Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Fettige Metamorphose.
der Ausgangspunkt sind. Auf der anderen Seite müssen Sie
den grossen Unterschied von den nekrobiotischen Prozessen
der fettigen Degeneration erwägen, wobei die Elemente als
solche verschwinden.

Wir haben nun, meine Herren, diese dritte Reihe von fet-
tigen Zuständen genauer zu betrachten, nämlich die mit Auf-
lösung der Elemente zusammenfallenden, diejenigen, für welche
wir in der Secretion der Milch und des Hauttalges die eigent-
lichen Paradigmen aufgestellt haben. Dass diese beiden Se-
crete sich analog verhalten, erklärt sich einfach daraus, dass
die Milchdrüse eigentlich nichts weiter ist, als eine colossal
entwickelte und eigenthümlich gestaltete Anhäufung von Haut-
drüsen (Schmeer- oder Talgdrüsen). Der Entwickelung nach
stehen sich beide Reihen vollständig gleich. Beide gehen durch
eine progressive Wucherung aus den äusseren Epidermisschich-
ten hervor (S. 36. Fig. 18, A.) Ebendahin gehören auch die
Ohrenschmalzdrüsen und die grossen Achseldrüsen. In allen
diesen Fällen entsteht das Fett, welches den Hauptbestandtheil
der Milch, wenigstens für die äussere Erscheinung darstellt,
und welches den Schmeer liefert, im Innern von Epithelzellen,
welche allmählig zu Grunde gehen und das Fett frei machen,
während von den Zellen kaum etwas erhalten bleibt. Die
Talgdrüsen liegen gewöhnlich seitlich an den Haarbälgen in
einiger Tiefe unter der Oberfläche; wir finden hier eine Reihe
von kleinen Läppchen, in welche die Fortsetzung des Rete
Malpighii continuirlich fortgeht. Die Zellen derselben werden
grösser und reichlicher, so dass sie eine fast solide Erfüllung
der Drüsensäcke bilden. Alsdann scheidet sich in ihrem In-
nern das Fett zuerst in kleinen Partikeln aus, diese werden
bald grösser und nach kurzer Zeit sieht man schon nicht mehr
deutlich die einzelnen Zellen, sondern nur Zusammenhäufungen
grosser Tropfen, welche aus der Drüse in den Haarbalg her-
vortreten. Lösen wir die Drüse in eine Fläche auf, so würde
sich ihr Zellenlager darstellen wie Epidermis, nur dass die
ältesten Zellen nicht verhornen, sondern durch fettige Meta-
morphose zu Grunde gehen. Die Secretion ist eine rein epi-
theliale, wie die Samensecretion.


Fettige Metamorphose.
der Ausgangspunkt sind. Auf der anderen Seite müssen Sie
den grossen Unterschied von den nekrobiotischen Prozessen
der fettigen Degeneration erwägen, wobei die Elemente als
solche verschwinden.

