Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

die meistens blind endigen, bei den Einlöchern aber in der Mitte zu-
sammenlaufen, so daß der Darmkanal einen förmlichen Kreis bildet.
Nur bei einigen wenigen und in ihrem ganzen Verhalten sehr abwei-
chenden Saugwürmern findet sich ein einfacher grader Darmkanal,
der aber stets afterlos ist. In den meisten Fällen sind die gabelför-
migen Darmschläuche einfache blinde Säcke von meist gleicher Weite,
oft aber gehen von den beiden Hauptstämmen sehr viele verzweigte
Nebenäste aus, die sich durch den ganzen Körper verbreiten und
sehr verzweigte Gefäßbäume bilden, welche indeß überall blinde Enden
besitzen. Das Gefäßsystem der Saugwürmer ist jetzt von vielen
Gattungen bekannt. Es besteht meistens aus zwei seitlichen Haupt-
stämmen, die sich in der Mittellinie vereinigen und in ihrem Innern
Flimmerbewegungen zeigen. In den meisten und häufigsten Fällen
bilden die Verzweigungen dieser feinen Gefäße zusammenmündende
Netze; bei einigen Arten will man einzelne kleine lebhaft flimmernde
Endbläschen gesehen haben, von welchen die feinsten Gefäßchen aus-
gehen. Auch hat man hier ein mittleres, an dem Hinterleibsende ge-
legenes Reservoir gefunden, in welches die Stämme einmünden. Es
fragt sich indeß, ob diese Beobachtung nicht auf einer Verwechslung
mit einem eigenthümlichen Drüsenorgane beruht, welches fast bei
allen Saugwürmern sich an dem hintern Ende öffnet, aus einem ein-
fachen gabelförmigen oder aus verästelten Schläuchen besteht, und eine
wasserhelle oder derbkörnige Absonderung liefert, deren Zweck noch nicht
näher ermittelt ist. Auch wasserführende Gefäße, welche innen Flimmer-
bewegung zur Fortsetzung der Flüssigkeit zeigen und an bestimmten
Stellen nach Außen münden, offenbar also eine Art von Athemor-
ganen
darstellen, hat man bei manchen Saugwürmern entdeckt.

Alle Saugwürmer, mit alleiniger Ausnahme einiger zweifelhaften
Gattungen, sind Hermaphroditen und pflanzen sich durch Knos-
pung und geschlechtliche Zeugung fort. Die weiblichen Geschlechts-
theile nehmen meistens den größten Theil des Leibes ein und haben
merkwürdiger Weise besondere Bildungsstätten für die einzelnen
Theile des Eies. Das Keimbläschen bildet sich in einem mitten im
Leibe gelegenen eiförmigen Behälter, dem Keimstocke, dessen kurzer
Ausführungsgang in eine Erweiterung des schlauchförmigen Uterus
mündet; dorthin münden ebenfalls die Ausführungsgänge vielfach ver-
ästelter traubenförmiger Blindsäcke, der Dotterstöcke, in welchen die
Dottersubstanz gebildet wird. Dotterkörnchen und Keimbläschen treten in
dem schlauchförmigen Organe, dem sogenannten Uterus, erst zur Bildung
des eigentlichen Eies zusammen. Der meist unregelmäßig gewundene Uterus-
schlauch mündet gewöhnlich an dem Vorderrande des Körpers hinter dem

die meiſtens blind endigen, bei den Einlöchern aber in der Mitte zu-
ſammenlaufen, ſo daß der Darmkanal einen förmlichen Kreis bildet.
