sergefäße entspringen meist von einem Gefäßringe um den Mund und senden Hauptstämme in die Strahlen, welche auf der Bauchseite ver- laufen. Mit jedem Füßchen und mit jedem Mundfühler steht ein be- sonderes Bläschen in Verbindung, welches durch ein Aestchen des Wassergefäßes gespeist wird. Auf diesen innern Bläschen der Saug- füßchen und der Mundfühler verbreiten sich zahlreiche Blutgefäße, so daß namentlich bei solchen Thieren, welche keine eigentliche Kiemen besitzen, diese Bläschen die Stelle der Athemorgane zu vertreten scheinen. Zugleich dienen diese Bläschen aber auch zur Entfaltung der Fühler selbst, indem bei der Zusammenziehung der Bläschen das Wasser von dem Bläschen aus in die Fühler hineingepreßt und die- ser vorgestreckt wird, während bei der Ausdehnung der Bläschen das Wasser aus den Fühlern zurückströmt. Abgesonderte Athemorgane kommen nur bei den eigentlichen Seewalzen und bei den Seeigeln vor. Bei den letztern finden sich auf der äußern Bauchfläche in dem Um- kreise des Mundes baumartig verzweigte hohle Läppchen, welche frei in das Wasser hineinragen und deren innere Höhle mit der Leibes- höhle in directer Verbindung steht, so daß das Gewebe dieser Kiemen innen und außen vom Wasser umspült ist. Bei den Seewalzen sind die Kiemen oder Lungen im Innern des Körpers angebracht und bestehen aus einem zweiästigen hohlen Baume, der in eine Erweiterung des Darmes, unmittelbar vor dem After, in eine Kloake mündet. Der eine Ast dieser baumartigen Kieme liegt an dem Darme, der andere, die Hautlunge, an der äußern Leibeswandung an. Die Aeste und Zweige dieser Kiemen, welche innen mit dem lebhaftesten Flimmerüberzuge versehen sind, be- finden sich in steter wurmförmiger Bewegung, die selbst tagelang nach der Zerstückelung des Thieres noch anhält. Das Wasser, welches die Kiemen anfüllt, wird durch den After eingesogen und wieder ausge- spritzt, oft mit solcher Gewalt, daß ein großer Theil der Eingeweide mit hervor gepreßt wird.
Bei allen Stachelhäutern sind die Geschlechter getrennt. Es giebt männliche und weibliche Individuen, die indeß äußerlich keine kenntlichen Merkmale darbieten; auch in ihrer Struktur gleichen sich die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane durchaus und lassen sich nur in der Brunst durch ihren Inhalt unterscheiden. Sie bilden traubige oder lappige Schläuche, welche meistens durch eigne kurze Ausführungsgänge sich nach außen öffnen. Die Eier gehen nach ihrer Befruchtung einen vollkommenen Furchungsprozeß ein, in Folge dessen aus dem ganzen Dotter sich ein mit Wimperhaaren besetzter Embryo bildet, welcher die Eischale durchbricht und frei bewegt im
ſergefäße entſpringen meiſt von einem Gefäßringe um den Mund und ſenden Hauptſtämme in die Strahlen, welche auf der Bauchſeite ver- laufen. Mit jedem Füßchen und mit jedem Mundfühler ſteht ein be- ſonderes Bläschen in Verbindung, welches durch ein Aeſtchen des Waſſergefäßes geſpeiſt wird. Auf dieſen innern Bläschen der Saug- füßchen und der Mundfühler verbreiten ſich zahlreiche Blutgefäße, ſo daß namentlich bei ſolchen Thieren, welche keine eigentliche Kiemen beſitzen, dieſe Bläschen die Stelle der Athemorgane zu vertreten ſcheinen. Zugleich dienen dieſe Bläschen aber auch zur Entfaltung der Fühler ſelbſt, indem bei der Zuſammenziehung der Bläschen das Waſſer von dem Bläschen aus in die Fühler hineingepreßt und die- ſer vorgeſtreckt wird, während bei der Ausdehnung der Bläschen das Waſſer aus den Fühlern zurückſtrömt. Abgeſonderte Athemorgane kommen nur bei den eigentlichen Seewalzen und bei den Seeigeln vor. Bei den letztern finden ſich auf der äußern Bauchfläche in dem Um- kreiſe des Mundes baumartig verzweigte hohle Läppchen, welche frei in das Waſſer hineinragen und deren innere Höhle mit der Leibes- höhle in directer Verbindung ſteht, ſo daß das Gewebe dieſer Kiemen innen und außen vom Waſſer umſpült iſt. Bei den Seewalzen ſind die Kiemen oder Lungen im Innern des Körpers angebracht und beſtehen aus einem zweiäſtigen hohlen Baume, der in eine Erweiterung des Darmes, unmittelbar vor dem After, in eine Kloake mündet. Der eine Aſt dieſer baumartigen Kieme liegt an dem Darme, der andere, die Hautlunge, an der äußern Leibeswandung an. Die Aeſte und Zweige dieſer Kiemen, welche innen mit dem lebhafteſten Flimmerüberzuge verſehen ſind, be- finden ſich in ſteter wurmförmiger Bewegung, die ſelbſt tagelang nach der Zerſtückelung des Thieres noch anhält. Das Waſſer, welches die Kiemen anfüllt, wird durch den After eingeſogen und wieder ausge- ſpritzt, oft mit ſolcher Gewalt, daß ein großer Theil der Eingeweide mit hervor gepreßt wird.
