hingeworfene Zeilen aus Assisi anlangten, die mir seine plötzliche Rückreise anzeigten. Ein paar Wochen darauf war er da, eigenthümlich verändert. Es war etwas Geklärtes in seinen Zügen, die Stirne erschien glätter, der Blick freier und heller, die Mundwinkel neigten nicht mehr zu dem bitteren Zug nach unten. Er er¬ klärte, er wolle in den Krieg. Ich erschrack, wiewohl ich es voraussehen konnte; es wäre ein Wunder gewesen, wenn der Freiwillige von 1848 sich nicht in ihm geregt hätte. Nach seinem Kraftmaß reichte auch die Rüstigkeit noch aus, aber mit so unseliger Haut, zu schweren Verkältungen so entsetzlich geneigt, wie wäre es möglich gewesen, die Strapazen, namentlich die Beiwachen, auszuhalten! Mit so schwarzen Farben als denkbar malte ich ihm das vor und stellte ihm das Gespenst eines Nervenfiebers in Aussicht. ,Nervenfieber oder Schuß,' rief er, ,gleichviel, doch anständig gestorben!' Er wollte ein freiwilliges Jägerkorps, ein berittenes, errichten, gewann Freunde zu Niedersetzung eines Komite, man wandte sich an das Kriegsministerium, er schaffte sich ein neues Reitpferd an und nahm bei einem Rittmeister Lektionen in der Offizierschule. Da kam mir ein Unfall zu Hülfe: er stürzte auf einem Ritt und verrenkte den Fuß. Er pflegte auf ebenem, sicherem Boden äußerst vorsichtig, ja ängstlich, dagegen auf schlimmen, gefährlichen Wegen ganz tollkühn zu reiten; so rannte er eines Tags über einen holprigen,
hingeworfene Zeilen aus Aſſiſi anlangten, die mir ſeine plötzliche Rückreiſe anzeigten. Ein paar Wochen darauf war er da, eigenthümlich verändert. Es war etwas Geklärtes in ſeinen Zügen, die Stirne erſchien glätter, der Blick freier und heller, die Mundwinkel neigten nicht mehr zu dem bitteren Zug nach unten. Er er¬ klärte, er wolle in den Krieg. Ich erſchrack, wiewohl ich es vorausſehen konnte; es wäre ein Wunder geweſen, wenn der Freiwillige von 1848 ſich nicht in ihm geregt hätte. Nach ſeinem Kraftmaß reichte auch die Rüſtigkeit noch aus, aber mit ſo unſeliger Haut, zu ſchweren Verkältungen ſo entſetzlich geneigt, wie wäre es möglich geweſen, die Strapazen, namentlich die Beiwachen, auszuhalten! Mit ſo ſchwarzen Farben als denkbar malte ich ihm das vor und ſtellte ihm das Geſpenſt eines Nervenfiebers in Ausſicht. ‚Nervenfieber oder Schuß,‘ rief er, ‚gleichviel, doch anſtändig geſtorben!‘ Er wollte ein freiwilliges Jägerkorps, ein berittenes, errichten, gewann Freunde zu Niederſetzung eines Komite, man wandte ſich an das Kriegsminiſterium, er ſchaffte ſich ein neues Reitpferd an und nahm bei einem Rittmeiſter Lektionen in der Offizierſchule. Da kam mir ein Unfall zu Hülfe: er ſtürzte auf einem Ritt und verrenkte den Fuß. Er pflegte auf ebenem, ſicherem Boden äußerſt vorſichtig, ja ängſtlich, dagegen auf ſchlimmen, gefährlichen Wegen ganz tollkühn zu reiten; ſo rannte er eines Tags über einen holprigen,
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hingeworfene Zeilen aus Aſſiſi anlangten, die mir ſeine
plötzliche Rückreiſe anzeigten. Ein paar Wochen darauf
war er da, eigenthümlich verändert. Es war etwas
Geklärtes in ſeinen Zügen, die Stirne erſchien glätter,
der Blick freier und heller, die Mundwinkel neigten
nicht mehr zu dem bitteren Zug nach unten. Er er¬
klärte, er wolle in den Krieg. Ich erſchrack, wiewohl
ich es vorausſehen konnte; es wäre ein Wunder geweſen,
wenn der Freiwillige von 1848 ſich nicht in ihm
geregt hätte. Nach ſeinem Kraftmaß reichte auch die
Rüſtigkeit noch aus, aber mit ſo unſeliger Haut, zu
ſchweren Verkältungen ſo entſetzlich geneigt, wie wäre es
möglich geweſen, die Strapazen, namentlich die Beiwachen,
auszuhalten! Mit ſo ſchwarzen Farben als denkbar
malte ich ihm das vor und ſtellte ihm das Geſpenſt
eines Nervenfiebers in Ausſicht. ‚Nervenfieber oder
Schuß,‘ rief er, ‚gleichviel, doch anſtändig geſtorben!‘
Er wollte ein freiwilliges Jägerkorps, ein berittenes,
errichten, gewann Freunde zu Niederſetzung eines
Komite, man wandte ſich an das Kriegsminiſterium,
er ſchaffte ſich ein neues Reitpferd an und nahm bei
einem Rittmeiſter Lektionen in der Offizierſchule. Da
kam mir ein Unfall zu Hülfe: er ſtürzte auf einem
Ritt und verrenkte den Fuß. Er pflegte auf ebenem,
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/32>, abgerufen am 03.12.2024.
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