Schönem hergeht im untern Stockwerk, in der Natur, wollen aber nicht einsehen, daß sich über ihm ein zweites aufgebaut, das Gesetze hat, fest über der Will¬ kür, objektiv, nichts fragend nach Lust oder Unlust, und doch Seligkeit gewährend im Dienst, in der Arbeit am zeitlos Werthvollen.
Die Natur hat sich schwer und wild abgemüht, bis sie die jetzigen Typen (Gattungen und Arten) festgestellt hat, an ihrer Spitze den Menschen. Viel¬ leicht kommt noch Einer auf den Gedanken, wahrschein¬ lich zu machen, daß sie nicht nur formell aussehen, als wäre eine Form aus der andern entwickelt (wie die vergleichende Anatomie bei der Thierwelt zeigt), sondern daß es wirklich real so zugegangen, also auch der Mensch vorher Thier gewesen ist. Nun hat dann der Mensch wieder von vorn angefangen, er ist zuerst jedenfalls nicht viel besser gewesen als ein Thier. Wüthend, viehisch muß Mensch mit Mensch gerauft haben um Wohnsitz, Speise, Weib, Macht. Ein Kampf, dem analog, durch den einst die Typen, die genera und species geworden sein müssen. Durch eine Reihe furchtbarer Erfahrungen, in unermeßlicher Zeitdauer muß dieser Kampf dahin geführt haben, daß allmälig rechtliche, sittliche, politische Ordnungen sich heraus¬ arbeiteten und gründeten, z. B. bis man einsah, daß
Schönem hergeht im untern Stockwerk, in der Natur, wollen aber nicht einſehen, daß ſich über ihm ein zweites aufgebaut, das Geſetze hat, feſt über der Will¬ kür, objektiv, nichts fragend nach Luſt oder Unluſt, und doch Seligkeit gewährend im Dienſt, in der Arbeit am zeitlos Werthvollen.
Die Natur hat ſich ſchwer und wild abgemüht, bis ſie die jetzigen Typen (Gattungen und Arten) feſtgeſtellt hat, an ihrer Spitze den Menſchen. Viel¬ leicht kommt noch Einer auf den Gedanken, wahrſchein¬ lich zu machen, daß ſie nicht nur formell ausſehen, als wäre eine Form aus der andern entwickelt (wie die vergleichende Anatomie bei der Thierwelt zeigt), ſondern daß es wirklich real ſo zugegangen, alſo auch der Menſch vorher Thier geweſen iſt. Nun hat dann der Menſch wieder von vorn angefangen, er iſt zuerſt jedenfalls nicht viel beſſer geweſen als ein Thier. Wüthend, viehiſch muß Menſch mit Menſch gerauft haben um Wohnſitz, Speiſe, Weib, Macht. Ein Kampf, dem analog, durch den einſt die Typen, die genera und species geworden ſein müſſen. Durch eine Reihe furchtbarer Erfahrungen, in unermeßlicher Zeitdauer muß dieſer Kampf dahin geführt haben, daß allmälig rechtliche, ſittliche, politiſche Ordnungen ſich heraus¬ arbeiteten und gründeten, z. B. bis man einſah, daß
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Schönem hergeht im untern Stockwerk, in der Natur,
wollen aber nicht einſehen, daß ſich über ihm ein
zweites aufgebaut, das Geſetze hat, feſt über der Will¬
kür, objektiv, nichts fragend nach Luſt oder Unluſt,
und doch Seligkeit gewährend im Dienſt, in der Arbeit
am zeitlos Werthvollen.
Die Natur hat ſich ſchwer und wild abgemüht,
bis ſie die jetzigen Typen (Gattungen und Arten)
feſtgeſtellt hat, an ihrer Spitze den Menſchen. Viel¬
leicht kommt noch Einer auf den Gedanken, wahrſchein¬
lich zu machen, daß ſie nicht nur formell ausſehen,
als wäre eine Form aus der andern entwickelt (wie
die vergleichende Anatomie bei der Thierwelt zeigt),
ſondern daß es wirklich real ſo zugegangen, alſo auch
der Menſch vorher Thier geweſen iſt. Nun hat dann
der Menſch wieder von vorn angefangen, er iſt zuerſt
jedenfalls nicht viel beſſer geweſen als ein Thier.
Wüthend, viehiſch muß Menſch mit Menſch gerauft haben
um Wohnſitz, Speiſe, Weib, Macht. Ein Kampf,
dem analog, durch den einſt die Typen, die genera
und species geworden ſein müſſen. Durch eine Reihe
furchtbarer Erfahrungen, in unermeßlicher Zeitdauer
muß dieſer Kampf dahin geführt haben, daß allmälig
rechtliche, ſittliche, politiſche Ordnungen ſich heraus¬
arbeiteten und gründeten, z. B. bis man einſah, daß
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/127>, abgerufen am 22.11.2024.
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