Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.[Abbildung]
wirken stets von beiden Seiten ge-spitzen Zähnen bewaffnete Schlundkovf; c geneinander und die Zähne selbst erscheinen bald in Gestalt horniger, mit queren vorstehenden Rippen versehener Kauplatten, bald als förmliche, mehrspitzige oder ein- spitzige Gabelzangen, die an einem Griffe befestigt sind. Die Gabelzähne der letztern Art werden von den Thieren zugleich als Greiforgane benutzt, indem sie den Schlund- kopf lebhaft aus der Mundöffnung hervorstülpen und mit den scharfen Zangen die Beute packen und durchbohren. Der Schlundkopf selbst ist bei dem Wirbeln und Fressen so sehr in beständiger Bewegung, daß frühere Beobachter ihn für ein Herz hielten. Von dem Schlund- kopfe aus erstreckt sich der dickwandige, leberartig gekörnte, innen mit Wimperhaaren besetzte Darm nach hinten, indem er meist eine an- fängliche Erweiterung, einen Magen, dann eine Verengerung und am Mastdarme eine zweite Erweiterung, eine Art von Kloake zeigt. Un- mittelbar hinter dem Schlundkopfe münden bei allen Räderthieren zwei dicke knollige Drüsen, die man als Speicheldrüsen betrachten kann, in den Darm ein. Die Nahrung der Räderthiere besteht bei den mit kauenden Leisten am Schlundkopfe versehenen Gattungen gewöhnlich aus pflanzlichen Stoffen, während die mit Gabelzähnen bewaffneten arge Räuber sind und meist gierig über Infusorien und andere Rä- derthiere herfallen. Ein Gefäßsystem hat man bei den Räderthieren noch nicht [Abbildung]
wirken ſtets von beiden Seiten ge-ſpitzen Zähnen bewaffnete Schlundkovf; c geneinander und die Zähne ſelbſt erſcheinen bald in Geſtalt horniger, mit queren vorſtehenden Rippen verſehener Kauplatten, bald als förmliche, mehrſpitzige oder ein- ſpitzige Gabelzangen, die an einem Griffe befeſtigt ſind. Die Gabelzähne der letztern Art werden von den Thieren zugleich als Greiforgane benutzt, indem ſie den Schlund- kopf lebhaft aus der Mundöffnung hervorſtülpen und mit den ſcharfen Zangen die Beute packen und durchbohren. Der Schlundkopf ſelbſt iſt bei dem Wirbeln und Freſſen ſo ſehr in beſtändiger Bewegung, daß frühere Beobachter ihn für ein Herz hielten. Von dem Schlund- kopfe aus erſtreckt ſich der dickwandige, leberartig gekörnte, innen mit Wimperhaaren beſetzte Darm nach hinten, indem er meiſt eine an- fängliche Erweiterung, einen Magen, dann eine Verengerung und am Maſtdarme eine zweite Erweiterung, eine Art von Kloake zeigt. Un- mittelbar hinter dem Schlundkopfe münden bei allen Räderthieren zwei dicke knollige Drüſen, die man als Speicheldrüſen betrachten kann, in den Darm ein. Die Nahrung der Räderthiere beſteht bei den mit kauenden Leiſten am Schlundkopfe verſehenen Gattungen gewöhnlich aus pflanzlichen Stoffen, während die mit Gabelzähnen bewaffneten arge Räuber ſind und meiſt gierig über Infuſorien und andere Rä- derthiere herfallen. Ein Gefäßſyſtem hat man bei den Räderthieren noch nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0219" n="213"/><figure xml:id="figure-0219" prev="#figure-0218"><p xml:id="p-0219" prev="#p-0218">ſpitzen Zähnen bewaffnete Schlundkovf; <hi rendition="#aq">c</hi><lb/> Magen und Darm; <hi rendition="#aq">d</hi> After; <hi rendition="#aq">e</hi> Eierſtock<lb/><hi rendition="#aq">f</hi> Gabelſchwanz. Fig. 220. Der Schlund-<lb/> kopf deſſelben Thieres ſtark vergrößert, von<lb/> oben her geſehen, um die beiden Zähne,<lb/> ihre Einſetzung in die Kiefer und die<lb/> rundliche Muskelmaſſe zu zeigen. Fig. 221.