Wir haben nun, meine Herren, diese dritte Reihe von fet-
tigen Zuständen genauer zu betrachten, nämlich die mit Auf-
lösung der Elemente zusammenfallenden, diejenigen, für welche
wir in der Secretion der Milch und des Hauttalges die eigent-
lichen Paradigmen aufgestellt haben. Dass diese beiden Se-
crete sich analog verhalten, erklärt sich einfach daraus, dass
die Milchdrüse eigentlich nichts weiter ist, als eine colossal
entwickelte und eigenthümlich gestaltete Anhäufung von Haut-
drüsen (Schmeer- oder Talgdrüsen). Der Entwickelung nach
stehen sich beide Reihen vollständig gleich. Beide gehen durch
eine progressive Wucherung aus den äusseren Epidermisschich-
ten hervor (S. 36. Fig. 18, A.) Ebendahin gehören auch die
Ohrenschmalzdrüsen und die grossen Achseldrüsen. In allen
diesen Fällen entsteht das Fett, welches den Hauptbestandtheil
der Milch, wenigstens für die äussere Erscheinung darstellt,
und welches den Schmeer liefert, im Innern von Epithelzellen,
welche allmählig zu Grunde gehen und das Fett frei machen,
während von den Zellen kaum etwas erhalten bleibt. Die
Talgdrüsen liegen gewöhnlich seitlich an den Haarbälgen in
einiger Tiefe unter der Oberfläche; wir finden hier eine Reihe
von kleinen Läppchen, in welche die Fortsetzung des Rete
Malpighii continuirlich fortgeht. Die Zellen derselben werden
grösser und reichlicher, so dass sie eine fast solide Erfüllung
der Drüsensäcke bilden. Alsdann scheidet sich in ihrem In-
nern das Fett zuerst in kleinen Partikeln aus, diese werden
bald grösser und nach kurzer Zeit sieht man schon nicht mehr
deutlich die einzelnen Zellen, sondern nur Zusammenhäufungen
grosser Tropfen, welche aus der Drüse in den Haarbalg her-
vortreten. Lösen wir die Drüse in eine Fläche auf, so würde
sich ihr Zellenlager darstellen wie Epidermis, nur dass die
ältesten Zellen nicht verhornen, sondern durch fettige Meta-
morphose zu Grunde gehen. Die Secretion ist eine rein epi-
theliale, wie die Samensecretion.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0323" n="301"/><fw place="top" type="header">Fettige Metamorphose.</fw><lb/>
der Ausgangspunkt sind. Auf der anderen Seite müssen Sie<lb/>
den grossen Unterschied von den nekrobiotischen Prozessen<lb/>
der fettigen Degeneration erwägen, wobei die Elemente als<lb/>
solche verschwinden.</p><lb/>
        <p>Wir haben nun, meine Herren, diese dritte Reihe von fet-<lb/>
tigen Zuständen genauer zu betrachten, nämlich die mit Auf-<lb/>
lösung der Elemente zusammenfallenden, diejenigen, für welche<lb/>
wir in der Secretion der Milch und des Hauttalges die eigent-<lb/>
lichen Paradigmen aufgestellt haben. Dass diese beiden Se-<lb/>
crete sich analog verhalten, erklärt sich einfach daraus, dass<lb/>
die Milchdrüse eigentlich nichts weiter ist, als eine colossal<lb/>
entwickelte und eigenthümlich gestaltete Anhäufung von Haut-<lb/>
drüsen (Schmeer- oder Talgdrüsen). Der Entwickelung nach<lb/>
stehen sich beide Reihen vollständig gleich. Beide gehen durch<lb/>
eine progressive Wucherung aus den äusseren Epidermisschich-<lb/>
ten hervor (S. 36. Fig. 18, <hi rendition="#i">A</hi>.) Ebendahin gehören auch die<lb/>
Ohrenschmalzdrüsen und die grossen Achseldrüsen. In allen<lb/>
diesen Fällen entsteht das Fett, welches den Hauptbestandtheil<lb/>
der Milch, wenigstens für die äussere Erscheinung darstellt,<lb/>
und welches den Schmeer liefert, im Innern von Epithelzellen,<lb/>
welche allmählig zu Grunde gehen und das Fett frei machen,<lb/>
während von den Zellen kaum etwas erhalten bleibt. Die<lb/>
Talgdrüsen liegen gewöhnlich seitlich an den Haarbälgen in<lb/>
einiger Tiefe unter der Oberfläche; wir finden hier eine Reihe<lb/>
von kleinen Läppchen, in welche die Fortsetzung des Rete<lb/>
Malpighii continuirlich fortgeht. Die Zellen derselben werden<lb/>
grösser und reichlicher, so dass sie eine fast solide Erfüllung<lb/>
der Drüsensäcke bilden. Alsdann scheidet sich in ihrem In-<lb/>
nern das Fett zuerst in kleinen Partikeln aus, diese werden<lb/>
bald grösser und nach kurzer Zeit sieht man schon nicht mehr<lb/>
deutlich die einzelnen Zellen, sondern nur Zusammenhäufungen<lb/>
grosser Tropfen, welche aus der Drüse in den Haarbalg her-<lb/>
vortreten. Lösen wir die Drüse in eine Fläche auf, so würde<lb/>
sich ihr Zellenlager darstellen wie Epidermis, nur dass die<lb/>
ältesten Zellen nicht verhornen, sondern durch fettige Meta-<lb/>
morphose zu Grunde gehen. Die Secretion ist eine rein epi-<lb/>
theliale, wie die Samensecretion.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0323] Fettige Metamorphose. der Ausgangspunkt sind. Auf der anderen Seite müssen Sie den grossen Unterschied von den nekrobiotischen Prozessen der fettigen Degeneration erwägen, wobei die Elemente als solche verschwinden. Wir haben nun, meine Herren, diese dritte Reihe von fet- tigen Zuständen genauer zu betrachten, nämlich die mit Auf- lösung der Elemente zusammenfallenden, diejenigen, für welche wir in der Secretion der Milch und des Hauttalges die eigent- lichen Paradigmen aufgestellt haben. Dass diese beiden Se- crete sich analog verhalten, erklärt sich einfach daraus, dass die Milchdrüse eigentlich nichts weiter ist, als eine colossal entwickelte und eigenthümlich gestaltete Anhäufung von Haut- drüsen (Schmeer- oder Talgdrüsen). Der Entwickelung nach stehen sich beide Reihen vollständig gleich. Beide gehen durch eine progressive Wucherung aus den äusseren Epidermisschich- ten hervor (S. 36. Fig. 18, A.) Ebendahin gehören auch die Ohrenschmalzdrüsen und die grossen Achseldrüsen. In allen diesen Fällen entsteht das Fett, welches den Hauptbestandtheil der Milch, wenigstens für die äussere Erscheinung darstellt, und welches den Schmeer liefert, im Innern von Epithelzellen, welche allmählig zu Grunde gehen und das Fett frei machen, während von den Zellen kaum etwas erhalten bleibt. Die Talgdrüsen liegen gewöhnlich seitlich an den Haarbälgen in einiger Tiefe unter der Oberfläche; wir finden hier eine Reihe von kleinen Läppchen, in welche die Fortsetzung des Rete Malpighii continuirlich fortgeht. Die Zellen derselben werden grösser und reichlicher, so dass sie eine fast solide Erfüllung der Drüsensäcke bilden. Alsdann scheidet sich in ihrem In- nern das Fett zuerst in kleinen Partikeln aus, diese werden bald grösser und nach kurzer Zeit sieht man schon nicht mehr deutlich die einzelnen Zellen, sondern nur Zusammenhäufungen grosser Tropfen, welche aus der Drüse in den Haarbalg her- vortreten. Lösen wir die Drüse in eine Fläche auf, so würde sich ihr Zellenlager darstellen wie Epidermis, nur dass die ältesten Zellen nicht verhornen, sondern durch fettige Meta- morphose zu Grunde gehen. Die Secretion ist eine rein epi- theliale, wie die Samensecretion.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/323
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/323>, abgerufen am 01.05.2024.