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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 188

Planaria.
Anatomie einer Planarie.
Die Haut des Rückens ist wegge-
nommen. a Schlundröhre. b Magen-
höhle, von welcher viele verzweigte Blind-
därme ausgehen, die nur auf der rechten
Seite gezeichnet sind. c Nervensystem, da-
hinter die Augenpunkte. d Männliche Ge-
schlechtsöffnung. e Hoden. f Weibliche
Geschlechtsöffnung. g Eileiter. Auf der
linken Seite sieht man den Eileiter mit
Eiern angefüllt, die außerdem im Gewebe
zerstreut sind.

auf der Oberfläche entweder über-
all oder nur an einzelnen Stellen
deutlich ausgeprägte Wimperorgane,
die ihnen besonders beim Schwim-
men förderlich sind, und wesentlich
als Bewegungsorgane dienen. Die
Haut der Plattwürmer hat niemals
jene derbe Beschaffenheit wie die
der Rundwürmer, und bei einigen
frei lebenden Gattungen geht sogar
diese Weichheit soweit, daß sie bei
Mißhandlungen förmlich zerfließen,
in ähnlicher Weise wie die Infu-
sorien.

Die neueren Untersuchungen ha-
ben bei allen Plattwürmern ohne
Ausnahme ein Nervensystem er-
kennen lassen. Es besteht dasselbe
stets aus zwei seitlichen Knoten,
welche in den niedern Ordnungen
sehr unscheinbar sind, in den höhern
aber zuweilen eine ziemliche Größe
erreichen und dann auch öfter aus
mehreren Knoten zusammengesetzt
erscheinen. Es liegen diese Knoten
stets in der vordern Hälfte des
Körpers, meist sogar ganz nahe an dem Kopfende, und sie sind durch
ein schmales Bändchen von Nervensubstanz, welches bei den Gattun-
gen mit endständigem Munde unter dem Schlund liegt, mit einander
verbunden. Oft rücken diese seitlichen Nervenknoten auch so nahe zu-
sammen, daß sie förmlich in der Mittellinie mit einander verschmelzen
und nur einen einzigen zweischenklichen Knoten darstellen. Von die-
sem Knoten aus laufen zwei, meist ziemlich dünne Nervenstämme zu
beiden Seiten des Körpers hinab, um sich in die Körpersubstanz zu
vertheilen, während von den Hauptnervenknoten einige weniger bedeu-
tende Fäden nach vorn strahlen, die sich an die Organe des Kopf-
endes verästeln. Sinnesorgane kommen nur den freilebenden
Plattwürmern zu; sie bestehen in einer gewissen Zahl von Augen, die
sich meist durch einen schwarzen Farbstoff auszeichnen und symmetrisch
zu beiden Seiten an dem Kopfende vertheilt sind. Man hat in diesen


[Abbildung] Fig. 188

Planaria.
Anatomie einer Planarie.
Die Haut des Rückens iſt wegge-
nommen. a Schlundröhre. b Magen-
höhle, von welcher viele verzweigte Blind-
därme ausgehen, die nur auf der rechten
Seite gezeichnet ſind. c Nervenſyſtem, da-
hinter die Augenpunkte. d Männliche Ge-
ſchlechtsöffnung. e Hoden. f Weibliche
Geſchlechtsöffnung. g Eileiter. Auf der
linken Seite ſieht man den Eileiter mit
Eiern angefüllt, die außerdem im Gewebe
zerſtreut ſind.

auf der Oberfläche entweder über-
all oder nur an einzelnen Stellen
deutlich ausgeprägte Wimperorgane,
die ihnen beſonders beim Schwim-
men förderlich ſind, und weſentlich
als Bewegungsorgane dienen. Die
Haut der Plattwürmer hat niemals
jene derbe Beſchaffenheit wie die
der Rundwürmer, und bei einigen
frei lebenden Gattungen geht ſogar
dieſe Weichheit ſoweit, daß ſie bei
Mißhandlungen förmlich zerfließen,
in ähnlicher Weiſe wie die Infu-
ſorien.