Nur bei einigen wenigen und in ihrem ganzen Verhalten ſehr abwei-
chenden Saugwürmern findet ſich ein einfacher grader Darmkanal,
der aber ſtets afterlos iſt. In den meiſten Fällen ſind die gabelför-
migen Darmſchläuche einfache blinde Säcke von meiſt gleicher Weite,
oft aber gehen von den beiden Hauptſtämmen ſehr viele verzweigte
Nebenäſte aus, die ſich durch den ganzen Körper verbreiten und
ſehr verzweigte Gefäßbäume bilden, welche indeß überall blinde Enden
beſitzen. Das Gefäßſyſtem der Saugwürmer iſt jetzt von vielen
Gattungen bekannt. Es beſteht meiſtens aus zwei ſeitlichen Haupt-
ſtämmen, die ſich in der Mittellinie vereinigen und in ihrem Innern
Flimmerbewegungen zeigen. In den meiſten und häufigſten Fällen
bilden die Verzweigungen dieſer feinen Gefäße zuſammenmündende
Netze; bei einigen Arten will man einzelne kleine lebhaft flimmernde
Endbläschen geſehen haben, von welchen die feinſten Gefäßchen aus-
gehen. Auch hat man hier ein mittleres, an dem Hinterleibsende ge-
legenes Reſervoir gefunden, in welches die Stämme einmünden. Es
fragt ſich indeß, ob dieſe Beobachtung nicht auf einer Verwechslung
mit einem eigenthümlichen Drüſenorgane beruht, welches faſt bei
allen Saugwürmern ſich an dem hintern Ende öffnet, aus einem ein-
fachen gabelförmigen oder aus veräſtelten Schläuchen beſteht, und eine
waſſerhelle oder derbkörnige Abſonderung liefert, deren Zweck noch nicht
näher ermittelt iſt. Auch waſſerführende Gefäße, welche innen Flimmer-
bewegung zur Fortſetzung der Flüſſigkeit zeigen und an beſtimmten
Stellen nach Außen münden, offenbar alſo eine Art von Athemor-
ganen
darſtellen, hat man bei manchen Saugwürmern entdeckt.

Alle Saugwürmer, mit alleiniger Ausnahme einiger zweifelhaften
Gattungen, ſind Hermaphroditen und pflanzen ſich durch Knos-
pung und geſchlechtliche Zeugung fort. Die weiblichen Geſchlechts-
theile nehmen meiſtens den größten Theil des Leibes ein und haben
merkwürdiger Weiſe beſondere Bildungsſtätten für die einzelnen
Theile des Eies. Das Keimbläschen bildet ſich in einem mitten im
Leibe gelegenen eiförmigen Behälter, dem Keimſtocke, deſſen kurzer
Ausführungsgang in eine Erweiterung des ſchlauchförmigen Uterus
mündet; dorthin münden ebenfalls die Ausführungsgänge vielfach ver-
äſtelter traubenförmiger Blindſäcke, der Dotterſtöcke, in welchen die
Dotterſubſtanz gebildet wird. Dotterkörnchen und Keimbläschen treten in
dem ſchlauchförmigen Organe, dem ſogenannten Uterus, erſt zur Bildung
des eigentlichen Eies zuſammen. Der meiſt unregelmäßig gewundene Uterus-
ſchlauch mündet gewöhnlich an dem Vorderrande des Körpers hinter dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0205" n="199"/>
die mei&#x017F;tens blind endigen, bei den Einlöchern aber in der Mitte zu-<lb/>
&#x017F;ammenlaufen, &#x017F;o daß der Darmkanal einen förmlichen Kreis bildet.<lb/>
Nur bei einigen wenigen und in ihrem ganzen Verhalten &#x017F;ehr abwei-<lb/>
chenden Saugwürmern findet &#x017F;ich ein einfacher grader Darmkanal,<lb/>
der aber &#x017F;tets afterlos i&#x017F;t. In den mei&#x017F;ten Fällen &#x017F;ind die gabelför-<lb/>
