einer Haue. -- ,Haben wir dich? -- Grinsest du? Höhnst mich? Ziehst du die halbverwesten Lippen in Fältchen zusammen und pfeifst mich aus? Her die Brust, woran sie gelegen! -- So! So! -- schon ziemlich weich! -- Pfeifst wieder, loser Schalk? Auch aus der Brust?' Der Phantasirende rührte dabei die Arme, als stieße und wühlte er, und brach dann in ein entsetzliches Gelächter aus. Nun sah man seine Arme und Beine zucken wie die eines Schlafenden, dem man anmerkt, daß er zu laufen träumt, auf ein¬ mal bäumte er sich auf seinem Lager, schien gewalt¬ sam zu schütteln, dann wie mit einem heftigen Ruck etwas feindlich Umschlingendes hinwegzuschnellen und man hörte die Worte: ,Da, kühl' dich, Jesuit!' Es folgte eine Pause, dann keuchte er hervor: ,Erschrickst, Sappho? -- Nur keine Angst -- da hast deinen Plato!' Er hatte dabei den Arm wie zum Schleudern gehoben, ließ ihn schnell wieder fallen und sank nun mit schweißbedeckter Stirne matt in die Kissen zurück.
"Am frühen Morgen ließ Erik den Kranken wohl¬ verwahrt in dessen eigene Wohnung schaffen, kehrte das Nöthige zu seiner Pflege vor und eilte dann zu¬ erst auf den Kirchhof. Hier fand er den Todten¬ gräber in starrem Staunen vor einem aufgewühlten Grab stehen, darin einen offenen, sichtbar zerschlagenen Sarg und im Sarg eine Leiche mit zerrissener, breit¬ klaffender Brust. Er vermochte den Mann zu über¬
einer Haue. — ‚Haben wir dich? — Grinſeſt du? Höhnſt mich? Ziehſt du die halbverwesten Lippen in Fältchen zuſammen und pfeifſt mich aus? Her die Bruſt, woran ſie gelegen! — So! So! — ſchon ziemlich weich! — Pfeifſt wieder, loſer Schalk? Auch aus der Bruſt?‘ Der Phantaſirende rührte dabei die Arme, als ſtieße und wühlte er, und brach dann in ein entſetzliches Gelächter aus. Nun ſah man ſeine Arme und Beine zucken wie die eines Schlafenden, dem man anmerkt, daß er zu laufen träumt, auf ein¬ mal bäumte er ſich auf ſeinem Lager, ſchien gewalt¬ ſam zu ſchütteln, dann wie mit einem heftigen Ruck etwas feindlich Umſchlingendes hinwegzuſchnellen und man hörte die Worte: ‚Da, kühl' dich, Jeſuit!‘ Es folgte eine Pauſe, dann keuchte er hervor: ‚Erſchrickſt, Sappho? — Nur keine Angſt — da haſt deinen Plato!‘ Er hatte dabei den Arm wie zum Schleudern gehoben, ließ ihn ſchnell wieder fallen und ſank nun mit ſchweißbedeckter Stirne matt in die Kiſſen zurück.
„Am frühen Morgen ließ Erik den Kranken wohl¬ verwahrt in deſſen eigene Wohnung ſchaffen, kehrte das Nöthige zu ſeiner Pflege vor und eilte dann zu¬ erſt auf den Kirchhof. Hier fand er den Todten¬ gräber in ſtarrem Staunen vor einem aufgewühlten Grab ſtehen, darin einen offenen, ſichtbar zerſchlagenen Sarg und im Sarg eine Leiche mit zerriſſener, breit¬ klaffender Bruſt. Er vermochte den Mann zu über¬
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einer Haue. — ‚Haben wir dich? — Grinſeſt du?
Höhnſt mich? Ziehſt du die halbverwesten Lippen in
Fältchen zuſammen und pfeifſt mich aus? Her die
Bruſt, woran ſie gelegen! — So! So! — ſchon
ziemlich weich! — Pfeifſt wieder, loſer Schalk? Auch
aus der Bruſt?‘ Der Phantaſirende rührte dabei die
Arme, als ſtieße und wühlte er, und brach dann in
ein entſetzliches Gelächter aus. Nun ſah man ſeine
Arme und Beine zucken wie die eines Schlafenden,
dem man anmerkt, daß er zu laufen träumt, auf ein¬
mal bäumte er ſich auf ſeinem Lager, ſchien gewalt¬
ſam zu ſchütteln, dann wie mit einem heftigen Ruck
etwas feindlich Umſchlingendes hinwegzuſchnellen und
man hörte die Worte: ‚Da, kühl' dich, Jeſuit!‘ Es
folgte eine Pauſe, dann keuchte er hervor: ‚Erſchrickſt,
Sappho? — Nur keine Angſt — da haſt deinen
Plato!‘ Er hatte dabei den Arm wie zum Schleudern
gehoben, ließ ihn ſchnell wieder fallen und ſank nun
mit ſchweißbedeckter Stirne matt in die Kiſſen zurück.
„Am frühen Morgen ließ Erik den Kranken wohl¬
verwahrt in deſſen eigene Wohnung ſchaffen, kehrte
das Nöthige zu ſeiner Pflege vor und eilte dann zu¬
erſt auf den Kirchhof. Hier fand er den Todten¬
gräber in ſtarrem Staunen vor einem aufgewühlten
Grab ſtehen, darin einen offenen, ſichtbar zerſchlagenen
Sarg und im Sarg eine Leiche mit zerriſſener, breit¬
klaffender Bruſt. Er vermochte den Mann zu über¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/213>, abgerufen am 24.11.2024.
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