Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.Die formative Reizung in Beziehung auf Nerven und Gefässe. dus, auf irgend einem Wege der Experimentation durch eineprimäre, die Nerven oder die Gefässe treffende Einwirkung, diese Art von Wucherung im Körper hervorzurufen. Sie kön- nen die Circulation steigern in den Theilen, so weit sie zu steigern ist, ohne dass daraus für die Ernährung der Theile eine Schwellung oder Vermehrung der Elemente selbst folgte. Gerade die schon früher erwähnten Experimente über die Durchschneidung des Sympathicus haben bekanntlich ergeben, (ich selbst habe dies Experiment sehr häufig angestellt und in die- sem Sinne verfolgt,) dass ein vermehrter Zustrom von Blut Wochen lang bestehen kann, ein Zustrom von Blut, welcher mit starken ther- mischen Steigerungen und entsprechender Röthung verbunden ist, so gross wie wir sie irgend in Entzündungen antreffen, ohne dass dadurch die Zellen des Theiles im Mindesten vergrössert oder gar an ihnen Vorgänge der Wucherung herbeigeführt werden. Man kann damit Reizungen der Nerven verbinden. Wenn man aber nicht die Gewebe selbst reizt, die Irritation in die Theile selbst einbringt, sei es, dass man die reizenden Stoffe von Aussen wirken lässt, oder von dem Blut aus, so kann man nicht auf den Eintritt dieser Veränderungen rechnen. Das ist der wesentliche Grund, aus welchem ich folgere, dass diese aktiven Vorgänge in der besonderen Thätigkeit der Elementar- theile begründet sind, welche nicht an vermehrten Zustrom von Blut oder an die Anregung der Nerven gebunden ist, welche freilich dadurch begünstigt wird, aber auch vollständig unab- hängig davon verlaufen kann, und welche sich ebenso deutlich an einem gelähmten und nervenlosen Theile darstellt. + Ich will zur Unterstützung dieser Sätze nur noch hinzu- Die formative Reizung in Beziehung auf Nerven und Gefässe. dus, auf irgend einem Wege der Experimentation durch eineprimäre, die Nerven oder die Gefässe treffende Einwirkung, diese Art von Wucherung im Körper hervorzurufen. Sie kön- nen die Circulation steigern in den Theilen, so weit sie zu steigern ist, ohne dass daraus für die Ernährung der Theile eine Schwellung oder Vermehrung der Elemente selbst folgte. Gerade die schon früher erwähnten Experimente über die Durchschneidung des Sympathicus haben bekanntlich ergeben, (ich selbst habe dies Experiment sehr häufig angestellt und in die- sem Sinne verfolgt,) dass ein vermehrter Zustrom von Blut Wochen lang bestehen kann, ein Zustrom von Blut, welcher mit starken ther- mischen Steigerungen und entsprechender Röthung verbunden ist, so gross wie wir sie irgend in Entzündungen antreffen, ohne dass dadurch die Zellen des Theiles im Mindesten vergrössert oder gar an ihnen Vorgänge der Wucherung herbeigeführt werden. Man kann damit Reizungen der Nerven verbinden. Wenn man aber nicht die Gewebe selbst reizt, die Irritation in die Theile selbst einbringt, sei es, dass man die reizenden Stoffe von Aussen wirken lässt, oder von dem Blut aus, so kann man nicht auf den Eintritt dieser Veränderungen rechnen. Das ist der wesentliche Grund, aus welchem ich folgere, dass diese aktiven Vorgänge in der besonderen Thätigkeit der Elementar- theile begründet sind, welche nicht an vermehrten Zustrom von Blut oder an die Anregung der Nerven gebunden ist, welche freilich dadurch begünstigt wird, aber auch vollständig unab- hängig davon verlaufen kann, und welche sich ebenso deutlich an einem gelähmten und nervenlosen Theile darstellt. † Ich will zur Unterstützung dieser Sätze nur noch hinzu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0303" n="281"/><fw place="top" type="header">Die formative Reizung in Beziehung auf Nerven und Gefässe.</fw><lb/> dus, auf irgend einem Wege der Experimentation durch eine<lb/> primäre, die Nerven oder die Gefässe treffende Einwirkung,<lb/> diese Art von Wucherung im Körper hervorzurufen. 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Die formative Reizung in Beziehung auf Nerven und Gefässe.
dus, auf irgend einem Wege der Experimentation durch eine
primäre, die Nerven oder die Gefässe treffende Einwirkung,
diese Art von Wucherung im Körper hervorzurufen. Sie kön-
nen die Circulation steigern in den Theilen, so weit sie zu
steigern ist, ohne dass daraus für die Ernährung der Theile
eine Schwellung oder Vermehrung der Elemente selbst folgte.
Gerade die schon früher erwähnten Experimente über die
Durchschneidung des Sympathicus haben bekanntlich ergeben,
(ich selbst habe dies Experiment sehr häufig angestellt und in die-
sem Sinne verfolgt,) dass ein vermehrter Zustrom von Blut Wochen
lang bestehen kann, ein Zustrom von Blut, welcher mit starken ther-
mischen Steigerungen und entsprechender Röthung verbunden ist,
so gross wie wir sie irgend in Entzündungen antreffen, ohne dass
dadurch die Zellen des Theiles im Mindesten vergrössert oder
gar an ihnen Vorgänge der Wucherung herbeigeführt werden.
Man kann damit Reizungen der Nerven verbinden. Wenn man
aber nicht die Gewebe selbst reizt, die Irritation in die Theile
selbst einbringt, sei es, dass man die reizenden Stoffe von
Aussen wirken lässt, oder von dem Blut aus, so kann man
nicht auf den Eintritt dieser Veränderungen rechnen. Das ist
der wesentliche Grund, aus welchem ich folgere, dass diese
aktiven Vorgänge in der besonderen Thätigkeit der Elementar-
theile begründet sind, welche nicht an vermehrten Zustrom von
Blut oder an die Anregung der Nerven gebunden ist, welche
freilich dadurch begünstigt wird, aber auch vollständig unab-
hängig davon verlaufen kann, und welche sich ebenso deutlich
an einem gelähmten und nervenlosen Theile darstellt. †
Ich will zur Unterstützung dieser Sätze nur noch hinzu-
fügen, dass die neueren Erfahrungen allmählig das ganze Ge-
biet der sogenannten neuroparalytischen Entzündungen
aufgehoben haben. Die beiden Nerven, um die es sich bei der
Discussion der entzündlichen Phänomene fast ausschliesslich
handelt, sind der Vagus und Trigeminus, nach deren Durch-
schneidung man in dem einen Falle Pneumonie, in dem an-
deren die berühmten Veränderungen des Augapfels eintreten
sah. Diese Erfahrungen haben sich dahin aufgelöst, dass al-
lerdings nach dem Durchschneiden Entzündungen eintreten
können, dass diese aber so gedeutet werden müssen, dass sie
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