Bei allen Stachelhäutern ſind die Geſchlechter getrennt. Es giebt männliche und weibliche Individuen, die indeß äußerlich keine kenntlichen Merkmale darbieten; auch in ihrer Struktur gleichen ſich die männlichen und weiblichen Geſchlechtsorgane durchaus und laſſen ſich nur in der Brunſt durch ihren Inhalt unterſcheiden. Sie bilden traubige oder lappige Schläuche, welche meiſtens durch eigne kurze Ausführungsgänge ſich nach außen öffnen. Die Eier gehen nach ihrer Befruchtung einen vollkommenen Furchungsprozeß ein, in Folge deſſen aus dem ganzen Dotter ſich ein mit Wimperhaaren beſetzter Embryo bildet, welcher die Eiſchale durchbricht und frei bewegt im
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0157"n="151"/>ſergefäße entſpringen meiſt von einem Gefäßringe um den Mund und<lb/>ſenden Hauptſtämme in die Strahlen, welche auf der Bauchſeite ver-<lb/>
laufen. Mit jedem Füßchen und mit jedem Mundfühler ſteht ein be-<lb/>ſonderes Bläschen in Verbindung, welches durch ein Aeſtchen des<lb/>
Waſſergefäßes geſpeiſt wird. Auf dieſen innern Bläschen der Saug-<lb/>
füßchen und der Mundfühler verbreiten ſich zahlreiche Blutgefäße, ſo<lb/>
daß namentlich bei ſolchen Thieren, welche keine eigentliche Kiemen<lb/>
beſitzen, dieſe Bläschen die Stelle der Athemorgane zu vertreten<lb/>ſcheinen. Zugleich dienen dieſe Bläschen aber auch zur Entfaltung<lb/>
der Fühler ſelbſt, indem bei der Zuſammenziehung der Bläschen das<lb/>
Waſſer von dem Bläschen aus in die Fühler hineingepreßt und die-<lb/>ſer vorgeſtreckt wird, während bei der Ausdehnung der Bläschen das<lb/>
Waſſer aus den Fühlern zurückſtrömt. Abgeſonderte <hirendition="#g">Athemorgane</hi><lb/>
kommen nur bei den eigentlichen Seewalzen und bei den Seeigeln vor.<lb/>
Bei den letztern finden ſich auf der äußern Bauchfläche in dem Um-<lb/>
kreiſe des Mundes baumartig verzweigte hohle Läppchen, welche frei<lb/>
in das Waſſer hineinragen und deren innere Höhle mit der Leibes-<lb/>
höhle in directer Verbindung ſteht, ſo daß das Gewebe dieſer Kiemen<lb/>
innen und außen vom Waſſer umſpült iſt. Bei den Seewalzen ſind<lb/>
die Kiemen oder Lungen im Innern des Körpers angebracht und beſtehen<lb/>
aus einem zweiäſtigen hohlen Baume, der in eine Erweiterung des<lb/>
Darmes, unmittelbar vor dem After, in eine Kloake mündet. Der eine Aſt<lb/>
dieſer baumartigen Kieme liegt an dem Darme, der andere, die Hautlunge,<lb/>
an der äußern Leibeswandung an. Die Aeſte und Zweige dieſer Kiemen,<lb/>
welche innen mit dem lebhafteſten Flimmerüberzuge verſehen ſind, be-<lb/>
finden ſich in ſteter wurmförmiger Bewegung, die ſelbſt tagelang nach<lb/>
der Zerſtückelung des Thieres noch anhält. Das Waſſer, welches die<lb/>
Kiemen anfüllt, wird durch den After eingeſogen und wieder ausge-<lb/>ſpritzt, oft mit ſolcher Gewalt, daß ein großer Theil der Eingeweide<lb/>
mit hervor gepreßt wird.</p><lb/><p>Bei allen Stachelhäutern ſind die <hirendition="#g">Geſchlechter</hi> getrennt. Es<lb/>
giebt männliche und weibliche Individuen, die indeß äußerlich keine<lb/>
kenntlichen Merkmale darbieten; auch in ihrer Struktur gleichen ſich<lb/>
die männlichen und weiblichen Geſchlechtsorgane durchaus und laſſen<lb/>ſich nur in der Brunſt durch ihren Inhalt unterſcheiden. Sie<lb/>