migen Darm&#x017F;chläuche einfache blinde Säcke von mei&#x017F;t gleicher Weite,<lb/>
oft aber gehen von den beiden Haupt&#x017F;tämmen &#x017F;ehr viele verzweigte<lb/>
Nebenä&#x017F;te aus, die &#x017F;ich durch den ganzen Körper verbreiten und<lb/>
&#x017F;ehr verzweigte Gefäßbäume bilden, welche indeß überall blinde Enden<lb/>
be&#x017F;itzen. Das <hi rendition="#g">Gefäß&#x017F;y&#x017F;tem</hi> der Saugwürmer i&#x017F;t jetzt von vielen<lb/>
Gattungen bekannt. Es be&#x017F;teht mei&#x017F;tens aus zwei &#x017F;eitlichen Haupt-<lb/>
&#x017F;tämmen, die &#x017F;ich in der Mittellinie vereinigen und in ihrem Innern<lb/>
Flimmerbewegungen zeigen. In den mei&#x017F;ten und häufig&#x017F;ten Fällen<lb/>
bilden die Verzweigungen die&#x017F;er feinen Gefäße zu&#x017F;ammenmündende<lb/>
Netze; bei einigen Arten will man einzelne kleine lebhaft flimmernde<lb/>
Endbläschen ge&#x017F;ehen haben, von welchen die fein&#x017F;ten Gefäßchen aus-<lb/>
gehen. Auch hat man hier ein mittleres, an dem Hinterleibsende ge-<lb/>
legenes Re&#x017F;ervoir gefunden, in welches die Stämme einmünden. Es<lb/>
fragt &#x017F;ich indeß, ob die&#x017F;e Beobachtung nicht auf einer Verwechslung<lb/>
mit einem eigenthümlichen <hi rendition="#g">Drü&#x017F;enorgane</hi> beruht, welches fa&#x017F;t bei<lb/>
allen Saugwürmern &#x017F;ich an dem hintern Ende öffnet, aus einem ein-<lb/>
fachen gabelförmigen oder aus verä&#x017F;telten Schläuchen be&#x017F;teht, und eine<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;erhelle oder derbkörnige Ab&#x017F;onderung liefert, deren Zweck noch nicht<lb/>
näher ermittelt i&#x017F;t. Auch wa&#x017F;&#x017F;erführende Gefäße, welche innen Flimmer-<lb/>
bewegung zur Fort&#x017F;etzung der Flü&#x017F;&#x017F;igkeit zeigen und an be&#x017F;timmten<lb/>
Stellen nach Außen münden, offenbar al&#x017F;o eine Art von <hi rendition="#g">Athemor-<lb/>
ganen</hi> dar&#x017F;tellen, hat man bei manchen Saugwürmern entdeckt.</p><lb/>
          <p>Alle Saugwürmer, mit alleiniger Ausnahme einiger zweifelhaften<lb/>
Gattungen, &#x017F;ind <hi rendition="#g">Hermaphroditen</hi> und pflanzen &#x017F;ich durch Knos-<lb/>
pung und ge&#x017F;chlechtliche Zeugung fort. Die weiblichen Ge&#x017F;chlechts-<lb/>
theile nehmen mei&#x017F;tens den größten Theil des Leibes ein und haben<lb/>
merkwürdiger Wei&#x017F;e be&#x017F;ondere Bildungs&#x017F;tätten für die einzelnen<lb/>
Theile des Eies. Das Keimbläschen bildet &#x017F;ich in einem mitten im<lb/>
Leibe gelegenen eiförmigen Behälter, dem <hi rendition="#g">Keim&#x017F;tocke</hi>, de&#x017F;&#x017F;en kurzer<lb/>
Ausführungsgang in eine Erweiterung des &#x017F;chlauchförmigen Uterus<lb/>
mündet; dorthin münden ebenfalls die Ausführungsgänge vielfach ver-<lb/>
ä&#x017F;telter traubenförmiger Blind&#x017F;äcke, der <hi rendition="#g">Dotter&#x017F;töcke</hi>, in welchen die<lb/>
Dotter&#x017F;ub&#x017F;tanz gebildet wird. Dotterkörnchen und Keimbläschen treten in<lb/>
dem &#x017F;chlauchförmigen Organe, dem &#x017F;ogenannten <hi rendition="#g">Uterus</hi>, er&#x017F;t zur Bildung<lb/>
