bei den übrigen Krustenthieren vorkommen und dort theils zum Fassen, theils zum Zerkleinern der Nahrung dienen, stehen hier meist weiter vom Munde entfernt, und sind zu Klammerorganen umgewandelt.
Die Ausbildung des Nervensystems steht in sehr genauer Be- ziehung zu der Entwickelung des Kopfes und der Sinnesorgane. Bei den niedersten Formen finden sich nur zwei seitliche, fast knotenlose Nervenstränge, die bei anderen Gattungen Knoten erhalten und in einem Brustganglion zusammenlaufen, vor welchem ein Hirnknoten gänzlich fehlt. Die Verbindungsfäden der einzelnen Knoten sind dann stets doppelt und ziemlich weit von einander getrennt; -- bei noch höher stehenden Formen findet sich ein Hirnknoten, und ein aus gehäuften Knoten bestchender Bauchstrang. Der Darmkanal verläuft ganz gerade von der Mundöffnung aus gegen die am Ende des Körpers gelegene Afteröffnung, ohne daß man beson- dere Magenerweiterungen unterscheiden könnte. Besondere Athem- organe fehlen in dieser Ordnung fast durchaus; nur bei einigen Gattungen finden sich blattförmige Anhänge, welche vielleicht Kiemen genannt werden dürften. Bei allen übrigen Gattungen ist ohne Zwei- fel die Haut selbst Athemorgan, und namentlich treten bei denjenigen Familien, bei welchen die Körperhaut blattartig ausgebreitet ist, lebhafte Blutströmungen in diesen Blättern auf, unter denen das Wasser durch stete strudelnde Bewegung der Füße erneuert wird. Der Kreislauf ist bei den meisten nur unvollständig beobachtet; von dem schlauchför- migen, dünnhäutigen Herz aus strömt das Blut in wandungslosen Kanälen durch alle Theile und sammelt sich dann gewöhnlich an der Basis der Füße in eigene Behälter, aus welchen es durch die seitli- chen Spaltöffnungen des Herzens in dessen Höhlung eingesogen wird.
Sämmtliche Schmarotzerkrebse haben deutlich geschiedene Geschlech- ter, und meistens ist sogar die Verschiedenheit der Männchen und Weibchen außerordentlich groß. Die Männchen sind gewöhnlich ver- hältnißmäßig sehr klein und hängen, wie Schmarotzerthiere, während ihres ganzen Lebens an der Geschlechtsöffnung ihrer riesenhaften Weib- chen fest, die meistens zwei einfache Eierstocksschläuche besitzen, welche sich an dem Ende des Hinterleibes und an der Basis des Schwanzes öffnen, wo sich noch besondere Kittdrüsen befinden, durch welche die Eier in Schnüre verbunden werden, die bis zum Ausschlüpfen der Embryonen am Hinterleibe der Weibchen hängen bleiben. Die männlichen Geschlechtstheile sind noch wenig untersucht, scheinen aber in ihrer Gestalt mit denen der Weibchen übereinzukommen.
bei den übrigen Kruſtenthieren vorkommen und dort theils zum Faſſen, theils zum Zerkleinern der Nahrung dienen, ſtehen hier meiſt weiter vom Munde entfernt, und ſind zu Klammerorganen umgewandelt.
Die Ausbildung des Nervenſyſtems ſteht in ſehr genauer Be- ziehung zu der Entwickelung des Kopfes und der Sinnesorgane. Bei den niederſten Formen finden ſich nur zwei ſeitliche, faſt knotenloſe Nervenſtränge, die bei anderen Gattungen Knoten erhalten und in einem Bruſtganglion zuſammenlaufen, vor welchem ein Hirnknoten gänzlich fehlt. Die Verbindungsfäden der einzelnen Knoten ſind dann ſtets doppelt und ziemlich weit von einander getrennt; — bei noch höher ſtehenden Formen findet ſich ein Hirnknoten, und ein aus gehäuften Knoten beſtchender Bauchſtrang. Der Darmkanal verläuft ganz gerade von der Mundöffnung aus gegen die am Ende des Körpers gelegene Afteröffnung, ohne daß man beſon- dere Magenerweiterungen unterſcheiden könnte. Beſondere Athem- organe fehlen in dieſer Ordnung faſt durchaus; nur bei einigen Gattungen finden ſich blattförmige Anhänge, welche vielleicht Kiemen genannt werden dürften. Bei allen übrigen Gattungen iſt ohne Zwei- fel die Haut ſelbſt Athemorgan, und namentlich treten bei denjenigen Familien, bei welchen die Körperhaut blattartig ausgebreitet iſt, lebhafte Blutſtrömungen in dieſen Blättern auf, unter denen das Waſſer durch ſtete ſtrudelnde Bewegung der Füße erneuert wird. Der Kreislauf iſt bei den meiſten nur unvollſtändig beobachtet; von dem ſchlauchför- migen, dünnhäutigen Herz aus ſtrömt das Blut in wandungsloſen Kanälen durch alle Theile und ſammelt ſich dann gewöhnlich an der Baſis der Füße in eigene Behälter, aus welchen es durch die ſeitli- chen Spaltöffnungen des Herzens in deſſen Höhlung eingeſogen wird.
