gelegentlich vernommene "Kaib" heraushörte. A. E. holte zu einer Ohrfeige aus, der eingespannte Hund in rührender Treue versuchte unter rasendem Gebell seinem Dränger und Quäler beizustehen, vergeblich, denn ihn hinderten die Riemen des Geschirrs; im tollen Durcheinander besann ich mich rasch, daß ich nicht in tadelnswerther Unthätigkeit des Staunens ver¬ harren dürfe, rieß mit vieler Mühe die Raufenden auseinander, half den wüthenden Fuhrmann, der, be¬ freit, alsbald die Fäuste brauchen wollte, festhalten, und nach langem, langem Reden gelang es mir, so viel Ruhe herzustellen, daß ein vernünftiges Wort ge¬ sprochen werden konnte. Es ergab sich, daß A. E. den Fuhrmann in der vorhin von ihm verurtheilten Situation getroffen hatte: der Hund im Trab, der Mann mit geschwungener Geißel auf dem Wagen stehend, der eigentlich dazu eingerichtet war, daß er mit dem Hunde ziehen sollte. A. E. hatte ihn an¬ gehalten, vernünftig zu belehren versucht, der rohe Treiber hatte ihm alsbald mit Hieben gedroht und so hatte sich die Szene entsponnen, zu deren Ablauf ich gekommen war. Ich mußte nun A. E. Recht geben; der Bote erklärte, er wolle klagen; da er aber be¬ greifen mußte, daß er seinem gewaltthätigen Huma¬ nitätslehrer die Nennung seines Namens nicht ab¬ zwingen konnte, und da ich ihm auseinandersetzte, daß durch die Drohung mit Schlägen das erste strafwür¬
gelegentlich vernommene „Kaib“ heraushörte. A. E. holte zu einer Ohrfeige aus, der eingeſpannte Hund in rührender Treue verſuchte unter raſendem Gebell ſeinem Dränger und Quäler beizuſtehen, vergeblich, denn ihn hinderten die Riemen des Geſchirrs; im tollen Durcheinander beſann ich mich raſch, daß ich nicht in tadelnswerther Unthätigkeit des Staunens ver¬ harren dürfe, rieß mit vieler Mühe die Raufenden auseinander, half den wüthenden Fuhrmann, der, be¬ freit, alsbald die Fäuſte brauchen wollte, feſthalten, und nach langem, langem Reden gelang es mir, ſo viel Ruhe herzuſtellen, daß ein vernünftiges Wort ge¬ ſprochen werden konnte. Es ergab ſich, daß A. E. den Fuhrmann in der vorhin von ihm verurtheilten Situation getroffen hatte: der Hund im Trab, der Mann mit geſchwungener Geißel auf dem Wagen ſtehend, der eigentlich dazu eingerichtet war, daß er mit dem Hunde ziehen ſollte. A. E. hatte ihn an¬ gehalten, vernünftig zu belehren verſucht, der rohe Treiber hatte ihm alsbald mit Hieben gedroht und ſo hatte ſich die Szene entſponnen, zu deren Ablauf ich gekommen war. Ich mußte nun A. E. Recht geben; der Bote erklärte, er wolle klagen; da er aber be¬ greifen mußte, daß er ſeinem gewaltthätigen Huma¬ nitätslehrer die Nennung ſeines Namens nicht ab¬ zwingen konnte, und da ich ihm auseinanderſetzte, daß durch die Drohung mit Schlägen das erſte ſtrafwür¬
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[40/0053]
gelegentlich vernommene „Kaib“ heraushörte. A. E.
holte zu einer Ohrfeige aus, der eingeſpannte Hund
in rührender Treue verſuchte unter raſendem Gebell
ſeinem Dränger und Quäler beizuſtehen, vergeblich,
denn ihn hinderten die Riemen des Geſchirrs; im
tollen Durcheinander beſann ich mich raſch, daß ich
nicht in tadelnswerther Unthätigkeit des Staunens ver¬
harren dürfe, rieß mit vieler Mühe die Raufenden
auseinander, half den wüthenden Fuhrmann, der, be¬
freit, alsbald die Fäuſte brauchen wollte, feſthalten,
und nach langem, langem Reden gelang es mir, ſo
viel Ruhe herzuſtellen, daß ein vernünftiges Wort ge¬
ſprochen werden konnte. Es ergab ſich, daß A. E.
den Fuhrmann in der vorhin von ihm verurtheilten
Situation getroffen hatte: der Hund im Trab, der
Mann mit geſchwungener Geißel auf dem Wagen
ſtehend, der eigentlich dazu eingerichtet war, daß er
mit dem Hunde ziehen ſollte. A. E. hatte ihn an¬
gehalten, vernünftig zu belehren verſucht, der rohe
Treiber hatte ihm alsbald mit Hieben gedroht und ſo
hatte ſich die Szene entſponnen, zu deren Ablauf ich
gekommen war. Ich mußte nun A. E. Recht geben;
der Bote erklärte, er wolle klagen; da er aber be¬
greifen mußte, daß er ſeinem gewaltthätigen Huma¬
nitätslehrer die Nennung ſeines Namens nicht ab¬
zwingen konnte, und da ich ihm auseinanderſetzte, daß
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/53>, abgerufen am 04.12.2024.
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