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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Fünfzehnte Vorlesung.
Resorption wahrnehmen lässt, die wir vom Darmepithel ken-
nen. Sie brauchen also nur das Schema von vorher umzu-
kehren.

Anstatt dass Sie eine Zotte haben, an welche das Epithel
angelagert ist, denken Sie sich einen Kanal, welcher innen mit Epi-
thel ausgekleidet ist. Das feine Cylinderepithel in der Gallen-
blase hat denselben streifigen Saum, wie das im Darm (Fig. 14.)
und hier sieht man in derselben Weise, dass das Fett von
aussen eindringt, weitergeht und nach einiger Zeit in die Wand
der Gallenblase übergeht. Ich habe denselben Prozess auch
bei jungen saugenden Thieren nach der Digestion verfolgt;
man kann sich da leicht überzeugen, dass offenbar das Fett,
welches eine Zeit lang in den Leberzellen enthalten ist, von
den Leberzellen in die Gallenwege secernirt, dass aber im Ver-
lauf dieser Wege das Fett wieder resorbirt wird und so zum
zweiten Male in die Circulation zurückkehrt.

Ein solcher intermediärer Stoffwechsel, wo das Fett
vom Darme in das Blut, vom Blute zur Leber, von der Leber
in die Galle und von da wieder in Capillaren kommt, welche
zu den Lebervenen und zum Herzen zurückführen, setzt na-
türlich auch wie die Resorption im Darme voraus, dass die
Rückfuhr unter günstigen Verhältnissen erfolgen müsse; tritt
irgend eine Störung ein, so wird es eben eine Retention geben
und es werden nach und nach an die Stelle der feinen Kör-
ner grosse Tropfen treten. Das ist aber der Modus, wie wir
ihn in der Fettleber wirklich verfolgen können.

[Abbildung] Fig. 110.

In der Regel sieht man, wenn man
eine Fettleber studirt, dass sich das Fett
zuerstin derjenigen Zone der Aciniablagert,
welche zunächst an die capillare Auflö-
sung der Pfortaderäste anstösst (Fig. 110
c, c). Wenn man Durchschnitte des Or-
ganes sorgfältig betrachtet, so sieht es

[Abbildung] Fig. 110.

Die aneinander stossenden Hälften zweier Leber-Acini.
p ein Ast der Pfortader, mit Aesten p' p', den Venae interlobulares ent-
sprechend. h, h Querschnitt der Vena intralobularis s. hepatica. a die
Zone des Pigmentes, b die des Amyloids, c die des Fettes. Vergr. 20.

Fünfzehnte Vorlesung.
Resorption wahrnehmen lässt, die wir vom Darmepithel ken-
nen. Sie brauchen also nur das Schema von vorher umzu-
kehren.

Anstatt dass Sie eine Zotte haben, an welche das Epithel
angelagert ist, denken Sie sich einen Kanal, welcher innen mit Epi-
thel ausgekleidet ist. Das feine Cylinderepithel in der Gallen-
blase hat denselben streifigen Saum, wie das im Darm (Fig. 14.)
und hier sieht man in derselben Weise, dass das Fett von
aussen eindringt, weitergeht und nach einiger Zeit in die Wand
der Gallenblase übergeht. Ich habe denselben Prozess auch
bei jungen saugenden Thieren nach der Digestion verfolgt;
man kann sich da leicht überzeugen, dass offenbar das Fett,
welches eine Zeit lang in den Leberzellen enthalten ist, von
den Leberzellen in die Gallenwege secernirt, dass aber im Ver-
lauf dieser Wege das Fett wieder resorbirt wird und so zum
zweiten Male in die Circulation zurückkehrt.

Ein solcher intermediärer Stoffwechsel, wo das Fett
vom Darme in das Blut, vom Blute zur Leber, von der Leber
in die Galle und von da wieder in Capillaren kommt, welche
zu den Lebervenen und zum Herzen zurückführen, setzt na-
türlich auch wie die Resorption im Darme voraus, dass die
Rückfuhr unter günstigen Verhältnissen erfolgen müsse; tritt
irgend eine Störung ein, so wird es eben eine Retention geben
und es werden nach und nach an die Stelle der feinen Kör-
ner grosse Tropfen treten. Das ist aber der Modus, wie wir
ihn in der Fettleber wirklich verfolgen können.

[Abbildung] Fig. 110.

In der Regel sieht man, wenn man
eine Fettleber studirt, dass sich das Fett
zuerstin derjenigen Zone der Aciniablagert,
welche zunächst an die capillare Auflö-
sung der Pfortaderäste anstösst (Fig. 110
c, c). Wenn man Durchschnitte des Or-
ganes sorgfältig betrachtet, so sieht es

[Abbildung] Fig. 110.

Die aneinander stossenden Hälften zweier Leber-Acini.
p ein Ast der Pfortader, mit Aesten p' p', den Venae interlobulares ent-
sprechend. h, h Querschnitt der Vena intralobularis s. hepatica. a die
Zone des Pigmentes, b die des Amyloids, c die des Fettes. Vergr. 20.

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[298/0320] Fünfzehnte Vorlesung. Resorption wahrnehmen lässt, die wir vom Darmepithel ken- nen. Sie brauchen also nur das Schema von vorher umzu- kehren. Anstatt dass Sie eine Zotte haben, an welche das Epithel angelagert ist, denken Sie sich einen Kanal, welcher innen mit Epi- thel ausgekleidet ist. Das feine Cylinderepithel in der Gallen- blase hat denselben streifigen Saum, wie das im Darm (Fig. 14.) und hier sieht man in derselben Weise, dass das Fett von aussen eindringt, weitergeht und nach einiger Zeit in die Wand der Gallenblase übergeht. Ich habe denselben Prozess auch bei jungen saugenden Thieren nach der Digestion verfolgt; man kann sich da leicht überzeugen, dass offenbar das Fett, welches eine Zeit lang in den Leberzellen enthalten ist, von den Leberzellen in die Gallenwege secernirt, dass aber im Ver- lauf dieser Wege das Fett wieder resorbirt wird und so zum zweiten Male in die Circulation zurückkehrt. Ein solcher intermediärer Stoffwechsel, wo das Fett vom Darme in das Blut, vom Blute zur Leber, von der Leber in die Galle und von da wieder in Capillaren kommt, welche zu den Lebervenen und zum Herzen zurückführen, setzt na- türlich auch wie die Resorption im Darme voraus, dass die Rückfuhr unter günstigen Verhältnissen erfolgen müsse; tritt irgend eine Störung ein, so wird es eben eine Retention geben und es werden nach und nach an die Stelle der feinen Kör- ner grosse Tropfen treten. Das ist aber der Modus, wie wir ihn in der Fettleber wirklich verfolgen können. [Abbildung Fig. 110. ] In der Regel sieht man, wenn man eine Fettleber studirt, dass sich das Fett zuerstin derjenigen Zone der Aciniablagert, welche zunächst an die capillare Auflö- sung der Pfortaderäste anstösst (Fig. 110 c, c). Wenn man Durchschnitte des Or- ganes sorgfältig betrachtet, so sieht es [Abbildung Fig. 110. Die aneinander stossenden Hälften zweier Leber-Acini. p ein Ast der Pfortader, mit Aesten p' p', den Venae interlobulares ent- sprechend. h, h Querschnitt der Vena intralobularis s. hepatica. a die Zone des Pigmentes, b die des Amyloids, c die des Fettes. Vergr. 20.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/320>, abgerufen am 24.11.2024.