Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,2. Stuttgart, 1853.
kleinem Maaßstabe die griechische Künstlerhand den ganzen Stoff der Sage, Vischer's Aesthetik. 3. Band. 33
kleinem Maaßſtabe die griechiſche Künſtlerhand den ganzen Stoff der Sage, Viſcher’s Aeſthetik. 3. Band. 33
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kleinem Maaßſtabe die griechiſche Künſtlerhand den ganzen Stoff der Sage,
Mythologie, Genre, Porträt in den herrlichſten Stylformen wie durch
einen unendlich verkleinernden Spiegel gebrochen und dieß niedliche ideale
Spiegelbild, leicht tragbar, daher den Menſchen auf Tritt und Schritt
begleitend auf die unmittelbarſte Wirklichkeit geworfen, ſo zu ſagen in
die engſte Ritze derſelben getrieben hat. Einem äußern Zweck enger ver-
ſchwiſtert bleibt dieſe kleinſte Plaſtik als Stempelſchneidekunſt, welche die
Münze zum Kunſtwerke bildet; obwohl der blos äußere Zweck auch hier
verſchwindet, wenn die Münze nicht Verkehrsmittel iſt, ſondern zum An-
denken an große Ereigniſſe, zur Ehre bedeutender Menſchen geprägt wird
(Medaillon). Wir haben den hohen Schwung, die Energie des Geprä-
ges, wodurch die griechiſche Kunſt, beſonders in Sicilien, auch auf dieſe
metalliſchen Flächen den verkleinerten Wiederſchein ihrer ſtylvollen Ideal-
welt gezaubert hat, bekanntlich nicht wieder erreicht. — Ganz frei von
unmittelbarer Anlehnung wird die Zierplaſtik in kleinen Figuren, die zum
Schmuck auf Schränke, Tiſche, kleine Conſolen aufgeſtellt werden; ſie
bleibt aber auch hier bloße Zierplaſtik, weil ſolche Dinge von Producten
der Zweckmäßigkeit zwar gelöst, aber doch nur zur Ausſchmückung der-
ſelben in beliebiger Aufſtellung beſtimmt, daher auch klein, beweglich,
portativ ſind. Allerdings beginnt die Zierplaſtik, wie zu §. 609 geſagt
iſt, eigentlich ſchon da, wo das Werk die natürliche Größe nicht über-
ſteigt oder auch nur mäßig unter ſie herabgeht, allein wenn die Kunſt
einmal die ſchwungvolleren Größen-Verhältniſſe aufgibt, da beeilt ſie ſich
lieber, durch völlige Kleinheit des Maaßſtabs zu zeigen, daß hier nicht
monumentaler Boden iſt. Bei dieſem Kleinwerk iſt der Künſtler eben-
falls berechtigt, den Werth des Materials ganz weſentlich mitwirken zu
laſſen, da in allem nur Anhängenden ſolche Rückſicht ihr gutes Recht
hat: edle Metalle, Elfenbein, edle Hölzer mögen durch Glanz und Farbe
das Auge reizen und erfreuen. Daneben darf die Kunſt hier füglich auch
als Kunſtſtück auftreten, nur fordern wir, daß ſie zugleich Kunſt bleibe
und Styl zeige. Auch dieß verſtand Niemand mehr, als die Griechen,
die in der ſog. Mikrotechnik bis dahin gingen, daß ſie Viergeſpanne
bildeten, die eine Fliege bedecken konnte und die doch in Formen plaſtiſch
ſchön waren, wie jene mikroſkopiſchen Gemmenbilder. In neuerer Zeit
hat ſich die Rokoko-Periode, deren Manier in dieſem Gebiete noch am
gefälligſten iſt, ſehr fruchtbar in Zierfiguren erwieſen, namentlich im Ko-
miſchen viel Niedliches und Ergötzliches hervorgebracht. Natürlich darf
in der Zierplaſtik das Komiſche ſich freier entfeſſeln, ſatyriſch als Cari-
catur auftreten und ſo das Moment in Wirkung ſetzen, das in §. 547
als Grund der Aufſtellung eines beſondern Zweigs ausgeſprochen iſt;
allein zu einem eigentlichen Zweige darf es die Bildnerkunſt auch hier
Viſcher’s Aeſthetik. 3. Band. 33
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