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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Caries.
man Lücken, welche hier und da zusammenfliessen und Gru-
ben darstellen. Das Knochenkörperchen, welches früher an
der Stelle der Grube lag, hat in dem Maasse, als es sich
selbst transformirte, auch die Umgebung bestimmt, in die Ver-
änderung einzugehen. Das sind die Vorgänge, ohne die man
die Geschichte der Caries gar nicht begreifen kann. Die
ganze Caries beruht eben darin, dass der Knochen sich in
seine Territorien auflöst, dass die einzelnen Elemente in neue
Entwickelung gerathen, und dass die Reste von alter Grund-
substanz als kleine, dünne Scherben in der weichen Substanz
liegen bleiben. Ich habe dies erst heute an einem Amputa-
tionsstumpfe verfolgt, an dem sich 14 Tage nach der Opera-
tion eine Periostitis mit leichter Eiterung und Anfang von
Caries peripherica fand. Wenn man in einem solchen Falle
das verdickte Periost abzieht, so sieht man in dem Moment,
wo das Periost sich von der Oberfläche entfernt und die Ge-
fässe sich aus der Knochenrinde hervorziehen, nicht, wie bei
einem normalen Knochen, einfache Fäden, sondern einen klei-
nen Zapfen, eine dickere Masse; hat man sie ganz herausge-
zogen, so bleibt ein unverhältnissmässig grosses Loch zurück,
viel umfangreicher als unter normalen Verhältnissen. Unter-
suchen Sie den Zapfen, so finden Sie, dass um das Gefäss
herum eine gewisse Quantität von weichem Gewebe liegt,
dessen zellige Elemente sich in der fettigen Degeneration be-
finden. An den Stellen, wo das Gefäss herausgezogen ist,
erscheint die Oberfläche nicht eben, wie beim normalen Knochen,
sondern rauh und porös, und wenn Sie dieselben unter das
Microscop bringen, so bemerken Sie jene Ausbuchtungen, jene
eigenthümlichen Löcher, welche den einschmelzenden Knochen-
territorien zugehören. Fragen Sie also, auf welche Weise der
Knochen im Anfange der Caries porös wird, so kann man
sagen, dass er cariös wird, nicht indem sich Exsudate bilden,
denn dazu ist kein Raum vorhanden, da die Gefässe inner-
halb der Markcanäle (Fig. 32. 33.) ja unmittelbar die Tela ossea
berühren. Vielmehr schmilzt die Knochensubstanz innerhalb
der zelligen Territorien ein, es bilden sich Lücken, welche
zunächst gefüllt sind mit einer weichen Substanz, die ein
leicht streifiges Bindegewebe mit fettig degenerirten Zellen