bilden traubige oder lappige Schläuche, welche meiſtens durch eigne<lb/>
kurze Ausführungsgänge ſich nach außen öffnen. Die Eier gehen nach<lb/>
ihrer Befruchtung einen vollkommenen Furchungsprozeß ein, in Folge<lb/>
deſſen aus dem ganzen Dotter ſich ein mit Wimperhaaren beſetzter<lb/>
Embryo bildet, welcher die Eiſchale durchbricht und frei bewegt im<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[151/0157]
ſergefäße entſpringen meiſt von einem Gefäßringe um den Mund und
ſenden Hauptſtämme in die Strahlen, welche auf der Bauchſeite ver-
laufen. Mit jedem Füßchen und mit jedem Mundfühler ſteht ein be-
ſonderes Bläschen in Verbindung, welches durch ein Aeſtchen des
Waſſergefäßes geſpeiſt wird. Auf dieſen innern Bläschen der Saug-
füßchen und der Mundfühler verbreiten ſich zahlreiche Blutgefäße, ſo
daß namentlich bei ſolchen Thieren, welche keine eigentliche Kiemen
beſitzen, dieſe Bläschen die Stelle der Athemorgane zu vertreten
ſcheinen. Zugleich dienen dieſe Bläschen aber auch zur Entfaltung
der Fühler ſelbſt, indem bei der Zuſammenziehung der Bläschen das
Waſſer von dem Bläschen aus in die Fühler hineingepreßt und die-
ſer vorgeſtreckt wird, während bei der Ausdehnung der Bläschen das
Waſſer aus den Fühlern zurückſtrömt. Abgeſonderte Athemorgane
kommen nur bei den eigentlichen Seewalzen und bei den Seeigeln vor.
Bei den letztern finden ſich auf der äußern Bauchfläche in dem Um-
kreiſe des Mundes baumartig verzweigte hohle Läppchen, welche frei
in das Waſſer hineinragen und deren innere Höhle mit der Leibes-
höhle in directer Verbindung ſteht, ſo daß das Gewebe dieſer Kiemen
innen und außen vom Waſſer umſpült iſt. Bei den Seewalzen ſind
die Kiemen oder Lungen im Innern des Körpers angebracht und beſtehen
aus einem zweiäſtigen hohlen Baume, der in eine Erweiterung des
Darmes, unmittelbar vor dem After, in eine Kloake mündet. Der eine Aſt
dieſer baumartigen Kieme liegt an dem Darme, der andere, die Hautlunge,
an der äußern Leibeswandung an. Die Aeſte und Zweige dieſer Kiemen,
welche innen mit dem lebhafteſten Flimmerüberzuge verſehen ſind, be-
finden ſich in ſteter wurmförmiger Bewegung, die ſelbſt tagelang nach
der Zerſtückelung des Thieres noch anhält. Das Waſſer, welches die
Kiemen anfüllt, wird durch den After eingeſogen und wieder ausge-
ſpritzt, oft mit ſolcher Gewalt, daß ein großer Theil der Eingeweide
mit hervor gepreßt wird.
Bei allen Stachelhäutern ſind die Geſchlechter getrennt. Es
giebt männliche und weibliche Individuen, die indeß äußerlich keine
kenntlichen Merkmale darbieten; auch in ihrer Struktur gleichen ſich
die männlichen und weiblichen Geſchlechtsorgane durchaus und laſſen
ſich nur in der Brunſt durch ihren Inhalt unterſcheiden. Sie
bilden traubige oder lappige Schläuche, welche meiſtens durch eigne
kurze Ausführungsgänge ſich nach außen öffnen. Die Eier gehen nach
ihrer Befruchtung einen vollkommenen Furchungsprozeß ein, in Folge
deſſen aus dem ganzen Dotter ſich ein mit Wimperhaaren beſetzter
Embryo bildet, welcher die Eiſchale durchbricht und frei bewegt im
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/157>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.