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Vischer, Friedrich Theodor: Aesthetik oder Wissenschaft des Schönen zum Gebrauche für Vorlesungen. Dritter Teil. Zweiter Abschnitt. Die Künste. Fünftes Heft: Die Dichtung (Schluss des ganzen Werkes). Stuttgart, 1857.

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Darstellung und die Strenge der Verhältnisse, die Malerei von jener pvi_1161.002
das Gewicht der Form in Zeichnung und Modellirung, die Musik von pvi_1161.003
allen dreien die in ihren Darstellungen schlummernde Stimmung), aber sie pvi_1161.004
erfaßte zugleich eine neue Seite des Erscheinungslebens, wodurch denn das pvi_1161.005
Behaltene zugleich wesentlich verändert wurde. Die Poesie aber greift, um pvi_1161.006
das, was sie von der Musik behält, zu ergänzen, - wodurch sie es natürlich pvi_1161.007
ebenfalls wesentlich verändert, - zurück nach dem Sichtbaren, pvi_1161.008
dem Gebiete der bildenden Kunst. Freilich auch diese wieder ergriffene pvi_1161.009
Seite der Welt wird sie, verglichen mit der Behandlung, die ihr in der pvi_1161.010
bildenden Kunst widerfährt, auf's Tiefste verändern, eben weil sie, was die pvi_1161.011
Musik gewonnen hat, hinzubringt; ja in gewissem Sinne ist es ganz und pvi_1161.012
schlechthin Neues, in keiner von diesen zwei Hauptgattungen der Kunst pvi_1161.013
Dagewesenes, was mit ihr in die ästhetische Welt eintritt, allein es ist pvi_1161.014
nur Neues aus Erscheinungsgebieten, welche vorher in engeren Schranken pvi_1161.015
der Kunst sich eröffnet haben, kein neues Erscheinungsgebiet, keine neue pvi_1161.016
Kategorie des Daseins wird erobert. Einfach, weil es nichts mehr zu pvi_1161.017
erobern gibt, weil kein Erscheinungsgebiet mehr übrig ist. Wir sind daher pvi_1161.018
an der letzten Gattung der Kunst angekommen. Der Fortgang ist ein pvi_1161.019
Rückgang, die Linie läuft als Kreis in sich zurück. Es ist aber dieß Rückgreifen pvi_1161.020
nicht nur ein Nichtanders-Können, es ist eine positive, innere Nothwendigkeit, pvi_1161.021
denn alles Sein der Jdee ist zunächst Sein im Raume, räumliche pvi_1161.022
Existenz ist die vorausgesetzte Grundlage innerlicher, geistiger Existenz, pvi_1161.023
eine Grundlage, welche die Musik sich unter dem Fuße weggeschoben hat; pvi_1161.024
vergl. §. 746, wo überhaupt der Schritt zu der Musik gar nicht vollzogen pvi_1161.025
werden konnte, ohne sogleich auf die Poesie vorwärts hinüberzuweisen.

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§. 835.

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Durch diese Aufgabe ist gefordert, daß die Phantasie diejenige Art ihrer pvi_1161.028
Thätigkeit in Wirkung setze, worin sie sich nicht auf das eine oder andere ihrer pvi_1161.029
Momente, sondern auf die ganze ideal gesetzte Sinnlichkeit und auf das Jnnerste pvi_1161.030
und Reinste ihres Wesens, auf die tiefste Vergeistigung aller ihr zugeführten pvi_1161.031
Bilder stellt: die dichtende Phantasie (vergl. §. 404. 535).

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Der Dichter soll die Wirkung auf das Auge mit der Wirkung auf pvi_1161.033
das Gehör (das Letztere keineswegs blos dadurch, daß er sich durch sein pvi_1161.034
Kunstmittel an dasselbe wendet,) vereinigen, er soll zu allen Sinnen sprechen. pvi_1161.035
Vor Allem muß er daher selbst mit allen Sinnen schauen. Dieß thut aber pvi_1161.036
jeder Künstler; es muß also seinen Grund in der Organisation der Phantasie pvi_1161.037
haben, wenn der eine diese, der andere jene Seite der Erscheinung, pvi_1161.038
die er doch sinnlich mitauffaßt, in demselben Act ausscheidet, um sich auf

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Darstellung und die Strenge der Verhältnisse, die Malerei von jener pvi_1161.002
das Gewicht der Form in Zeichnung und Modellirung, die Musik von pvi_1161.003
allen dreien die in ihren Darstellungen schlummernde Stimmung), aber sie pvi_1161.004
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Behaltene zugleich wesentlich verändert wurde. Die Poesie aber greift, um pvi_1161.006
das, was sie von der Musik behält, zu ergänzen, – wodurch sie es natürlich pvi_1161.007
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dem Gebiete der bildenden Kunst. Freilich auch diese wieder ergriffene pvi_1161.009
Seite der Welt wird sie, verglichen mit der Behandlung, die ihr in der pvi_1161.010
bildenden Kunst widerfährt, auf's Tiefste verändern, eben weil sie, was die pvi_1161.011
Musik gewonnen hat, hinzubringt; ja in gewissem Sinne ist es ganz und pvi_1161.012
schlechthin Neues, in keiner von diesen zwei Hauptgattungen der Kunst pvi_1161.013
Dagewesenes, was mit ihr in die ästhetische Welt eintritt, allein es ist pvi_1161.014
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der Kunst sich eröffnet haben, kein neues Erscheinungsgebiet, keine neue pvi_1161.016
Kategorie des Daseins wird erobert. Einfach, weil es nichts mehr zu pvi_1161.017
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an der letzten Gattung der Kunst angekommen. Der Fortgang ist ein pvi_1161.019
Rückgang, die Linie läuft als Kreis in sich zurück. Es ist aber dieß Rückgreifen pvi_1161.020
nicht nur ein Nichtanders-Können, es ist eine positive, innere Nothwendigkeit, pvi_1161.021
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werden konnte, ohne sogleich auf die Poesie vorwärts hinüberzuweisen.

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Durch diese Aufgabe ist gefordert, daß die Phantasie diejenige Art ihrer pvi_1161.028
Thätigkeit in Wirkung setze, worin sie sich nicht auf das eine oder andere ihrer pvi_1161.029
Momente, sondern auf die ganze ideal gesetzte Sinnlichkeit und auf das Jnnerste pvi_1161.030
und Reinste ihres Wesens, auf die tiefste Vergeistigung aller ihr zugeführten pvi_1161.031
Bilder stellt: die dichtende Phantasie (vergl. §. 404. 535).

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Der Dichter soll die Wirkung auf das Auge mit der Wirkung auf pvi_1161.033
das Gehör (das Letztere keineswegs blos dadurch, daß er sich durch sein pvi_1161.034
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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor: Aesthetik oder Wissenschaft des Schönen zum Gebrauche für Vorlesungen. Dritter Teil. Zweiter Abschnitt. Die Künste. Fünftes Heft: Die Dichtung (Schluss des ganzen Werkes). Stuttgart, 1857, S. 1161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_poetik_1857/23>, abgerufen am 23.11.2024.