auf und lacht, tritt schnell in die Hütte ein, gefolgt von einem zottigen Schäferhund, der mit lustigen Sätzen, wedelnd, bellend, leckend Sigunen und die Kinder begrüßt, nimmt die Thäterin um den Hals und klemmt sie in's Ohrläppchen, daß nun das Auf¬ schreien an sie kommt. Dann wird er plötzlich ernst, setzt sich auf den Herd und sieht sie schweigend an. "Hast wieder das Gsatzli vom Jäger gesungen oder nicht?" "Ja, ja, sie hat's," mischt sich mit an¬ geberischem Ton die Alte in's Gespräch, setzt ein "aber" ohne Wortfolge hinzu und bricht mit ihrem Spinnrocken auf, nachdem sie den Wirtel sorgfältig eingepackt und eingeschoben hat; denn es ist einer von den kostbaren: nur von Thon, aber niedliche Verzie¬ rungen, dazwischen seltsame Runenzeichen sind darauf eingegraben. Im Abgehen klopft sie mit ihrem Kunkel¬ stecken noch leise an den größten der Kochtöpfe, die auf dem Bord am Herd stehen, und sieht Sigunen mit einem Blick dabei an, als wollte sie sagen: "Da hab' ich zu Haus einen andern!" Diese lacht und ver¬ setzt spöttisch: "Na, ich bin dir nicht neidig auf deinen alten Krauthafen!"
"Und hab' dir grad wollen eine Freud' machen, -- so etwas für's Fest -- aber ich weiß, es g'freut dich erst nicht," sagt jetzt Alpin. Er handelt jedoch seinem eigenen Worte zuwider und zieht unter seinem Schafpelz, dessen Wolle nach außen gekehrt ist, eine
auf und lacht, tritt ſchnell in die Hütte ein, gefolgt von einem zottigen Schäferhund, der mit luſtigen Sätzen, wedelnd, bellend, leckend Sigunen und die Kinder begrüßt, nimmt die Thäterin um den Hals und klemmt ſie in's Ohrläppchen, daß nun das Auf¬ ſchreien an ſie kommt. Dann wird er plötzlich ernſt, ſetzt ſich auf den Herd und ſieht ſie ſchweigend an. „Haſt wieder das Gſatzli vom Jäger geſungen oder nicht?“ „Ja, ja, ſie hat's,“ miſcht ſich mit an¬ geberiſchem Ton die Alte in's Geſpräch, ſetzt ein „aber“ ohne Wortfolge hinzu und bricht mit ihrem Spinnrocken auf, nachdem ſie den Wirtel ſorgfältig eingepackt und eingeſchoben hat; denn es iſt einer von den koſtbaren: nur von Thon, aber niedliche Verzie¬ rungen, dazwiſchen ſeltſame Runenzeichen ſind darauf eingegraben. Im Abgehen klopft ſie mit ihrem Kunkel¬ ſtecken noch leiſe an den größten der Kochtöpfe, die auf dem Bord am Herd ſtehen, und ſieht Sigunen mit einem Blick dabei an, als wollte ſie ſagen: „Da hab' ich zu Haus einen andern!“ Dieſe lacht und ver¬ ſetzt ſpöttiſch: „Na, ich bin dir nicht neidig auf deinen alten Krauthafen!“
„Und hab' dir grad wollen eine Freud' machen, — ſo etwas für's Feſt — aber ich weiß, es g'freut dich erſt nicht,“ ſagt jetzt Alpin. Er handelt jedoch ſeinem eigenen Worte zuwider und zieht unter ſeinem Schafpelz, deſſen Wolle nach außen gekehrt iſt, eine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0149"n="136"/>
auf und lacht, tritt ſchnell in die Hütte ein, gefolgt<lb/>
von einem zottigen Schäferhund, der mit luſtigen<lb/>
