch obenein
oft mit kleinen Haken beſetzt ſind. Der vierte, fünfte, zehnte und eilfte
Ringel der Raupen beſitzen niemals falſche Füße. Bei den eigentli-
chen Spannraupen kommen nur vier an das hintere Körperende ge-
ſtellte Paare falſcher Füße vor, weßhalb ſie beim Fortſchreiten den
Raum gleichſam ausmeſſen, indem ſie ſich erſt mit den Vorderfüßen
anklammern und dann den Hinterleib nachziehen. Manchen Spinnern
fehlt das hintere Paar der Bauchfüße ganz, oder iſt durch zwei lange
Faden erſetzt. Einige Raupen von Tagſchmetterlingen beſitzen ganz
ſonderbare Fühlfäden im Nacken, die hervorgeſtülpt werden können.
Die Körperbedeckung der Raupen iſt äußerſt mannigfaltig; viele ſind
nackt, andere über und über mit langen Haaren beſetzt, welche leicht
[Abbildung] Fig. 771.

Raupe des Schwalbenſchwanzes. (Papilio Machaon.)

[Abbildung] Fig. 772.

Dornraupe des Tag-
pfauenauges (Vanessa Urticae.)

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[620/0626] und in der That überwintern die meiſten Gattungen als Eier oder als ruhende Puppen, während ſie im Sommer als Raupen und Schmet- terlinge ſich zeigen. Die Larven der Schmetterlinge, die allgemein unter dem Namen [Abbildung Fig. 770. Raupe eines Tagſchmetterlings (Nymphale Jasius.)] der Raupen bekannt ſind, haben meiſt eine cylindriſche, geſtreckte Ge- ſtalt, und zeigen ſtets außer dem hornigen Kopfe zwölf Ringe mit neun Luftlöchern auf jeder Seite und wenigſtens zehn, höchſtens ſechs- zehn Fußpaaren. Der Kopf der Raupen läßt weder Fühler, noch Augen gewahren. Die Mundwerkzeuge ſind zum Kauen eingerichtet und beſtehen aus zwei kräftigen, hornigen Kiefern, zwei Kinnladen, mit ſehr kleinen Ladentaſtern, zwei kleinen Lippentaſtern und einer warzenförmigen Unterlippe, deren Spitze von dem Ausführungsgange der Spinndrüſen durchbohrt iſt. Die drei erſten Ringe des Raupen- körpers tragen die ächten oder hornigen Füße, welche mit kleinen Krallen beſetzt ſind, und den Füßen des vollkommen Inſektes ent- ſprechen; ſie ſind gewöhnlich nur ſehr kurz, und dienen hauptſächlich zum Umklammern der Zweige, während die falſchen Füße oder Bauch- füße, die an den hinteren Körperringen ſtehen, weſentlich zum Gehen dienen und meiſt die Form von Schröpfköpfen haben, die noch obenein oft mit kleinen Haken beſetzt ſind. Der vierte, fünfte, zehnte und eilfte Ringel der Raupen beſitzen niemals falſche Füße. Bei den eigentli- chen Spannraupen kommen nur vier an das hintere Körperende ge- ſtellte Paare falſcher Füße vor, weßhalb ſie beim Fortſchreiten den Raum gleichſam ausmeſſen, indem ſie ſich erſt mit den Vorderfüßen anklammern und dann den Hinterleib nachziehen. Manchen Spinnern fehlt das hintere Paar der Bauchfüße ganz, oder iſt durch zwei lange Faden erſetzt. Einige Raupen von Tagſchmetterlingen beſitzen ganz ſonderbare Fühlfäden im Nacken, die hervorgeſtülpt werden können. Die Körperbedeckung der Raupen iſt äußerſt mannigfaltig; viele ſind nackt, andere über und über mit langen Haaren beſetzt, welche leicht [Abbildung Fig. 771. Raupe des Schwalbenſchwanzes. (Papilio Machaon.)] [Abbildung Fig. 772. Dornraupe des Tag- pfauenauges (Vanessa Urticae.)]

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/626>, abgerufen am 27.11.2024.