Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.
höhere Stoff, aller edlere Schwung der Form war ihnen durch die Nach- §. 737. Das eigentlich Moderne tritt ein mit der grundsätzlichen Erhebung der 49*
höhere Stoff, aller edlere Schwung der Form war ihnen durch die Nach- §. 737. Das eigentlich Moderne tritt ein mit der grundſätzlichen Erhebung der 49*
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höhere Stoff, aller edlere Schwung der Form war ihnen durch die Nach-
ahmer der Italiener in ſo lügneriſcher Geſtalt entgegengetreten, hieng
ſo innig mit der Welt des romaniſchen Geiſtes zuſammen, mit der ſie
auch im bitteren Ernſte ſo eben auf Leben und Tod gekämpft hatten, daß
ſie Alles, was dahin zeigte, ſchlechthin von ſich ausſtießen. Man nannte
und nennt noch jetzt häufig dieſen Rückzug auf das Stück Welt, dem der
maleriſche Styl in ſeiner abgeſchloſſenſten Eigenheit allein entſprach, ein
Ausblühen, ein Ende. Das iſt er auch nach der einen Seite ſo wie das
ähnliche Herabſteigen zu dem Realen das Ende der antiken Kunſt war.
Allein als abſteigende Linie ſtellt ſich dieſer Gang nur dar, wenn man
ihn vom Gipfel des Olymp überblickt; bedenkt man dagegen, daß an die
Stelle des Olymp jene höheren Zweige rein menſchlich wunderloſen In-
halts treten ſollten, ſo iſt dieſe Erſcheinung Anfang, gewonnener feſter
Boden, Baſis, Vorſtudie und die Linie führt von ihr zu einem neuen
Gipfel. Hier iſt denn die Stelle, wo ſich der Schlußſatz des §. 715 ge-
ſchichtlich bewährt. Durch ihre Beſchränkung haben die Holländer ein
ſchmales, aber ſicheres Stück Feſtland für die Zukunft gerettet aus den wachſen-
den Wogen des nun immer ſtärker andringenden falſchen, dem Stoff nach
allegoriſchen, dem Styl nach theatraliſch antikiſirenden Idealiſmus. „Lediglich
die Zerklüftung der Malerei in getrennte Fächer ſicherte in jenen Zeiten der
allgemeinen Zerrüttung dem Realiſmus in der Landſchaft und im Genre ein
Aſyl“ (Teichlein a. a. O. S. 35). Wenn wir übrigens hier von einem im
engſten Sinne maleriſchen Style reden, ſo darf doch nicht wieder an die
Mängel des älteren deutſchen gedacht werden. So viel, als ſie für ihre
Sphäre, für das gemüthliche Genre und die Stimmungs-Landſchaft brauchen,
haben ſich die Holländer aus der Bildungsſumme der Zeit, worin das
plaſtiſch Italieniſche doch ein gemeinſchaftliches Haupt-Capital war, aller-
dings längſt angeeignet; die Formenwelt, die ſie geben, verſtehen ſie voll-
ſtändig wie die Brillantenwelt der entſprechenden Farbe. — Weiter gehen
wir nicht ein; die Lehre von den Zweigen hat das Wichtigſte beſprochen,
die einzelnen Meiſter zu charakteriſiren würde uns hier doch der Raum nicht
geſtatten.
§. 737.
Das eigentlich Moderne tritt ein mit der grundſätzlichen Erhebung der
antiken Form zur Muſtergebenden Regel, d. h. dem Claſſiciſmus, und den
hieraus erwachſenden Kämpfen. Trotz der völligen Verkennung des ächt Ma-
leriſchen iſt dieſer Durchgang den nordiſchen Völkern nothwendig. In erſter,
abſtracter Weiſe übernimmt die franzöſiſche Kunſt die Einführung dieſes
Prinzips. Im Rückſchlage gegen die Entartung eines früheren, ſchon an ſich
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