wehmüthig die Hand und glaubte billig jetzt wenig¬ stens den Augenblick gekommen, daß wir einander uns endlich vorstellten. Ich griff nach meiner Brieftasche, um ihm meine Karte zu geben, und hoffte auf die seinige.
"Bitte, bitte," sagte er, "lassen wir's lieber! Kommt es Ihnen denn nicht auch hübsch vor, einmal im Leben nur Mensch zu Mensch?"
Ich verstand und darf sagen: mir that wohl, was ich entnahm. Eine feurige Freundschaftserklärung hätte mir so viel, so Schönes nicht gesagt. Von einem Andern geübt, hätte die Abwehr und Versagung alles Wissens um Stand und Namen gesucht und eitel er¬ scheinen können; hier wäre nur eine stumpfe Seele einer solchen Auffassung fähig gewesen.
"Aber wie bekommen?"
"Bitte um eine Chiffre und Wohnort." Ich schrieb und die Sache war abgemacht, worauf A. E. noch so weit auf sein Opus eingieng, daß er sich sehr lebhaft der Originalität seiner Erfindung annahm, ja dafür verwehrte, als hätte ich sie bezweifelt. Das Pfahldorf- und Steinzeitthema war damals in Kari¬ katur und Schrift schon zu mancherlei Scherzen ver¬ wendet worden. Mit einer Leidenschaft, als handelte es sich um einen wichtigen Ehrenpunkt, rief mein Freund -- so darf ich ihn nun nennen, nachdem er mir Menschenwerth ohne Rücksicht auf Namen und
wehmüthig die Hand und glaubte billig jetzt wenig¬ ſtens den Augenblick gekommen, daß wir einander uns endlich vorſtellten. Ich griff nach meiner Brieftaſche, um ihm meine Karte zu geben, und hoffte auf die ſeinige.
„Bitte, bitte,“ ſagte er, „laſſen wir's lieber! Kommt es Ihnen denn nicht auch hübſch vor, einmal im Leben nur Menſch zu Menſch?“
Ich verſtand und darf ſagen: mir that wohl, was ich entnahm. Eine feurige Freundſchaftserklärung hätte mir ſo viel, ſo Schönes nicht geſagt. Von einem Andern geübt, hätte die Abwehr und Verſagung alles Wiſſens um Stand und Namen geſucht und eitel er¬ ſcheinen können; hier wäre nur eine ſtumpfe Seele einer ſolchen Auffaſſung fähig geweſen.
„Aber wie bekommen?“
„Bitte um eine Chiffre und Wohnort.“ Ich ſchrieb und die Sache war abgemacht, worauf A. E. noch ſo weit auf ſein Opus eingieng, daß er ſich ſehr lebhaft der Originalität ſeiner Erfindung annahm, ja dafür verwehrte, als hätte ich ſie bezweifelt. Das Pfahldorf- und Steinzeitthema war damals in Kari¬ katur und Schrift ſchon zu mancherlei Scherzen ver¬ wendet worden. Mit einer Leidenſchaft, als handelte es ſich um einen wichtigen Ehrenpunkt, rief mein Freund — ſo darf ich ihn nun nennen, nachdem er mir Menſchenwerth ohne Rückſicht auf Namen und
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wehmüthig die Hand und glaubte billig jetzt wenig¬
ſtens den Augenblick gekommen, daß wir einander uns
endlich vorſtellten. Ich griff nach meiner Brieftaſche,
um ihm meine Karte zu geben, und hoffte auf die
ſeinige.
„Bitte, bitte,“ ſagte er, „laſſen wir's lieber!
Kommt es Ihnen denn nicht auch hübſch vor, einmal
im Leben nur Menſch zu Menſch?“
Ich verſtand und darf ſagen: mir that wohl, was
ich entnahm. Eine feurige Freundſchaftserklärung hätte
mir ſo viel, ſo Schönes nicht geſagt. Von einem
Andern geübt, hätte die Abwehr und Verſagung alles
Wiſſens um Stand und Namen geſucht und eitel er¬
ſcheinen können; hier wäre nur eine ſtumpfe Seele
einer ſolchen Auffaſſung fähig geweſen.
„Aber wie bekommen?“
„Bitte um eine Chiffre und Wohnort.“ Ich
ſchrieb und die Sache war abgemacht, worauf A. E.
noch ſo weit auf ſein Opus eingieng, daß er ſich ſehr
lebhaft der Originalität ſeiner Erfindung annahm, ja
dafür verwehrte, als hätte ich ſie bezweifelt. Das
Pfahldorf- und Steinzeitthema war damals in Kari¬
katur und Schrift ſchon zu mancherlei Scherzen ver¬
wendet worden. Mit einer Leidenſchaft, als handelte
es ſich um einen wichtigen Ehrenpunkt, rief mein
Freund — ſo darf ich ihn nun nennen, nachdem er
mir Menſchenwerth ohne Rückſicht auf Namen und
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/123>, abgerufen am 04.12.2024.
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