Caries.
man Lücken, welche hier und da zusammenfliessen und Gru-
ben darstellen. Das Knochenkörperchen, welches früher an
der Stelle der Grube lag, hat in dem Maasse, als es sich
selbst transformirte, auch die Umgebung bestimmt, in die Ver-
änderung einzugehen. Das sind die Vorgänge, ohne die man
die Geschichte der Caries gar nicht begreifen kann. Die
ganze Caries beruht eben darin, dass der Knochen sich in
seine Territorien auflöst, dass die einzelnen Elemente in neue
Entwickelung gerathen, und dass die Reste von alter Grund-
substanz als kleine, dünne Scherben in der weichen Substanz
liegen bleiben. Ich habe dies erst heute an einem Amputa-
tionsstumpfe verfolgt, an dem sich 14 Tage nach der Opera-
tion eine Periostitis mit leichter Eiterung und Anfang von
Caries peripherica fand. Wenn man in einem solchen Falle
das verdickte Periost abzieht, so sieht man in dem Moment,
wo das Periost sich von der Oberfläche entfernt und die Ge-
fässe sich aus der Knochenrinde hervorziehen, nicht, wie bei
einem normalen Knochen, einfache Fäden, sondern einen klei-
nen Zapfen, eine dickere Masse; hat man sie ganz herausge-
zogen, so bleibt ein unverhältnissmässig grosses Loch zurück,
viel umfangreicher als unter normalen Verhältnissen. Unter-
suchen Sie den Zapfen, so finden Sie, dass um das Gefäss
herum eine gewisse Quantität von weichem Gewebe liegt,
dessen zellige Elemente sich in der fettigen Degeneration be-
finden. An den Stellen, wo das Gefäss herausgezogen ist,
erscheint die Oberfläche nicht eben, wie beim normalen Knochen,
sondern rauh und porös, und wenn Sie dieselben unter das
Microscop bringen, so bemerken Sie jene Ausbuchtungen, jene
eigenthümlichen Löcher, welche den einschmelzenden Knochen-
territorien zugehören. Fragen Sie also, auf welche Weise der
Knochen im Anfange der Caries porös wird, so kann man
sagen, dass er cariös wird, nicht indem sich Exsudate bilden,
denn dazu ist kein Raum vorhanden, da die Gefässe inner-
halb der Markcanäle (Fig. 32. 33.) ja unmittelbar die Tela ossea
berühren. Vielmehr schmilzt die Knochensubstanz innerhalb
der zelligen Territorien ein, es bilden sich Lücken, welche
zunächst gefüllt sind mit einer weichen Substanz, die ein
leicht streifiges Bindegewebe mit fettig degenerirten Zellen

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[373/0395] Caries. man Lücken, welche hier und da zusammenfliessen und Gru- ben darstellen. Das Knochenkörperchen, welches früher an der Stelle der Grube lag, hat in dem Maasse, als es sich selbst transformirte, auch die Umgebung bestimmt, in die Ver- änderung einzugehen. Das sind die Vorgänge, ohne die man die Geschichte der Caries gar nicht begreifen kann. Die ganze Caries beruht eben darin, dass der Knochen sich in seine Territorien auflöst, dass die einzelnen Elemente in neue Entwickelung gerathen, und dass die Reste von alter Grund- substanz als kleine, dünne Scherben in der weichen Substanz liegen bleiben. Ich habe dies erst heute an einem Amputa- tionsstumpfe verfolgt, an dem sich 14 Tage nach der Opera- tion eine Periostitis mit leichter Eiterung und Anfang von Caries peripherica fand. Wenn man in einem solchen Falle das verdickte Periost abzieht, so sieht man in dem Moment, wo das Periost sich von der Oberfläche entfernt und die Ge- fässe sich aus der Knochenrinde hervorziehen, nicht, wie bei einem normalen Knochen, einfache Fäden, sondern einen klei- nen Zapfen, eine dickere Masse; hat man sie ganz herausge- zogen, so bleibt ein unverhältnissmässig grosses Loch zurück, viel umfangreicher als unter normalen Verhältnissen. Unter- suchen Sie den Zapfen, so finden Sie, dass um das Gefäss herum eine gewisse Quantität von weichem Gewebe liegt, dessen zellige Elemente sich in der fettigen Degeneration be- finden. An den Stellen, wo das Gefäss herausgezogen ist, erscheint die Oberfläche nicht eben, wie beim normalen Knochen, sondern rauh und porös, und wenn Sie dieselben unter das Microscop bringen, so bemerken Sie jene Ausbuchtungen, jene eigenthümlichen Löcher, welche den einschmelzenden Knochen- territorien zugehören. Fragen Sie also, auf welche Weise der Knochen im Anfange der Caries porös wird, so kann man sagen, dass er cariös wird, nicht indem sich Exsudate bilden, denn dazu ist kein Raum vorhanden, da die Gefässe inner- halb der Markcanäle (Fig. 32. 33.) ja unmittelbar die Tela ossea berühren. Vielmehr schmilzt die Knochensubstanz innerhalb der zelligen Territorien ein, es bilden sich Lücken, welche zunächst gefüllt sind mit einer weichen Substanz, die ein leicht streifiges Bindegewebe mit fettig degenerirten Zellen

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/395>, abgerufen am 24.11.2024.