Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

Gnädig uns nur!
O Selinur!
Pfuisala, Pfuiala, Pfuia!

Schenke, o Schimmernde,
Röhrichtdurchflimmernde!
Lästigen Fließungen,
Hustigen Niesungen
Läuternde Schließungen,
Schenke sie nur!
O Selinur!
Leiala, Fleiala, Fleia!

Die Musik begann je bei den zwei ersten Zeilen
dieser drei Strophen mit einigen stimmungsreichen
melodischen Sätzen, wobei die Blättler ihr Bestes
thaten und nur von den Pfeifern unterstützt wurden.
Das gewisse Helldunkle, Schwebende, Flüsternde, zart
Geisterhafte in diesen Stellen kam wirklich zu gefühlter
musikalischer Geltung. Bei den folgenden Zeilen aber
sprang die Musik in ein Element über, welches die
Welt bis dahin noch nicht gekannt hatte. Statt sich
im Melodischen gedankenlos zu wiegen, wurde sie ganz
nur ausdrucksvoll. Nicht nur, was jedes Wort, nein,
was jede einzelne Sylbe, ja jeder Buchstab sagte, kam
in Tönen, Tonbewegungen, Klangfarben zu unnachahm¬
lich charakteristischer Offenbarung. Zu diesem Zweck
nun bedurfte es auch neuer instrumentaler Mittel; in
einer Reihe geheimgehaltener Berathungen mit dem
Druiden hatte der Gaisbub unter seiner Anleitung

Gnädig uns nur!
O Selinur!
Pfuiſala, Pfuiala, Pfuia!

Schenke, o Schimmernde,
Röhrichtdurchflimmernde!
Läſtigen Fließungen,
Huſtigen Nieſungen
Läuternde Schließungen,
Schenke ſie nur!
O Selinur!
Leiala, Fleiala, Fleia!

Die Muſik begann je bei den zwei erſten Zeilen
dieſer drei Strophen mit einigen ſtimmungsreichen
melodiſchen Sätzen, wobei die Blättler ihr Beſtes
thaten und nur von den Pfeifern unterſtützt wurden.
Das gewiſſe Helldunkle, Schwebende, Flüſternde, zart
Geiſterhafte in dieſen Stellen kam wirklich zu gefühlter
muſikaliſcher Geltung. Bei den folgenden Zeilen aber
ſprang die Muſik in ein Element über, welches die
Welt bis dahin noch nicht gekannt hatte. Statt ſich
im Melodiſchen gedankenlos zu wiegen, wurde ſie ganz
nur ausdrucksvoll. Nicht nur, was jedes Wort, nein,
was jede einzelne Sylbe, ja jeder Buchſtab ſagte, kam
in Tönen, Tonbewegungen, Klangfarben zu unnachahm¬
lich charakteriſtiſcher Offenbarung. Zu dieſem Zweck
nun bedurfte es auch neuer inſtrumentaler Mittel; in
einer Reihe geheimgehaltener Berathungen mit dem
Druiden hatte der Gaisbub unter ſeiner Anleitung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="2">
            <pb facs="#f0344" n="331"/>
            <l>Gnädig uns nur!</l><lb/>
            <l>O Selinur!</l><lb/>
            <l>Pfui&#x017F;ala, Pfuiala, Pfuia!</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>Schenke, o Schimmernde,</l><lb/>
            <l>Röhrichtdurchflimmernde!</l><lb/>
            <l>&#x017F;tigen Fließungen,</l><lb/>
            <l>Hu&#x017F;tigen Nie&#x017F;ungen</l><lb/>
            <l>Läuternde Schließungen,</l><lb/>
            <l>Schenke &#x017F;ie nur!</l><lb/>
            <l>O Selinur!</l><lb/>
            <l>Leiala, Fleiala, Fleia!</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
        <p>Die Mu&#x017F;ik begann je bei den zwei er&#x017F;ten Zeilen<lb/>
die&#x017F;er drei Strophen mit einigen &#x017F;timmungsreichen<lb/>
melodi&#x017F;chen Sätzen, wobei die Blättler ihr Be&#x017F;tes<lb/>
thaten und nur von den Pfeifern unter&#x017F;tützt wurden.<lb/>
Das gewi&#x017F;&#x017F;e Helldunkle, Schwebende, Flü&#x017F;ternde, zart<lb/>
Gei&#x017F;terhafte in die&#x017F;en Stellen kam wirklich zu gefühlter<lb/>
mu&#x017F;ikali&#x017F;cher Geltung. Bei den folgenden Zeilen aber<lb/>
&#x017F;prang die Mu&#x017F;ik in ein Element über, welches die<lb/>
Welt bis dahin noch nicht gekannt hatte. Statt &#x017F;ich<lb/>
im Melodi&#x017F;chen gedankenlos zu wiegen, wurde &#x017F;ie ganz<lb/>
nur ausdrucksvoll. Nicht nur, was jedes Wort, nein,<lb/>
was jede einzelne Sylbe, ja jeder Buch&#x017F;tab &#x017F;agte, kam<lb/>
in Tönen, Tonbewegungen, Klangfarben zu unnachahm¬<lb/>
lich charakteri&#x017F;ti&#x017F;cher Offenbarung. Zu die&#x017F;em Zweck<lb/>
nun bedurfte es auch neuer in&#x017F;trumentaler Mittel; in<lb/>
einer Reihe geheimgehaltener Berathungen mit dem<lb/>
Druiden hatte der Gaisbub unter &#x017F;einer Anleitung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0344] Gnädig uns nur! O Selinur! Pfuiſala, Pfuiala, Pfuia! Schenke, o Schimmernde, Röhrichtdurchflimmernde! Läſtigen Fließungen, Huſtigen Nieſungen Läuternde Schließungen, Schenke ſie nur! O Selinur! Leiala, Fleiala, Fleia! Die Muſik begann je bei den zwei erſten Zeilen dieſer drei Strophen mit einigen ſtimmungsreichen melodiſchen Sätzen, wobei die Blättler ihr Beſtes thaten und nur von den Pfeifern unterſtützt wurden. Das gewiſſe Helldunkle, Schwebende, Flüſternde, zart Geiſterhafte in dieſen Stellen kam wirklich zu gefühlter muſikaliſcher Geltung. Bei den folgenden Zeilen aber ſprang die Muſik in ein Element über, welches die Welt bis dahin noch nicht gekannt hatte. Statt ſich im Melodiſchen gedankenlos zu wiegen, wurde ſie ganz nur ausdrucksvoll. Nicht nur, was jedes Wort, nein, was jede einzelne Sylbe, ja jeder Buchſtab ſagte, kam in Tönen, Tonbewegungen, Klangfarben zu unnachahm¬ lich charakteriſtiſcher Offenbarung. Zu dieſem Zweck nun bedurfte es auch neuer inſtrumentaler Mittel; in einer Reihe geheimgehaltener Berathungen mit dem Druiden hatte der Gaisbub unter ſeiner Anleitung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/344
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/344>, abgerufen am 23.07.2024.