nung, die sich darüber aufbaut, hat nach der Meinung der Pessimisten keine Bälken, da baut sich kein Objek¬ tives, kein Gesetzmäßiges, da kann man also auch nicht wohnen. O alter Hegel, stylvoller Philister, der du groß befohlen hast, daß das Subjekt pariren soll, könnte man das erleben, daß du erständest und mit deinem Stecken über das substanzlose Geschlecht kämest!
Wenn die Menschen nur nicht immer auseinander¬ sägen, nur nicht in ihrem Denken immer Alles trennen würden, was zusammengehört! So meinen sie, sie hätten die Schlechtigkeit der Welt bewiesen, wenn sie aufgezeigt haben, daß Illusion Illusion ist! Daß es ein Wesen gibt, Mensch genannt, dessen Phantasie¬ blick die Natur beseelt, Alles in schönere Farbe, reine¬ res Licht taucht, in der guten Stunde über das Elend der Welt hinwegsieht, das gehört ja auch zur Ein¬ richtung der Welt, ohne diese edlen Täuschungen ist ja die Stimmung nicht denkbar, aus der auch das Gute fließt. Im Guten wird freilich ein Theil der Täuschung abgeworfen, da muß dem Elend der Welt hell in's Gesicht gesehen werden, bleiben aber muß die Hoffnung, die zwar mehr vortäuscht, als erreicht wird, aber darum nicht ganz Täuschung ist, sondern zur größeren Hälfte Wort hält, indem sie selbst Ursache
nung, die ſich darüber aufbaut, hat nach der Meinung der Peſſimiſten keine Bälken, da baut ſich kein Objek¬ tives, kein Geſetzmäßiges, da kann man alſo auch nicht wohnen. O alter Hegel, ſtylvoller Philiſter, der du groß befohlen haſt, daß das Subjekt pariren ſoll, könnte man das erleben, daß du erſtändeſt und mit deinem Stecken über das ſubſtanzloſe Geſchlecht kämeſt!
Wenn die Menſchen nur nicht immer auseinander¬ ſägen, nur nicht in ihrem Denken immer Alles trennen würden, was zuſammengehört! So meinen ſie, ſie hätten die Schlechtigkeit der Welt bewieſen, wenn ſie aufgezeigt haben, daß Illuſion Illuſion iſt! Daß es ein Weſen gibt, Menſch genannt, deſſen Phantaſie¬ blick die Natur beſeelt, Alles in ſchönere Farbe, reine¬ res Licht taucht, in der guten Stunde über das Elend der Welt hinwegſieht, das gehört ja auch zur Ein¬ richtung der Welt, ohne dieſe edlen Täuſchungen iſt ja die Stimmung nicht denkbar, aus der auch das Gute fließt. Im Guten wird freilich ein Theil der Täuſchung abgeworfen, da muß dem Elend der Welt hell in's Geſicht geſehen werden, bleiben aber muß die Hoffnung, die zwar mehr vortäuſcht, als erreicht wird, aber darum nicht ganz Täuſchung iſt, ſondern zur größeren Hälfte Wort hält, indem ſie ſelbſt Urſache
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0147"n="134"/>
nung, die ſich darüber aufbaut, hat nach der Meinung<lb/>
der Peſſimiſten keine Bälken, da baut ſich kein Objek¬<lb/>
tives, kein Geſetzmäßiges, da kann man alſo auch<lb/>
nicht wohnen. O alter Hegel, ſtylvoller Philiſter,<lb/>
der du groß befohlen haſt, daß das Subjekt pariren<lb/>ſoll, könnte man das erleben, daß du erſtändeſt und<lb/>
mit deinem Stecken über das ſubſtanzloſe Geſchlecht<lb/>
kämeſt!</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wenn die Menſchen nur nicht immer auseinander¬<lb/>ſägen, nur nicht in ihrem Denken immer Alles trennen<lb/>
würden, was zuſammengehört! So meinen ſie, ſie<lb/>
hätten die Schlechtigkeit der Welt bewieſen, wenn ſie<lb/>
aufgezeigt haben, daß Illuſion Illuſion iſt! Daß es<lb/>
ein Weſen gibt, Menſch genannt, deſſen Phantaſie¬<lb/>
blick die Natur beſeelt, Alles in ſchönere Farbe, reine¬<lb/>
res Licht taucht, in der guten Stunde über das Elend<lb/>
der Welt hinwegſieht, das gehört ja auch zur Ein¬<lb/>
richtung der Welt, ohne dieſe edlen Täuſchungen iſt<lb/>
ja die Stimmung nicht denkbar, aus der auch das<lb/>
Gute fließt. Im Guten wird freilich ein Theil der<lb/>
Täuſchung abgeworfen, da muß dem Elend der Welt<lb/>
hell in's Geſicht geſehen werden, bleiben aber muß die<lb/>
Hoffnung, die zwar mehr vortäuſcht, als erreicht wird,<lb/>
aber darum nicht ganz Täuſchung iſt, ſondern zur<lb/>
größeren Hälfte Wort hält, indem ſie ſelbſt Urſache<lb/></p></div></body></text></TEI>
[134/0147]
nung, die ſich darüber aufbaut, hat nach der Meinung
der Peſſimiſten keine Bälken, da baut ſich kein Objek¬
tives, kein Geſetzmäßiges, da kann man alſo auch
nicht wohnen. O alter Hegel, ſtylvoller Philiſter,
der du groß befohlen haſt, daß das Subjekt pariren
ſoll, könnte man das erleben, daß du erſtändeſt und
mit deinem Stecken über das ſubſtanzloſe Geſchlecht
kämeſt!
Wenn die Menſchen nur nicht immer auseinander¬
ſägen, nur nicht in ihrem Denken immer Alles trennen
würden, was zuſammengehört! So meinen ſie, ſie
hätten die Schlechtigkeit der Welt bewieſen, wenn ſie
aufgezeigt haben, daß Illuſion Illuſion iſt! Daß es
ein Weſen gibt, Menſch genannt, deſſen Phantaſie¬
blick die Natur beſeelt, Alles in ſchönere Farbe, reine¬
res Licht taucht, in der guten Stunde über das Elend
der Welt hinwegſieht, das gehört ja auch zur Ein¬
richtung der Welt, ohne dieſe edlen Täuſchungen iſt
ja die Stimmung nicht denkbar, aus der auch das
Gute fließt. Im Guten wird freilich ein Theil der
Täuſchung abgeworfen, da muß dem Elend der Welt
hell in's Geſicht geſehen werden, bleiben aber muß die
Hoffnung, die zwar mehr vortäuſcht, als erreicht wird,
aber darum nicht ganz Täuſchung iſt, ſondern zur
größeren Hälfte Wort hält, indem ſie ſelbſt Urſache
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/147>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.