Sätzen, wedelnd, bellend, leckend Sigunen und die<lb/>
Kinder begrüßt, nimmt die Thäterin um den Hals<lb/>
und klemmt ſie in's Ohrläppchen, daß nun das Auf¬<lb/>ſchreien an ſie kommt. Dann wird er plötzlich ernſt,<lb/>ſetzt ſich auf den Herd und ſieht ſie ſchweigend an.<lb/>„Haſt wieder das Gſatzli vom Jäger geſungen oder<lb/>
nicht?“„Ja, ja, ſie hat's,“ miſcht ſich mit an¬<lb/>
geberiſchem Ton die Alte in's Geſpräch, ſetzt ein<lb/>„aber“ ohne Wortfolge hinzu und bricht mit ihrem<lb/>
Spinnrocken auf, nachdem ſie den Wirtel ſorgfältig<lb/>
eingepackt und eingeſchoben hat; denn es iſt einer von<lb/>
den koſtbaren: nur von Thon, aber niedliche Verzie¬<lb/>
rungen, dazwiſchen ſeltſame Runenzeichen ſind darauf<lb/>
eingegraben. Im Abgehen klopft ſie mit ihrem Kunkel¬<lb/>ſtecken noch leiſe an den größten der Kochtöpfe, die<lb/>
auf dem Bord am Herd ſtehen, und ſieht Sigunen<lb/>
mit einem Blick dabei an, als wollte ſie ſagen: „Da<lb/>
hab' ich zu Haus einen andern!“ Dieſe lacht und ver¬<lb/>ſetzt ſpöttiſch: „Na, ich bin dir nicht neidig auf deinen<lb/>
alten Krauthafen!“</p><lb/><p>„Und hab' dir grad wollen eine Freud' machen,<lb/>—ſo etwas für's Feſt — aber ich weiß, es g'freut<lb/>
dich erſt nicht,“ſagt jetzt Alpin. Er handelt jedoch<lb/>ſeinem eigenen Worte zuwider und zieht unter ſeinem<lb/>
Schafpelz, deſſen Wolle nach außen gekehrt iſt, eine<lb/></p></div></body></text></TEI>
[136/0149]
auf und lacht, tritt ſchnell in die Hütte ein, gefolgt
von einem zottigen Schäferhund, der mit luſtigen
Sätzen, wedelnd, bellend, leckend Sigunen und die
Kinder begrüßt, nimmt die Thäterin um den Hals
und klemmt ſie in's Ohrläppchen, daß nun das Auf¬
ſchreien an ſie kommt. Dann wird er plötzlich ernſt,
ſetzt ſich auf den Herd und ſieht ſie ſchweigend an.
„Haſt wieder das Gſatzli vom Jäger geſungen oder
nicht?“ „Ja, ja, ſie hat's,“ miſcht ſich mit an¬
geberiſchem Ton die Alte in's Geſpräch, ſetzt ein
„aber“ ohne Wortfolge hinzu und bricht mit ihrem
Spinnrocken auf, nachdem ſie den Wirtel ſorgfältig
eingepackt und eingeſchoben hat; denn es iſt einer von
den koſtbaren: nur von Thon, aber niedliche Verzie¬
rungen, dazwiſchen ſeltſame Runenzeichen ſind darauf
eingegraben. Im Abgehen klopft ſie mit ihrem Kunkel¬
ſtecken noch leiſe an den größten der Kochtöpfe, die
auf dem Bord am Herd ſtehen, und ſieht Sigunen
mit einem Blick dabei an, als wollte ſie ſagen: „Da
hab' ich zu Haus einen andern!“ Dieſe lacht und ver¬
ſetzt ſpöttiſch: „Na, ich bin dir nicht neidig auf deinen
alten Krauthafen!“
„Und hab' dir grad wollen eine Freud' machen,
— ſo etwas für's Feſt — aber ich weiß, es g'freut
dich erſt nicht,“ ſagt jetzt Alpin. Er handelt jedoch
ſeinem eigenen Worte zuwider und zieht unter ſeinem
Schafpelz, deſſen Wolle nach außen gekehrt iſt, eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/149>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.