Sämmtliche Schmarotzerkrebſe haben deutlich geſchiedene Geſchlech- ter, und meiſtens iſt ſogar die Verſchiedenheit der Männchen und Weibchen außerordentlich groß. Die Männchen ſind gewöhnlich ver- hältnißmäßig ſehr klein und hängen, wie Schmarotzerthiere, während ihres ganzen Lebens an der Geſchlechtsöffnung ihrer rieſenhaften Weib- chen feſt, die meiſtens zwei einfache Eierſtocksſchläuche beſitzen, welche ſich an dem Ende des Hinterleibes und an der Baſis des Schwanzes öffnen, wo ſich noch beſondere Kittdrüſen befinden, durch welche die Eier in Schnüre verbunden werden, die bis zum Ausſchlüpfen der Embryonen am Hinterleibe der Weibchen hängen bleiben. Die männlichen Geſchlechtstheile ſind noch wenig unterſucht, ſcheinen aber in ihrer Geſtalt mit denen der Weibchen übereinzukommen.
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bei den übrigen Kruſtenthieren vorkommen und dort theils zum Faſſen,
theils zum Zerkleinern der Nahrung dienen, ſtehen hier meiſt weiter
vom Munde entfernt, und ſind zu Klammerorganen umgewandelt.
Die Ausbildung des Nervenſyſtems ſteht in ſehr genauer Be-
ziehung zu der Entwickelung des Kopfes und der Sinnesorgane. Bei
den niederſten Formen finden ſich nur zwei ſeitliche, faſt knotenloſe
Nervenſtränge, die bei anderen Gattungen Knoten erhalten und in
einem Bruſtganglion zuſammenlaufen, vor welchem ein Hirnknoten
gänzlich fehlt. Die Verbindungsfäden der einzelnen Knoten ſind dann
ſtets doppelt und ziemlich weit von einander getrennt; — bei
noch höher ſtehenden Formen findet ſich ein Hirnknoten, und ein aus
gehäuften Knoten beſtchender Bauchſtrang. Der Darmkanal
verläuft ganz gerade von der Mundöffnung aus gegen die am
Ende des Körpers gelegene Afteröffnung, ohne daß man beſon-
dere Magenerweiterungen unterſcheiden könnte. Beſondere Athem-
organe fehlen in dieſer Ordnung faſt durchaus; nur bei einigen
Gattungen finden ſich blattförmige Anhänge, welche vielleicht Kiemen
genannt werden dürften. Bei allen übrigen Gattungen iſt ohne Zwei-
fel die Haut ſelbſt Athemorgan, und namentlich treten bei denjenigen
Familien, bei welchen die Körperhaut blattartig ausgebreitet iſt, lebhafte
Blutſtrömungen in dieſen Blättern auf, unter denen das Waſſer durch
ſtete ſtrudelnde Bewegung der Füße erneuert wird. Der Kreislauf
iſt bei den meiſten nur unvollſtändig beobachtet; von dem ſchlauchför-
migen, dünnhäutigen Herz aus ſtrömt das Blut in wandungsloſen
Kanälen durch alle Theile und ſammelt ſich dann gewöhnlich an der
Baſis der Füße in eigene Behälter, aus welchen es durch die ſeitli-
chen Spaltöffnungen des Herzens in deſſen Höhlung eingeſogen wird.
Sämmtliche Schmarotzerkrebſe haben deutlich geſchiedene Geſchlech-
ter, und meiſtens iſt ſogar die Verſchiedenheit der Männchen und
Weibchen außerordentlich groß. Die Männchen ſind gewöhnlich ver-
hältnißmäßig ſehr klein und hängen, wie Schmarotzerthiere, während
ihres ganzen Lebens an der Geſchlechtsöffnung ihrer rieſenhaften Weib-
chen feſt, die meiſtens zwei einfache Eierſtocksſchläuche beſitzen, welche
ſich an dem Ende des Hinterleibes und an der Baſis des Schwanzes
öffnen, wo ſich noch beſondere Kittdrüſen befinden, durch welche die
Eier in Schnüre verbunden werden, die bis zum Ausſchlüpfen der
Embryonen am Hinterleibe der Weibchen hängen bleiben. Die männlichen
Geſchlechtstheile ſind noch wenig unterſucht, ſcheinen aber in ihrer
Geſtalt mit denen der Weibchen übereinzukommen.
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/436>, abgerufen am 24.11.2024.
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