Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
getreten. Das Extrem der abstracten Ruhe in sich nämlich, Phlegma und 2. Tracht: im glühenden Strahle der Sonne werden die Kleider Vischer's Aesthetik 2. Band. 15
getreten. Das Extrem der abſtracten Ruhe in ſich nämlich, Phlegma und 2. Tracht: im glühenden Strahle der Sonne werden die Kleider Viſcher’s Aeſthetik 2. Band. 15
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getreten. Das Extrem der abſtracten Ruhe in ſich nämlich, Phlegma und
Melancholie, das hier mit dem Extreme des Sturzes in Naturtaumel,
ſanguiniſchen Leichtſinn und choleriſchen Eroberungsdrang widerſpruchsvoll
zuſammengebunden iſt, geht nicht zur Negativität des Subject und Object
wirklich trennenden Gedankens fort. Brama, Zeruane Akerene, Ammon,
Allah ſind höchſte Einheiten des Gedankens, aber doch dunkel vor-
geſtellter, ſinnlich berauſchender Abgrund, Nacht der Subſtanz, und das
Subject verſenkt ſich hier in der Form der Ruhe ebenſo in das Natur-
ganze, wie es in der Form der Erregung ein All der Genüſſe verſchlingen,
eine Welt zertrümmern möchte. Das Subject ſucht ſich in beiden Formen
und findet ſich in keiner, es ſoll ſich erſt finden, aber ohne ſich vom Bande
der Natur loszuſagen. Selbſt Jehovah iſt noch Naturgott, lohende, das
Subject zurückſchreckende Flamme. Eigentliche Philoſophie hat kein
orientaliſches Volk gehabt; das höchſte Denken dieſer Völker war geheim-
nißvoll nicht nur als verſchloſſener Schatz der Prieſter, ſondern für dieſe
ſelbſt. Im andern Extrem aber iſt wilder Taumel, ſchamloſer Tanz, freche
Wolluſt, Päderaſtie und Sodomiterei, blutige Grauſamkeit und, wo die Wuth
nicht weiter kann, Selbſtentmannung, Selbſtmord von der Religion geheiligt.
2. Tracht: im glühenden Strahle der Sonne werden die Kleider
weggeworfen, die ägyptiſchen Statuen ſind oft nur mit einer Schürze
begleitet; daneben überladene Pracht, die reichen Kopfbedeckungen, Mitren,
Tiaren, phrygiſche Mützen, Turban, Verhüllung der Beine in weite Hoſen,
koſtbare Shawle, Purpur, bunt gedruckte und gewirkte, geſtreifte, geſtirnte
Stoffe aller Art, Seide, Perlen, Korallen, Diamanten, Gold und Silber,
Elfenbein, koſtbare Ohrgehänge, Spangen, Ringe, Gürtel, Schärpen,
Fächer, Sonnenſchirme, Fliegenwedel von Straußfedern, Pfauenfedern,
prachtvolle Arbeit der Waffenſchmiede an Helmen, Panzerhemden, gebogenen
Schwertern, Dolchen, Jatakanen u. ſ. w. Reich, bunt, prachtvoll alle
Geräthe, Reitzeug, Pferdegeſchirr, Eß- und Trinkgefäſſe, Schmuck der
Wohnungen an Teppichen, Franzen, üppigen Polſtern, duftenden Hölzern,
eingelegter Arbeit, Schnitzwerk u. ſ. w. Roſenöl, wohlriechende Waſſer
aller Art. Prachtvolle Gärten. In Speiſe und Trank große Enthalt-
ſamkeit, dann Berauſchung und Leckerbiſſen, Gewürze, Opium. Von allen
dieſen Dingen geben die Formen des Orients noch heute ein treues Bild;
namentlich lieben die jetzigen Orientalen das Geſtickte und Verſchnürte in
der Kleidung (was von ihnen zu den Neugriechen, Ungarn, Spaniern
übergegangen iſt). Der Krieg iſt ohne Disciplin, wilder Angriff unter
barbariſchem Geſchrei und ſchneller Rückzug, Umſchwärmen verworrener
Reiterhorden, Eindringen mit maſſenhaften Mitteln, Elephanten, Sichel-
wagen, ſchonungslos, höchſt grauſam gegen den Ueberwundenen: Hände-
und Köpfe-Abhauen, lebendig Braten, Kreuzigen u. ſ. w.
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