<lb/> Der Schlundkopf von <hi rendition="#aq">Philodina citrina</hi>,<lb/> wo jede ovale Kauplatte zwei vorſtehende<lb/> quere Leiſten zeigt.</p></figure><lb/> wirken ſtets von beiden Seiten ge-<lb/> geneinander und die Zähne ſelbſt<lb/> erſcheinen bald in Geſtalt horniger,<lb/> mit queren vorſtehenden Rippen<lb/> verſehener Kauplatten, bald als<lb/> förmliche, mehrſpitzige oder ein-<lb/> ſpitzige Gabelzangen, die an einem<lb/> Griffe befeſtigt ſind. Die Gabelzähne der letztern Art werden von<lb/> den Thieren zugleich als Greiforgane benutzt, indem ſie den Schlund-<lb/> kopf lebhaft aus der Mundöffnung hervorſtülpen und mit den ſcharfen<lb/> Zangen die Beute packen und durchbohren. Der Schlundkopf ſelbſt<lb/> iſt bei dem Wirbeln und Freſſen ſo ſehr in beſtändiger Bewegung,<lb/> daß frühere Beobachter ihn für ein Herz hielten. Von dem Schlund-<lb/> kopfe aus erſtreckt ſich der dickwandige, leberartig gekörnte, innen mit<lb/> Wimperhaaren beſetzte Darm nach hinten, indem er meiſt eine an-<lb/> fängliche Erweiterung, einen Magen, dann eine Verengerung und am<lb/> Maſtdarme eine zweite Erweiterung, eine Art von Kloake zeigt. Un-<lb/> mittelbar hinter dem Schlundkopfe münden bei allen Räderthieren zwei<lb/> dicke knollige Drüſen, die man als <hi rendition="#g">Speicheldrüſen</hi> betrachten kann,<lb/> in den Darm ein. Die Nahrung der Räderthiere beſteht bei den mit<lb/> kauenden Leiſten am Schlundkopfe verſehenen Gattungen gewöhnlich<lb/> aus pflanzlichen Stoffen, während die mit Gabelzähnen bewaffneten<lb/> arge Räuber ſind und meiſt gierig über Infuſorien und andere Rä-<lb/> derthiere herfallen.</p><lb/> <p>Ein <hi rendition="#g">Gefäßſyſtem</hi> hat man bei den Räderthieren noch nicht<lb/> entdeckt; — was man für Gefäße anſprach, ſind nur Falten der<lb/> lederartigen Haut; dagegen kennt man ein inneres <hi rendition="#g">Athmungsſy-<lb/> ſtem</hi> mit ziemlicher Genauigkeit. In der Nackengegend, meiſt in<lb/> einiger Entfernung hinter den Augen, befindet ſich eine Oeffnung, welche<lb/> bei vielen Gattungen auf einer ein- und ausziehbaren Röhre ſteht.<lb/> Nur höchſt ſelten iſt dieſe Röhre auf der Bauchſeite augebracht. Von<lb/> dieſer Athemröhre oder Athemöffnung aus, erſtrecken ſich zwei ſeitliche<lb/> Kanäle nach hinten und vereinigen ſich in der Nähe des Afters zu<lb/> einer lebhaft zuſammenziehbaren Blaſe, die oft durch die Afteröffnung<lb/> ihren waſſerklaren Inhalt im Strahl nach Außen ergießt. An dieſen<lb/> Kanälen ſelbſt ſieht man in größerer oder geringerer Zahl kurze<lb/> Seitengefäße, welche frei in die Leibeshöhle münden und an deren<lb/> Mündung ein wellenförmig zitterndes Wimperläppchen angebracht iſt,<lb/> welches faſt in ſeiner flimmernden Bewegung dem Flackern eines Flämm-<lb/> chens gleicht. Offenbar dienen dieſe Röhren mit ihren Zitterorganen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0219]
[Abbildung ſpitzen Zähnen bewaffnete Schlundkovf; c
Magen und Darm; d After; e Eierſtock
f Gabelſchwanz. Fig. 220. Der Schlund-
kopf deſſelben Thieres ſtark vergrößert, von
oben her geſehen, um die beiden Zähne,
ihre Einſetzung in die Kiefer und die
rundliche Muskelmaſſe zu zeigen. Fig. 221.
