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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Quergestreifte Muskeln.
und man ist um so mehr geneigt gewesen, das ganze Primi-
tivbündel als aus einer einzigen Zelle hervorgegangen anzu-
sehen, als nach der Ansicht, welche man früher hatte, innerhalb
eines jeden Muskels die einzelnen Primitivbündel von der einen
Insertionsstelle bis zur anderen reichen sollten, diese also
so lang gedacht wurden, als der Muskel selbst. Letztere An-
nahme ist aber durch Untersuchungen, welche unter Brücke's
Leitung in Wien durch Rollet angestellt wurden, erschüttert
worden, indem dieser nachwies, dass im Verlaufe der Mus-
keln sich Enden der Primitivbündel mit zulaufenden Spitzen
finden, so dass das Muskelprimitivbündel sich verhalten würde,
wie eine grosse Faserzelle. Diese Enden würden sich in ein-
ander schieben, und es würde demnach keineswegs die Länge
eines Primitiv-Bündels der ganzen Ausdehnung des Muskels
entsprechen.

Auf der anderen Seite muss ich hervorheben, dass gerade
in der letzten Zeit von verschiedenen Seiten Beobachtungen ge-
macht worden sind, welche eher geeignet sind, die einzellige
Natur dieser Elemente in Zweifel zu ziehen. Leydig betrach-
tet sie als vielmehr zusammengesetzt aus einer Reihe von zel-

[Abbildung] Fig. 24.
ligen Elementen kleinerer Art,
indem jeder Kern in einer be-
sonderen langgestreckten Lücke
eingeschlossen sei, zwischen
denen sich die contractile Sub-
stanz des Bündels befinden
würde. Es handelt sich, so
bald diese letzte Zusammen-
[Abbildung] Fig. 24.

Muskelelemente aus dem Herzfleische einer Puerpera.
A. Eigenthümliche, den Faserzellen der Milzpulpe ganz ähnliche Spindel-
zellen, wahrscheinlich dem Sarcolemma angehörig, bei dem Zerzupfen des
Präparates frei geworden. a. halbmondförmig gekrümmte, an einem Ende
etwas platte Zelle, von der Fläche gesehen. b. eine ähnliche, von der
Seite gesehen, der Kern platt. c. d. Zellen, deren Kerne in einer herniö-
sen Ausbuchtung der Membran liegen; e. eine ähnliche Zelle, von der
Fläche gesehen, der Kern wie aufgelagert. B. Ein Primitivbündel ohne
Hülle (Sarcolemma) mit deutlichen Längsfibrillen und grossen rundlichen
Kernen, von denen einer zwei Kernkörperchen enthält (beginnende Theilung).
C. Ein Primitivbündel, zerzupft und leicht durch Essigsäure gelichtet;
ausser einem getheilten Kerne sieht man zwischen den Längsfibrillen feine
pfriemenförmige, kernartige Körper eingelagert. -- Vergrösserung 300.

Quergestreifte Muskeln.
und man ist um so mehr geneigt gewesen, das ganze Primi-
tivbündel als aus einer einzigen Zelle hervorgegangen anzu-
sehen, als nach der Ansicht, welche man früher hatte, innerhalb
eines jeden Muskels die einzelnen Primitivbündel von der einen
Insertionsstelle bis zur anderen reichen sollten, diese also
so lang gedacht wurden, als der Muskel selbst. Letztere An-
nahme ist aber durch Untersuchungen, welche unter Brücke’s
Leitung in Wien durch Rollet angestellt wurden, erschüttert
worden, indem dieser nachwies, dass im Verlaufe der Mus-
keln sich Enden der Primitivbündel mit zulaufenden Spitzen
finden, so dass das Muskelprimitivbündel sich verhalten würde,
wie eine grosse Faserzelle. Diese Enden würden sich in ein-
ander schieben, und es würde demnach keineswegs die Länge
eines Primitiv-Bündels der ganzen Ausdehnung des Muskels
entsprechen.

Auf der anderen Seite muss ich hervorheben, dass gerade
in der letzten Zeit von verschiedenen Seiten Beobachtungen ge-
macht worden sind, welche eher geeignet sind, die einzellige
Natur dieser Elemente in Zweifel zu ziehen. Leydig betrach-
tet sie als vielmehr zusammengesetzt aus einer Reihe von zel-

[Abbildung] Fig. 24.
ligen Elementen kleinerer Art,
indem jeder Kern in einer be-
sonderen langgestreckten Lücke
eingeschlossen sei, zwischen
denen sich die contractile Sub-
stanz des Bündels befinden
würde. Es handelt sich, so
bald diese letzte Zusammen-
[Abbildung] Fig. 24.

