eines fleischigen Fortsatzes, Fuß genannt, umher; nur sehr wenige können schwimmen. Meist indeß ist das Bewegungsvermögen bei den Weichthieren in ihrer Jugend stärker entwickelt und viele, welche im Alter festsitzen, oder nur kriechend sich bewegen können, sind in der Jugend geschickte Schwimmer. Alle Weichthiere pflanzen sich durch geschlechtliche Zeugung fort; Knospen- oder Ammenzeugung kommt bei ihnen nicht vor. Manche sind Zwitter, die Meisten getrennten Ge- schlechtes; -- Alle entwickeln sich als Ganzes aus dem Dotter, ohne daß ein Gegensatz zwischen einem Embryonaltheile und einem Dotter bestände. Sie unterscheiden sich hierdurch wesentlich von den Kopf- füßlern, bei welchen ein solcher Gegensatz vom ersten Beginn an existirt.
Die meisten Weichthiere leben im Wasser, die größte Anzahl ist sogar gänzlich auf das Meer beschränkt. Unter den Landbewohnern athmen die Meisten dennoch Wasser durch Kiemen, nur wenige Luft durch innere Lungensäcke. Auch diese lieben vorzugsweise kühle, feuchte Orte und sind gewöhnlich nächtige Thiere, welche nach Thau und Regen aus ihren Schlupfwinkeln sich hervorwagen. Wir theilen die- sen Unterkreis in zwei große Klassen: Die Muschelthiere oder kopflosen Mollusken(Acephala oder Conchifera) mit zweiklappiger Schale ohne deutlichen Kopf, und die Schnecken oder Kopfträger (Cephalophora) mit meist deutlichem Kopf und einfacher röhrenförmiger Schale. Jede dieser Klassen hat wieder verschiedene Unterklassen. Der meist vorkommenden harten Schalen wegen, welche diese Thiere um- hüllen und die sich bei dem Versteinerungsprozesse erhalten haben, gehören diese Klassen mit zu den wichtigsten für die Geologie.
Klasse der Muschelthiere.(Acephala oder Conchifera.)
Die Thiere, welche dieser überaus zahlreichen Klasse angehören, haben mit den Molluskoiden den Mangel eines gesonderten Kopfes gemein, unterscheiden sich aber wesentlich von ihnen durch ein Nerven- system, welches aus mehren im Körper zerstreuten Knoten zusammen-
eines fleiſchigen Fortſatzes, Fuß genannt, umher; nur ſehr wenige können ſchwimmen. Meiſt indeß iſt das Bewegungsvermögen bei den Weichthieren in ihrer Jugend ſtärker entwickelt und viele, welche im Alter feſtſitzen, oder nur kriechend ſich bewegen können, ſind in der Jugend geſchickte Schwimmer. Alle Weichthiere pflanzen ſich durch geſchlechtliche Zeugung fort; Knospen- oder Ammenzeugung kommt bei ihnen nicht vor. Manche ſind Zwitter, die Meiſten getrennten Ge- ſchlechtes; — Alle entwickeln ſich als Ganzes aus dem Dotter, ohne daß ein Gegenſatz zwiſchen einem Embryonaltheile und einem Dotter beſtände. Sie unterſcheiden ſich hierdurch weſentlich von den Kopf- füßlern, bei welchen ein ſolcher Gegenſatz vom erſten Beginn an exiſtirt.
Die meiſten Weichthiere leben im Waſſer, die größte Anzahl iſt ſogar gänzlich auf das Meer beſchränkt. Unter den Landbewohnern athmen die Meiſten dennoch Waſſer durch Kiemen, nur wenige Luft durch innere Lungenſäcke. Auch dieſe lieben vorzugsweiſe kühle, feuchte Orte und ſind gewöhnlich nächtige Thiere, welche nach Thau und Regen aus ihren Schlupfwinkeln ſich hervorwagen. Wir theilen die- ſen Unterkreis in zwei große Klaſſen: Die Muſchelthiere oder kopfloſen Mollusken(Acephala oder Conchifera) mit zweiklappiger Schale ohne deutlichen Kopf, und die Schnecken oder Kopfträger (Cephalophora) mit meiſt deutlichem Kopf und einfacher röhrenförmiger Schale. Jede dieſer Klaſſen hat wieder verſchiedene Unterklaſſen. Der meiſt vorkommenden harten Schalen wegen, welche dieſe Thiere um- hüllen und die ſich bei dem Verſteinerungsprozeſſe erhalten haben, gehören dieſe Klaſſen mit zu den wichtigſten für die Geologie.
Klaſſe der Muſchelthiere.(Acephala oder Conchifera.)