des eigentlichen Eies zu&#x017F;ammen. Der mei&#x017F;t unregelmäßig gewundene Uterus-<lb/>
&#x017F;chlauch mündet gewöhnlich an dem Vorderrande des Körpers hinter dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0205] die meiſtens blind endigen, bei den Einlöchern aber in der Mitte zu- ſammenlaufen, ſo daß der Darmkanal einen förmlichen Kreis bildet. Nur bei einigen wenigen und in ihrem ganzen Verhalten ſehr abwei- chenden Saugwürmern findet ſich ein einfacher grader Darmkanal, der aber ſtets afterlos iſt. In den meiſten Fällen ſind die gabelför- migen Darmſchläuche einfache blinde Säcke von meiſt gleicher Weite, oft aber gehen von den beiden Hauptſtämmen ſehr viele verzweigte Nebenäſte aus, die ſich durch den ganzen Körper verbreiten und ſehr verzweigte Gefäßbäume bilden, welche indeß überall blinde Enden beſitzen. Das Gefäßſyſtem der Saugwürmer iſt jetzt von vielen Gattungen bekannt. Es beſteht meiſtens aus zwei ſeitlichen Haupt- ſtämmen, die ſich in der Mittellinie vereinigen und in ihrem Innern Flimmerbewegungen zeigen. In den meiſten und häufigſten Fällen bilden die Verzweigungen dieſer feinen Gefäße zuſammenmündende Netze; bei einigen Arten will man einzelne kleine lebhaft flimmernde Endbläschen geſehen haben, von welchen die feinſten Gefäßchen aus- gehen. Auch hat man hier ein mittleres, an dem Hinterleibsende ge- legenes Reſervoir gefunden, in welches die Stämme einmünden. Es fragt ſich indeß, ob dieſe Beobachtung nicht auf einer Verwechslung mit einem eigenthümlichen Drüſenorgane beruht, welches faſt bei allen Saugwürmern ſich an dem hintern Ende öffnet, aus einem ein- fachen gabelförmigen oder aus veräſtelten Schläuchen beſteht, und eine waſſerhelle oder derbkörnige Abſonderung liefert, deren Zweck noch nicht näher ermittelt iſt. Auch waſſerführende Gefäße, welche innen Flimmer- bewegung zur Fortſetzung der Flüſſigkeit zeigen und an beſtimmten Stellen nach Außen münden, offenbar alſo eine Art von Athemor- ganen darſtellen, hat man bei manchen Saugwürmern entdeckt. Alle Saugwürmer, mit alleiniger Ausnahme einiger zweifelhaften Gattungen, ſind Hermaphroditen und pflanzen ſich durch Knos- pung und geſchlechtliche Zeugung fort. Die weiblichen Geſchlechts- theile nehmen meiſtens den größten Theil des Leibes ein und haben merkwürdiger Weiſe beſondere Bildungsſtätten für die einzelnen Theile des Eies. Das Keimbläschen bildet ſich in einem mitten im Leibe gelegenen eiförmigen Behälter, dem Keimſtocke, deſſen kurzer Ausführungsgang in eine Erweiterung des ſchlauchförmigen Uterus mündet; dorthin münden ebenfalls die Ausführungsgänge vielfach ver- äſtelter traubenförmiger Blindſäcke, der Dotterſtöcke, in welchen die Dotterſubſtanz gebildet wird. Dotterkörnchen und Keimbläschen treten in dem ſchlauchförmigen Organe, dem ſogenannten Uterus, erſt zur Bildung des eigentlichen Eies zuſammen. Der meiſt unregelmäßig gewundene Uterus- ſchlauch mündet gewöhnlich an dem Vorderrande des Körpers hinter dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/205
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/205>, abgerufen am 04.12.2024.