Muskelelemente aus dem Herzfleische einer Puerpera.
A. Eigenthümliche, den Faserzellen der Milzpulpe ganz ähnliche Spindel-
zellen, wahrscheinlich dem Sarcolemma angehörig, bei dem Zerzupfen des
Präparates frei geworden. a. halbmondförmig gekrümmte, an einem Ende
etwas platte Zelle, von der Fläche gesehen. b. eine ähnliche, von der
Seite gesehen, der Kern platt. c. d. Zellen, deren Kerne in einer herniö-
sen Ausbuchtung der Membran liegen; e. eine ähnliche Zelle, von der
Fläche gesehen, der Kern wie aufgelagert. B. Ein Primitivbündel ohne
Hülle (Sarcolemma) mit deutlichen Längsfibrillen und grossen rundlichen
Kernen, von denen einer zwei Kernkörperchen enthält (beginnende Theilung).
C. Ein Primitivbündel, zerzupft und leicht durch Essigsäure gelichtet;
ausser einem getheilten Kerne sieht man zwischen den Längsfibrillen feine
pfriemenförmige, kernartige Körper eingelagert. — Vergrösserung 300.

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[47/0069] Quergestreifte Muskeln. und man ist um so mehr geneigt gewesen, das ganze Primi- tivbündel als aus einer einzigen Zelle hervorgegangen anzu- sehen, als nach der Ansicht, welche man früher hatte, innerhalb eines jeden Muskels die einzelnen Primitivbündel von der einen Insertionsstelle bis zur anderen reichen sollten, diese also so lang gedacht wurden, als der Muskel selbst. Letztere An- nahme ist aber durch Untersuchungen, welche unter Brücke’s Leitung in Wien durch Rollet angestellt wurden, erschüttert worden, indem dieser nachwies, dass im Verlaufe der Mus- keln sich Enden der Primitivbündel mit zulaufenden Spitzen finden, so dass das Muskelprimitivbündel sich verhalten würde, wie eine grosse Faserzelle. Diese Enden würden sich in ein- ander schieben, und es würde demnach keineswegs die Länge eines Primitiv-Bündels der ganzen Ausdehnung des Muskels entsprechen. Auf der anderen Seite muss ich hervorheben, dass gerade in der letzten Zeit von verschiedenen Seiten Beobachtungen ge- macht worden sind, welche eher geeignet sind, die einzellige Natur dieser Elemente in Zweifel zu ziehen. Leydig betrach- tet sie als vielmehr zusammengesetzt aus einer Reihe von zel- [Abbildung Fig. 24.] ligen Elementen kleinerer Art, indem jeder Kern in einer be- sonderen langgestreckten Lücke eingeschlossen sei, zwischen denen sich die contractile Sub- stanz des Bündels befinden würde. Es handelt sich, so bald diese letzte Zusammen- [Abbildung Fig. 24. Muskelelemente aus dem Herzfleische einer Puerpera. A. Eigenthümliche, den Faserzellen der Milzpulpe ganz ähnliche Spindel- zellen, wahrscheinlich dem Sarcolemma angehörig, bei dem Zerzupfen des Präparates frei geworden. a. halbmondförmig gekrümmte, an einem Ende etwas platte Zelle, von der Fläche gesehen. b. eine ähnliche, von der Seite gesehen, der Kern platt. c. d. Zellen, deren Kerne in einer herniö- sen Ausbuchtung der Membran liegen; e. eine ähnliche Zelle, von der Fläche gesehen, der Kern wie aufgelagert. B. Ein Primitivbündel ohne Hülle (Sarcolemma) mit deutlichen Längsfibrillen und grossen rundlichen Kernen, von denen einer zwei Kernkörperchen enthält (beginnende Theilung). C. Ein Primitivbündel, zerzupft und leicht durch Essigsäure gelichtet; ausser einem getheilten Kerne sieht man zwischen den Längsfibrillen feine pfriemenförmige, kernartige Körper eingelagert. — Vergrösserung 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/69>, abgerufen am 24.11.2024.