Die neueren Unterſuchungen ha-
ben bei allen Plattwürmern ohne
Ausnahme ein Nervenſyſtem er-
kennen laſſen. Es beſteht daſſelbe
ſtets aus zwei ſeitlichen Knoten,
welche in den niedern Ordnungen
ſehr unſcheinbar ſind, in den höhern
aber zuweilen eine ziemliche Größe
erreichen und dann auch öfter aus
mehreren Knoten zuſammengeſetzt
erſcheinen. Es liegen dieſe Knoten
ſtets in der vordern Hälfte des
Körpers, meiſt ſogar ganz nahe an dem Kopfende, und ſie ſind durch
ein ſchmales Bändchen von Nervenſubſtanz, welches bei den Gattun-
gen mit endſtändigem Munde unter dem Schlund liegt, mit einander
verbunden. Oft rücken dieſe ſeitlichen Nervenknoten auch ſo nahe zu-
ſammen, daß ſie förmlich in der Mittellinie mit einander verſchmelzen
und nur einen einzigen zweiſchenklichen Knoten darſtellen. Von die-
ſem Knoten aus laufen zwei, meiſt ziemlich dünne Nervenſtämme zu
beiden Seiten des Körpers hinab, um ſich in die Körperſubſtanz zu
vertheilen, während von den Hauptnervenknoten einige weniger bedeu-
tende Fäden nach vorn ſtrahlen, die ſich an die Organe des Kopf-
endes veräſteln. Sinnesorgane kommen nur den freilebenden
Plattwürmern zu; ſie beſtehen in einer gewiſſen Zahl von Augen, die
ſich meiſt durch einen ſchwarzen Farbſtoff auszeichnen und ſymmetriſch
zu beiden Seiten an dem Kopfende vertheilt ſind. Man hat in dieſen

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[186/0192] [Abbildung Fig. 188 Planaria. Anatomie einer Planarie. Die Haut des Rückens iſt wegge- nommen. a Schlundröhre. b Magen- höhle, von welcher viele verzweigte Blind- därme ausgehen, die nur auf der rechten Seite gezeichnet ſind. c Nervenſyſtem, da- hinter die Augenpunkte. d Männliche Ge- ſchlechtsöffnung. e Hoden. f Weibliche Geſchlechtsöffnung. g Eileiter. Auf der linken Seite ſieht man den Eileiter mit Eiern angefüllt, die außerdem im Gewebe zerſtreut ſind.] auf der Oberfläche entweder über- all oder nur an einzelnen Stellen deutlich ausgeprägte Wimperorgane, die ihnen beſonders beim Schwim- men förderlich ſind, und weſentlich als Bewegungsorgane dienen. Die Haut der Plattwürmer hat niemals jene derbe Beſchaffenheit wie die der Rundwürmer, und bei einigen frei lebenden Gattungen geht ſogar dieſe Weichheit ſoweit, daß ſie bei Mißhandlungen förmlich zerfließen, in ähnlicher Weiſe wie die Infu- ſorien. Die neueren Unterſuchungen ha- ben bei allen Plattwürmern ohne Ausnahme ein Nervenſyſtem er- kennen laſſen. Es beſteht daſſelbe ſtets aus zwei ſeitlichen Knoten, welche in den niedern Ordnungen ſehr unſcheinbar ſind, in den höhern aber zuweilen eine ziemliche Größe erreichen und dann auch öfter aus mehreren Knoten zuſammengeſetzt erſcheinen. Es liegen dieſe Knoten ſtets in der vordern Hälfte des Körpers, meiſt ſogar ganz nahe an dem Kopfende, und ſie ſind durch ein ſchmales Bändchen von Nervenſubſtanz, welches bei den Gattun- gen mit endſtändigem Munde unter dem Schlund liegt, mit einander verbunden. Oft rücken dieſe ſeitlichen Nervenknoten auch ſo nahe zu- ſammen, daß ſie förmlich in der Mittellinie mit einander verſchmelzen und nur einen einzigen zweiſchenklichen Knoten darſtellen. Von die- ſem Knoten aus laufen zwei, meiſt ziemlich dünne Nervenſtämme zu beiden Seiten des Körpers hinab, um ſich in die Körperſubſtanz zu vertheilen, während von den Hauptnervenknoten einige weniger bedeu- tende Fäden nach vorn ſtrahlen, die ſich an die Organe des Kopf- endes veräſteln. Sinnesorgane kommen nur den freilebenden Plattwürmern zu; ſie beſtehen in einer gewiſſen Zahl von Augen, die ſich meiſt durch einen ſchwarzen Farbſtoff auszeichnen und ſymmetriſch zu beiden Seiten an dem Kopfende vertheilt ſind. Man hat in dieſen

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/192>, abgerufen am 04.05.2024.