Der Schlundkopf von Philodina citrina,
wo jede ovale Kauplatte zwei vorſtehende
quere Leiſten zeigt.]
wirken ſtets von beiden Seiten ge-
geneinander und die Zähne ſelbſt
erſcheinen bald in Geſtalt horniger,
mit queren vorſtehenden Rippen
verſehener Kauplatten, bald als
förmliche, mehrſpitzige oder ein-
ſpitzige Gabelzangen, die an einem
Griffe befeſtigt ſind. Die Gabelzähne der letztern Art werden von
den Thieren zugleich als Greiforgane benutzt, indem ſie den Schlund-
kopf lebhaft aus der Mundöffnung hervorſtülpen und mit den ſcharfen
Zangen die Beute packen und durchbohren. Der Schlundkopf ſelbſt
iſt bei dem Wirbeln und Freſſen ſo ſehr in beſtändiger Bewegung,
daß frühere Beobachter ihn für ein Herz hielten. Von dem Schlund-
kopfe aus erſtreckt ſich der dickwandige, leberartig gekörnte, innen mit
Wimperhaaren beſetzte Darm nach hinten, indem er meiſt eine an-
fängliche Erweiterung, einen Magen, dann eine Verengerung und am
Maſtdarme eine zweite Erweiterung, eine Art von Kloake zeigt. Un-
mittelbar hinter dem Schlundkopfe münden bei allen Räderthieren zwei
dicke knollige Drüſen, die man als Speicheldrüſen betrachten kann,
in den Darm ein. Die Nahrung der Räderthiere beſteht bei den mit
kauenden Leiſten am Schlundkopfe verſehenen Gattungen gewöhnlich
aus pflanzlichen Stoffen, während die mit Gabelzähnen bewaffneten
arge Räuber ſind und meiſt gierig über Infuſorien und andere Rä-
derthiere herfallen.
Ein Gefäßſyſtem hat man bei den Räderthieren noch nicht
entdeckt; — was man für Gefäße anſprach, ſind nur Falten der
lederartigen Haut; dagegen kennt man ein inneres Athmungsſy-
ſtem mit ziemlicher Genauigkeit. In der Nackengegend, meiſt in
einiger Entfernung hinter den Augen, befindet ſich eine Oeffnung, welche
bei vielen Gattungen auf einer ein- und ausziehbaren Röhre ſteht.
Nur höchſt ſelten iſt dieſe Röhre auf der Bauchſeite augebracht. Von
dieſer Athemröhre oder Athemöffnung aus, erſtrecken ſich zwei ſeitliche
Kanäle nach hinten und vereinigen ſich in der Nähe des Afters zu
einer lebhaft zuſammenziehbaren Blaſe, die oft durch die Afteröffnung
ihren waſſerklaren Inhalt im Strahl nach Außen ergießt. An dieſen
Kanälen ſelbſt ſieht man in größerer oder geringerer Zahl kurze
Seitengefäße, welche frei in die Leibeshöhle münden und an deren
Mündung ein wellenförmig zitterndes Wimperläppchen angebracht iſt,
welches faſt in ſeiner flimmernden Bewegung dem Flackern eines Flämm-
chens gleicht. Offenbar dienen dieſe Röhren mit ihren Zitterorganen
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