Wir waren beim Nachtisch angekommen und bei den aufgetragenen Früchten erinnerte sich A. E. des ver¬ kohlten Obstes, das er kürzlich unter den Funden aus der Pfahldorfzeit gesehen hatte, welche in besonders reicher Sammlung die Stadt Zürich bewahrt; wir sprachen vom Kulturzustande der Steinperiode, wie er sich aus den Resten ergibt, die man nicht lang vorher in überraschender Menge da und dort im Grunde des Bodensees und der Schweizerseen ausgegraben hatte, von den Fortschritten der Technik, die doch schon ge¬ macht waren, als das Metall noch unbekannt war, von Ackerbau, Brod, Webekunst, Schnitz- und Töpfer¬ arbeit. Der Wirth hatte auf unser Gespräch gemerkt und sagte: "Ich hab' so etwas, ich bringe Ihnen zum Nachtisch ein extrafeines Messer." Wirklich er¬ schien mit den Dessertbrocken ein derber Meißel aus Nephrit, sehr geschickt in einen Hirschhorngriff ein¬ gefügt, einer der werthvolleren Funde, da man begreiflicherweise Klinge und Griff selten mehr ver¬ einigt findet; A. E., der auf das Thema mit lebhaftem Interesse eingegangen war, zeigte große Freude an dem Geräth und der Wirth ließ es sich abkaufen.
"Ich kann es gut für meine Novelle brauchen," sagte er, als der Verkäufer aus der Thüre war.
Er schien einen Moment in Verlegenheit, daß ihm das Wort entflogen, ergab sich aber schnell in das
Wir waren beim Nachtiſch angekommen und bei den aufgetragenen Früchten erinnerte ſich A. E. des ver¬ kohlten Obſtes, das er kürzlich unter den Funden aus der Pfahldorfzeit geſehen hatte, welche in beſonders reicher Sammlung die Stadt Zürich bewahrt; wir ſprachen vom Kulturzuſtande der Steinperiode, wie er ſich aus den Reſten ergibt, die man nicht lang vorher in überraſchender Menge da und dort im Grunde des Bodenſees und der Schweizerſeen ausgegraben hatte, von den Fortſchritten der Technik, die doch ſchon ge¬ macht waren, als das Metall noch unbekannt war, von Ackerbau, Brod, Webekunſt, Schnitz- und Töpfer¬ arbeit. Der Wirth hatte auf unſer Geſpräch gemerkt und ſagte: „Ich hab' ſo etwas, ich bringe Ihnen zum Nachtiſch ein extrafeines Meſſer.“ Wirklich er¬ ſchien mit den Deſſertbrocken ein derber Meißel aus Nephrit, ſehr geſchickt in einen Hirſchhorngriff ein¬ gefügt, einer der werthvolleren Funde, da man begreiflicherweiſe Klinge und Griff ſelten mehr ver¬ einigt findet; A. E., der auf das Thema mit lebhaftem Intereſſe eingegangen war, zeigte große Freude an dem Geräth und der Wirth ließ es ſich abkaufen.
„Ich kann es gut für meine Novelle brauchen,“ ſagte er, als der Verkäufer aus der Thüre war.
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Wir waren beim Nachtiſch angekommen und bei
den aufgetragenen Früchten erinnerte ſich A. E. des ver¬
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der Pfahldorfzeit geſehen hatte, welche in beſonders
reicher Sammlung die Stadt Zürich bewahrt; wir
ſprachen vom Kulturzuſtande der Steinperiode, wie er
ſich aus den Reſten ergibt, die man nicht lang vorher
in überraſchender Menge da und dort im Grunde des
Bodenſees und der Schweizerſeen ausgegraben hatte,
von den Fortſchritten der Technik, die doch ſchon ge¬
macht waren, als das Metall noch unbekannt war,
von Ackerbau, Brod, Webekunſt, Schnitz- und Töpfer¬
arbeit. Der Wirth hatte auf unſer Geſpräch gemerkt
und ſagte: „Ich hab' ſo etwas, ich bringe Ihnen
zum Nachtiſch ein extrafeines Meſſer.“ Wirklich er¬
ſchien mit den Deſſertbrocken ein derber Meißel aus
Nephrit, ſehr geſchickt in einen Hirſchhorngriff ein¬
gefügt, einer der werthvolleren Funde, da man
begreiflicherweiſe Klinge und Griff ſelten mehr ver¬
einigt findet; A. E., der auf das Thema mit
lebhaftem Intereſſe eingegangen war, zeigte große
Freude an dem Geräth und der Wirth ließ es ſich
abkaufen.
„Ich kann es gut für meine Novelle brauchen,“
ſagte er, als der Verkäufer aus der Thüre war.
Er ſchien einen Moment in Verlegenheit, daß ihm
das Wort entflogen, ergab ſich aber ſchnell in das
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/118>, abgerufen am 04.12.2024.
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