Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.
auszudrücken. Freilich kann die Umgebung wegfallen und z. B. Gold- §. 662. 1. Das hünstlerische Verfahren der Malerei zerfällt in eine bedeuten- 1. Auch das Verfahren der Bildnerkunst zerfällt in mehrere Momente:
auszudrücken. Freilich kann die Umgebung wegfallen und z. B. Gold- §. 662. 1. Das hünſtleriſche Verfahren der Malerei zerfällt in eine bedeuten- 1. Auch das Verfahren der Bildnerkunſt zerfällt in mehrere Momente: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0054" n="546"/> auszudrücken. Freilich kann die Umgebung wegfallen und z. B. Gold-<lb/> grund an ihre Stelle treten wie bei jenen coloſſalen Chriſtusbildern in<lb/> den Tribunen der Baſiliken; allein auch da iſt nicht an Größenverhältniſſe<lb/> zu denken, wie die der Coloſſalbilder aus Phidias Hand. Rieſen-Ge-<lb/> mälde wie jenes 120 Fuß hohe Bildniß des Nero in Rom ſind keine<lb/> Kunſtwerke mehr, ſondern prahleriſche Kunſtſtücke wie die Extreme des<lb/> Kleinen, ja ſie ſind werthloſer, als dieſe; ein Miniaturmaler iſt immer<lb/> noch weit mehr eigentlicher Künſtler, als ein fauſtfertiger Großmaler, und<lb/> da das Kleine der Malerei natürlich iſt, ſo ſteht er umgekehrt, wenn<lb/> wir wieder nach der Plaſtik zurückſehen, auch über dem Bildner, der<lb/><hi rendition="#g">blos</hi> ſehr Kleines hervorbringt; geht es aber bis zu einem äußerſt<lb/> Kleinen herunter, ſo hört die Selbſtändigkeit des Werkes auf, es kann nur<lb/> an Sachen der kleinen Tektonik angebracht werden und wir befinden uns<lb/> im Gebiete der Zierkunſt.</hi> </p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 662.</head><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#b">1.</hi> </note> <p> <hi rendition="#fr">Das <hi rendition="#g">hünſtleriſche Verfahren</hi> der Malerei zerfällt in eine bedeuten-<lb/> dere Reihe von Momenten, als das der andern bildenden Künſte. Das erſte der-<lb/> ſelben, die <hi rendition="#g">Zeichnung</hi>, hat es nur mit der feſten Form zu thun, deren Schein<lb/> ſie durch den Umriß auf die Fläche zieht (§. 649). Sie iſt das <hi rendition="#g">plaſtiſche</hi><lb/> Moment in dieſer Kunſt und die Bildung des Malers als Zeichners hat von<lb/> denſelben Uebungen und Kenntniſſen auszugehen wie die des Bildners. Ohne<lb/> den feſten Halt ihres Bandes verliert ſich die Malerei in das <hi rendition="#g">Muſikaliſche</hi>.<lb/> Sie entwickelt in der Beſtimmtheit und Reinheit ihrer Ausbildung ihre eigene<lb/><note place="left">2.</note>Schönheit und an ſie ſchließt ſich das <hi rendition="#g">Prinzip der directen Idealiſirung</hi>,<lb/> wie ſolches gegenüber dem entgegengeſetzten, das in der Malerei die Herrſchaft<lb/> erlangt hat, ſich noch immer geltend machen berechtigt iſt (vergl. §. 657).