Die Thiere, welche dieſer überaus zahlreichen Klaſſe angehören, haben mit den Molluskoiden den Mangel eines geſonderten Kopfes gemein, unterſcheiden ſich aber weſentlich von ihnen durch ein Nerven- ſyſtem, welches aus mehren im Körper zerſtreuten Knoten zuſammen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0280"n="274"/>
eines fleiſchigen Fortſatzes, <hirendition="#g">Fuß</hi> genannt, umher; nur ſehr wenige<lb/>
können ſchwimmen. Meiſt indeß iſt das Bewegungsvermögen bei den<lb/>
Weichthieren in ihrer Jugend ſtärker entwickelt und viele, welche im<lb/>
Alter feſtſitzen, oder nur kriechend ſich bewegen können, ſind in der<lb/>
Jugend geſchickte Schwimmer. Alle Weichthiere pflanzen ſich durch<lb/>
geſchlechtliche Zeugung fort; Knospen- oder Ammenzeugung kommt bei<lb/>
ihnen nicht vor. Manche ſind Zwitter, die Meiſten getrennten Ge-<lb/>ſchlechtes; — Alle entwickeln ſich als Ganzes aus dem Dotter, ohne<lb/>
daß ein Gegenſatz zwiſchen einem Embryonaltheile und einem Dotter<lb/>
beſtände. Sie unterſcheiden ſich hierdurch weſentlich von den Kopf-<lb/>
füßlern, bei welchen ein ſolcher Gegenſatz vom erſten Beginn an<lb/>
exiſtirt.</p><lb/><p>Die meiſten Weichthiere leben im Waſſer, die größte Anzahl iſt<lb/>ſogar gänzlich auf das Meer beſchränkt. Unter den Landbewohnern<lb/>
athmen die Meiſten dennoch Waſſer durch Kiemen, nur wenige Luft<lb/>
durch innere Lungenſäcke. Auch dieſe lieben vorzugsweiſe kühle, feuchte<lb/>
Orte und ſind gewöhnlich nächtige Thiere, welche nach Thau und<lb/>
Regen aus ihren Schlupfwinkeln ſich hervorwagen. Wir theilen die-<lb/>ſen Unterkreis in zwei große Klaſſen: Die <hirendition="#g">Muſchelthiere oder<lb/>
kopfloſen Mollusken</hi><hirendition="#aq">(Acephala</hi> oder <hirendition="#aq">Conchifera)</hi> mit zweiklappiger<lb/>
Schale ohne deutlichen Kopf, und die <hirendition="#g">Schnecken oder Kopfträger</hi><lb/><hirendition="#aq">(Cephalophora)</hi> mit meiſt deutlichem Kopf und einfacher röhrenförmiger<lb/>
Schale. Jede dieſer Klaſſen hat wieder verſchiedene Unterklaſſen. Der<lb/>
meiſt vorkommenden harten Schalen wegen, welche dieſe Thiere um-<lb/>
hüllen und die ſich bei dem Verſteinerungsprozeſſe erhalten haben,<lb/>
gehören dieſe Klaſſen mit zu den wichtigſten für die Geologie.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Klaſſe der Muſchelthiere.</hi><hirendition="#aq">(Acephala</hi> oder <hirendition="#aq">Conchifera.)</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die Thiere, welche dieſer überaus zahlreichen Klaſſe angehören,<lb/>
haben mit den Molluskoiden den Mangel eines geſonderten Kopfes<lb/>
gemein, unterſcheiden ſich aber weſentlich von ihnen durch ein Nerven-<lb/>ſyſtem, welches aus mehren im Körper zerſtreuten Knoten zuſammen-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[274/0280]
eines fleiſchigen Fortſatzes, Fuß genannt, umher; nur ſehr wenige
können ſchwimmen. Meiſt indeß iſt das Bewegungsvermögen bei den
Weichthieren in ihrer Jugend ſtärker entwickelt und viele, welche im
Alter feſtſitzen, oder nur kriechend ſich bewegen können, ſind in der
Jugend geſchickte Schwimmer. Alle Weichthiere pflanzen ſich durch
geſchlechtliche Zeugung fort; Knospen- oder Ammenzeugung kommt bei
ihnen nicht vor. Manche ſind Zwitter, die Meiſten getrennten Ge-
ſchlechtes; — Alle entwickeln ſich als Ganzes aus dem Dotter, ohne
daß ein Gegenſatz zwiſchen einem Embryonaltheile und einem Dotter
beſtände. Sie unterſcheiden ſich hierdurch weſentlich von den Kopf-
füßlern, bei welchen ein ſolcher Gegenſatz vom erſten Beginn an
exiſtirt.
Die meiſten Weichthiere leben im Waſſer, die größte Anzahl iſt
ſogar gänzlich auf das Meer beſchränkt. Unter den Landbewohnern
athmen die Meiſten dennoch Waſſer durch Kiemen, nur wenige Luft
durch innere Lungenſäcke. Auch dieſe lieben vorzugsweiſe kühle, feuchte
Orte und ſind gewöhnlich nächtige Thiere, welche nach Thau und
Regen aus ihren Schlupfwinkeln ſich hervorwagen. Wir theilen die-
ſen Unterkreis in zwei große Klaſſen: Die Muſchelthiere oder
kopfloſen Mollusken (Acephala oder Conchifera) mit zweiklappiger
Schale ohne deutlichen Kopf, und die Schnecken oder Kopfträger
(Cephalophora) mit meiſt deutlichem Kopf und einfacher röhrenförmiger
Schale. Jede dieſer Klaſſen hat wieder verſchiedene Unterklaſſen. Der
meiſt vorkommenden harten Schalen wegen, welche dieſe Thiere um-
hüllen und die ſich bei dem Verſteinerungsprozeſſe erhalten haben,
gehören dieſe Klaſſen mit zu den wichtigſten für die Geologie.
Klaſſe der Muſchelthiere. (Acephala oder Conchifera.)
Die Thiere, welche dieſer überaus zahlreichen Klaſſe angehören,
haben mit den Molluskoiden den Mangel eines geſonderten Kopfes
gemein, unterſcheiden ſich aber weſentlich von ihnen durch ein Nerven-
ſyſtem, welches aus mehren im Körper zerſtreuten Knoten zuſammen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/280>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.