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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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von entwickelteren Wesen zu ärmeren, einfacheren herunter
bis zum einfachsten, dem unorganischen Stoff, und unter
diesem, meint man, einmal in's Niedersteigen hinein¬
gekommen, sei das Nichts. Da ist auch die Verwirrung
des Zeitbegriffs, während Schopenhauer doch im
Uebrigen die Zeit als bloßen Schein erkennt. Zuerst sind
die Weltkörper entstanden als feuerflüssige Kugeln, ihre
Oberfläche ist erstarrt, bewohnbar geworden, es wurden
Pflanzen, Thiere, niedrige, immer höhere, bis zum
Menschen, da kam Empfindung, in diesem höchsten
Wesen Geist. Darüber vergißt man zwei Dinge:
daß, wenn auf der Spitze der Geist ausschlüpft, er
irgendwie zuunterst als künftige Möglichkeit schon
stecken muß; ferner, daß unser Präteritum unwahr ist.
Vergangenheit und Zukunft finden lediglich keine Anwen¬
dung auf das Weltall. Muß die aufsteigende Bewegung
vom sogenannten Stoff zum Höheren und Höchsten
immer gewesen sein (auf andern Planeten) und immer
bevorstehen, wiederkehren, so fällt das Vorher und
Nachher weg und ist ewige Kreisbewegung. Es wird
noch kommen, daß der Nihilismus aufstellt, die Welt
werde sich zurück in's Nichts auflösen; folgt, daß sie
auch in der Zeit einst aus dem Nichts entstanden sei, --
eine Vorstellung, so roh und kindisch, daß sie in keinem
Hirn auftauchen sollte, das nur zwei Minuten lang
philosophisch denken gelernt hat.


von entwickelteren Weſen zu ärmeren, einfacheren herunter
bis zum einfachſten, dem unorganiſchen Stoff, und unter
dieſem, meint man, einmal in's Niederſteigen hinein¬
gekommen, ſei das Nichts. Da iſt auch die Verwirrung
des Zeitbegriffs, während Schopenhauer doch im
Uebrigen die Zeit als bloßen Schein erkennt. Zuerſt ſind
die Weltkörper entſtanden als feuerflüſſige Kugeln, ihre
Oberfläche iſt erſtarrt, bewohnbar geworden, es wurden
Pflanzen, Thiere, niedrige, immer höhere, bis zum
Menſchen, da kam Empfindung, in dieſem höchſten
Weſen Geiſt. Darüber vergißt man zwei Dinge:
daß, wenn auf der Spitze der Geiſt ausſchlüpft, er
irgendwie zuunterſt als künftige Möglichkeit ſchon
ſtecken muß; ferner, daß unſer Präteritum unwahr iſt.
Vergangenheit und Zukunft finden lediglich keine Anwen¬
dung auf das Weltall. Muß die aufſteigende Bewegung
vom ſogenannten Stoff zum Höheren und Höchſten
immer geweſen ſein (auf andern Planeten) und immer
bevorſtehen, wiederkehren, ſo fällt das Vorher und
Nachher weg und iſt ewige Kreisbewegung. Es wird
noch kommen, daß der Nihilismus aufſtellt, die Welt
werde ſich zurück in's Nichts auflöſen; folgt, daß ſie
auch in der Zeit einſt aus dem Nichts entſtanden ſei, —
eine Vorſtellung, ſo roh und kindiſch, daß ſie in keinem
Hirn auftauchen ſollte, das nur zwei Minuten lang
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[219/0232] von entwickelteren Weſen zu ärmeren, einfacheren herunter bis zum einfachſten, dem unorganiſchen Stoff, und unter dieſem, meint man, einmal in's Niederſteigen hinein¬ gekommen, ſei das Nichts. Da iſt auch die Verwirrung des Zeitbegriffs, während Schopenhauer doch im Uebrigen die Zeit als bloßen Schein erkennt. Zuerſt ſind die Weltkörper entſtanden als feuerflüſſige Kugeln, ihre Oberfläche iſt erſtarrt, bewohnbar geworden, es wurden Pflanzen, Thiere, niedrige, immer höhere, bis zum Menſchen, da kam Empfindung, in dieſem höchſten Weſen Geiſt. Darüber vergißt man zwei Dinge: daß, wenn auf der Spitze der Geiſt ausſchlüpft, er irgendwie zuunterſt als künftige Möglichkeit ſchon ſtecken muß; ferner, daß unſer Präteritum unwahr iſt. Vergangenheit und Zukunft finden lediglich keine Anwen¬ dung auf das Weltall. Muß die aufſteigende Bewegung vom ſogenannten Stoff zum Höheren und Höchſten immer geweſen ſein (auf andern Planeten) und immer bevorſtehen, wiederkehren, ſo fällt das Vorher und Nachher weg und iſt ewige Kreisbewegung. Es wird noch kommen, daß der Nihilismus aufſtellt, die Welt werde ſich zurück in's Nichts auflöſen; folgt, daß ſie auch in der Zeit einſt aus dem Nichts entſtanden ſei, — eine Vorſtellung, ſo roh und kindiſch, daß ſie in keinem Hirn auftauchen ſollte, das nur zwei Minuten lang philoſophiſch denken gelernt hat.

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/232>, abgerufen am 24.11.2024.