</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Auch das Verfahren der Bildnerkunſt zerfällt in mehrere Momente:<lb/> ſie ſtellt zuerſt das Modell her und ſpaltet dann die Ausführung in einen<lb/> gröberen, dem bloßen Techniker anheimfallenden, und einen feineren, vom<lb/> Künſtler ſelbſt zu übernehmenden Theil; die Malerei aber erweist ſich<lb/> als eine geiſtig vermitteltere Kunſt, die Reihe von Acten, die ihr Ver-<lb/> fahren durchläuft, iſt reicher, denn ſie enthält Solches, was vorher das<lb/> Prinzip einer ganzen Kunſt bildete, als bloßes Moment in ſich: ſie ſetzt<lb/> die Plaſtik voraus und nimmt ihre Seele, des Körpers entkleidet, in ſich<lb/> auf, um ihr im weiteren Fortgang ein neues Kleid in anderem Sinne<lb/> zu geben; daher behält hier, wie ſchon hervorgehoben iſt, der Künſtler<lb/> Alles in der Hand und verſchmelzt zwei vorausgehende Momente im<lb/> dritten zum vollen Kunſtganzen. Das erſte dieſer Momente, die Zeich-<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [546/0054]
auszudrücken. Freilich kann die Umgebung wegfallen und z. B. Gold-
grund an ihre Stelle treten wie bei jenen coloſſalen Chriſtusbildern in
den Tribunen der Baſiliken; allein auch da iſt nicht an Größenverhältniſſe
zu denken, wie die der Coloſſalbilder aus Phidias Hand. Rieſen-Ge-
mälde wie jenes 120 Fuß hohe Bildniß des Nero in Rom ſind keine
Kunſtwerke mehr, ſondern prahleriſche Kunſtſtücke wie die Extreme des
Kleinen, ja ſie ſind werthloſer, als dieſe; ein Miniaturmaler iſt immer
noch weit mehr eigentlicher Künſtler, als ein fauſtfertiger Großmaler, und
da das Kleine der Malerei natürlich iſt, ſo ſteht er umgekehrt, wenn
wir wieder nach der Plaſtik zurückſehen, auch über dem Bildner, der
blos ſehr Kleines hervorbringt; geht es aber bis zu einem äußerſt
Kleinen herunter, ſo hört die Selbſtändigkeit des Werkes auf, es kann nur
an Sachen der kleinen Tektonik angebracht werden und wir befinden uns
im Gebiete der Zierkunſt.
§. 662.
Das hünſtleriſche Verfahren der Malerei zerfällt in eine bedeuten-
dere Reihe von Momenten, als das der andern bildenden Künſte. Das erſte der-
ſelben, die Zeichnung, hat es nur mit der feſten Form zu thun, deren Schein
ſie durch den Umriß auf die Fläche zieht (§. 649). Sie iſt das plaſtiſche
Moment in dieſer Kunſt und die Bildung des Malers als Zeichners hat von
denſelben Uebungen und Kenntniſſen auszugehen wie die des Bildners. Ohne
den feſten Halt ihres Bandes verliert ſich die Malerei in das Muſikaliſche.
Sie entwickelt in der Beſtimmtheit und Reinheit ihrer Ausbildung ihre eigene
Schönheit und an ſie ſchließt ſich das Prinzip der directen Idealiſirung,
wie ſolches gegenüber dem entgegengeſetzten, das in der Malerei die Herrſchaft
erlangt hat, ſich noch immer geltend machen berechtigt iſt (vergl. §. 657).
1. Auch das Verfahren der Bildnerkunſt zerfällt in mehrere Momente:
ſie ſtellt zuerſt das Modell her und ſpaltet dann die Ausführung in einen
gröberen, dem bloßen Techniker anheimfallenden, und einen feineren, vom
Künſtler ſelbſt zu übernehmenden Theil; die Malerei aber erweist ſich
als eine geiſtig vermitteltere Kunſt, die Reihe von Acten, die ihr Ver-
fahren durchläuft, iſt reicher, denn ſie enthält Solches, was vorher das
Prinzip einer ganzen Kunſt bildete, als bloßes Moment in ſich: ſie ſetzt
die Plaſtik voraus und nimmt ihre Seele, des Körpers entkleidet, in ſich
auf, um ihr im weiteren Fortgang ein neues Kleid in anderem Sinne
zu geben; daher behält hier, wie ſchon hervorgehoben iſt, der Künſtler
Alles in der Hand und verſchmelzt zwei vorausgehende Momente im
dritten zum vollen Kunſtganzen. Das erſte dieſer Momente, die Zeich-
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