Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.in eintöniger Weise -- man kann es kaum Melodie "Helft mir spinnen, spinnen, Heil'ge Spinnerinnen, Die ihr schwebt im Schilf! Selinura, hilf! Faden kam geronnen, Hast die Welt gesponnen, Du und deine Feen, Geister in den Seen! Tanze, Spindel, tanze Fäden, feine, ganze! Wirtel mit Gesumm Wirble um und um! Leise rauscht's im Riede Mir zum Spinnerliede, Flüstert Zaubersang Mir zum Spindelklang." Dazu hörte man die Welle unter dem hohlen Ein frischerer, hellerer Klang, von ferne her ver¬ in eintöniger Weiſe — man kann es kaum Melodie „Helft mir ſpinnen, ſpinnen, Heil'ge Spinnerinnen, Die ihr ſchwebt im Schilf! Selinura, hilf! Faden kam geronnen, Haſt die Welt geſponnen, Du und deine Feen, Geiſter in den Seen! Tanze, Spindel, tanze Fäden, feine, ganze! Wirtel mit Geſumm Wirble um und um! Leiſe rauſcht's im Riede Mir zum Spinnerliede, Flüſtert Zauberſang Mir zum Spindelklang.“ Dazu hörte man die Welle unter dem hohlen Ein friſcherer, hellerer Klang, von ferne her ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0143" n="130"/> in eintöniger Weiſe — man kann es kaum Melodie<lb/> nennen, es iſt nur wie ein dumpfes Murmeln — ein<lb/> dunkles, uraltes Lied.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>„Helft mir ſpinnen, ſpinnen,</l><lb/> <l>Heil'ge Spinnerinnen,</l><lb/> <l>Die ihr ſchwebt im Schilf!</l><lb/> <l>Selinura, hilf!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Faden kam geronnen,</l><lb/> <l>Haſt die Welt geſponnen,</l><lb/> <l>Du und deine Feen,</l><lb/> <l>Geiſter in den Seen!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Tanze, Spindel, tanze</l><lb/> <l>Fäden, feine, ganze!</l><lb/> <l>Wirtel mit Geſumm</l><lb/> <l>Wirble um und um!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Leiſe rauſcht's im Riede</l><lb/> <l>Mir zum Spinnerliede,</l><lb/> <l>Flüſtert Zauberſang</l><lb/> <l>Mir zum Spindelklang.“</l><lb/> </lg> </lg> <p>Dazu hörte man die Welle unter dem hohlen<lb/> Bau an den Pfählen plätſchern und den Abendwind<lb/> raſchelnd durch den nahen Uferſchilf wehen: eine Be¬<lb/> gleitung, die gar wohl zu dem geiſterhaften Geſange<lb/> ſtimmte.</p><lb/> <p>Ein friſcherer, hellerer Klang, von ferne her ver¬<lb/> nehmbar, unterbrach dieſe düſtere Muſik. Es war<lb/> ein Jodeln, ganz daſſelbe Spiel wechſelnder ſtarker Fiſtel¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0143]
in eintöniger Weiſe — man kann es kaum Melodie
nennen, es iſt nur wie ein dumpfes Murmeln — ein
dunkles, uraltes Lied.
„Helft mir ſpinnen, ſpinnen,
Heil'ge Spinnerinnen,
Die ihr ſchwebt im Schilf!
Selinura, hilf!
Faden kam geronnen,
Haſt die Welt geſponnen,
Du und deine Feen,
Geiſter in den Seen!
Tanze, Spindel, tanze
Fäden, feine, ganze!
Wirtel mit Geſumm
Wirble um und um!
Leiſe rauſcht's im Riede
Mir zum Spinnerliede,
Flüſtert Zauberſang
Mir zum Spindelklang.“
Dazu hörte man die Welle unter dem hohlen
Bau an den Pfählen plätſchern und den Abendwind
raſchelnd durch den nahen Uferſchilf wehen: eine Be¬
gleitung, die gar wohl zu dem geiſterhaften Geſange
ſtimmte.
Ein friſcherer, hellerer Klang, von ferne her ver¬
nehmbar, unterbrach dieſe düſtere Muſik. Es war
ein Jodeln, ganz daſſelbe Spiel wechſelnder ſtarker Fiſtel¬
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