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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Verschiedenheit der Ganglienzellen.

Diejenigen Formen, welche den sensitiven Stellen ent-
sprechen (Fig. 89, B.) sind in der Regel kleiner und zeigen
nicht die ausserordentliche Vielfachheit der Verästelung, wie
die grossen. Ein grosser Theil von ihnen besitzt nur 3, viel-
leicht 4 Aeste. Die sympathischen dagegen sind wiederum
grösser, haben aber noch weniger Aeste und zeichnen sich
durch mehr rundliche Form aus. Es sind dies Verschieden-
heiten, welche allerdings nicht so durchgreifend sind, dass man
schon jetzt im Stande wäre, einer Ganglienzelle in jedem ein-
zelnen Falle sofort anzusehen, welcher Kategorie sie angehört,
welche aber doch, wenn man die einzelnen Gruppen ins Auge
fasst, so auffallend sind, dass man zu einer bestimmten Schluss-
folgerung über die verschiedene Qualität dieser Gruppen ver-
anlasst wird. Wahrscheinlich wird man im Laufe der Zeit
noch weitere Verschiedenheiten, auch vielleicht in der inneren
Einrichtung der Zellen, erkennen; bis jetzt lässt sich darüber
nichts weiter aussagen. Es ist dies eine sehr grosse und be-
klagenswerthe Lücke unserer Kenntnisse, weil gerade hier der
Punkt ist, an dem wir die specifische Action der einzelnen
Elemente zu besprechen haben würden. Aber man darf nicht
übersehen, dass diese Verhältnisse mit zu den schwierigsten
gehören, welche überhaupt der anatomischen Untersuchung un-
terworfen werden, und dass die Herstellung von Objecten, wel-
che auch nur das eigene Auge überzeugen, fast immer daran
scheitert, dass eine wirkliche Isolirung der Elemente mit allen
ihren Fortsätzen und Verbindungen kaum gelingt und dass
man wegen der ausserordentlichen Gebrechlichkeit dieser
Theile fast immer genöthigt ist, sie auf Durchschnitten zu ver-
folgen. Wenn man Schnitte macht in Gebilden, welche zu
einem grossen Theile aus Fasern bestehen und in welchen die
Fasern bald longitudinal, bald transversal, bald schräg verlau-
fen, wo man also überall ein Geflecht zu sehen bekommt, so

[Abbildung] Fig. 89.

Ganglienzellen aus den Centralorganen: A, B, C aus dem
Rückenmarke, nach Präparaten des Hrn. Gerlach, D aus der Gehirn-
rinde. A Grosse, vielstrahlige (multipolare, polyklone) Zellen aus den
Vorderhörnern (Bewegungszellen). B. Kleinere Zellen mit 3 grösseren
Fortsätzen aus den Hinterhörnern (Empfindungszellen). C Zweistrahlige,
(bipolare, diklone), mehr rundliche Zelle aus der Nähe der hinteren Com-
missur (sympathische Zelle). Vergr. 300.

Verschiedenheit der Ganglienzellen.

Diejenigen Formen, welche den sensitiven Stellen ent-
sprechen (Fig. 89, B.) sind in der Regel kleiner und zeigen
nicht die ausserordentliche Vielfachheit der Verästelung, wie
die grossen. Ein grosser Theil von ihnen besitzt nur 3, viel-
leicht 4 Aeste. Die sympathischen dagegen sind wiederum
grösser, haben aber noch weniger Aeste und zeichnen sich
durch mehr rundliche Form aus. Es sind dies Verschieden-
heiten, welche allerdings nicht so durchgreifend sind, dass man
schon jetzt im Stande wäre, einer Ganglienzelle in jedem ein-
zelnen Falle sofort anzusehen, welcher Kategorie sie angehört,
welche aber doch, wenn man die einzelnen Gruppen ins Auge
fasst, so auffallend sind, dass man zu einer bestimmten Schluss-
folgerung über die verschiedene Qualität dieser Gruppen ver-
anlasst wird. Wahrscheinlich wird man im Laufe der Zeit
noch weitere Verschiedenheiten, auch vielleicht in der inneren
Einrichtung der Zellen, erkennen; bis jetzt lässt sich darüber
nichts weiter aussagen. Es ist dies eine sehr grosse und be-
klagenswerthe Lücke unserer Kenntnisse, weil gerade hier der
Punkt ist, an dem wir die specifische Action der einzelnen
Elemente zu besprechen haben würden. Aber man darf nicht
übersehen, dass diese Verhältnisse mit zu den schwierigsten
gehören, welche überhaupt der anatomischen Untersuchung un-
terworfen werden, und dass die Herstellung von Objecten, wel-
che auch nur das eigene Auge überzeugen, fast immer daran
scheitert, dass eine wirkliche Isolirung der Elemente mit allen
ihren Fortsätzen und Verbindungen kaum gelingt und dass
man wegen der ausserordentlichen Gebrechlichkeit dieser
Theile fast immer genöthigt ist, sie auf Durchschnitten zu ver-
folgen. Wenn man Schnitte macht in Gebilden, welche zu
einem grossen Theile aus Fasern bestehen und in welchen die
Fasern bald longitudinal, bald transversal, bald schräg verlau-
fen, wo man also überall ein Geflecht zu sehen bekommt, so

[Abbildung] Fig. 89.

Ganglienzellen aus den Centralorganen: A, B, C aus dem
Rückenmarke, nach Präparaten des Hrn. Gerlach, D aus der Gehirn-
rinde. A Grosse, vielstrahlige (multipolare, polyklone) Zellen aus den
Vorderhörnern (Bewegungszellen). B. Kleinere Zellen mit 3 grösseren
Fortsätzen aus den Hinterhörnern (Empfindungszellen). C Zweistrahlige,
(bipolare, diklone), mehr rundliche Zelle aus der Nähe der hinteren Com-
missur (sympathische Zelle). Vergr. 300.

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[235/0257] Verschiedenheit der Ganglienzellen. Diejenigen Formen, welche den sensitiven Stellen ent- sprechen (Fig. 89, B.) sind in der Regel kleiner und zeigen nicht die ausserordentliche Vielfachheit der Verästelung, wie die grossen. Ein grosser Theil von ihnen besitzt nur 3, viel- leicht 4 Aeste. Die sympathischen dagegen sind wiederum grösser, haben aber noch weniger Aeste und zeichnen sich durch mehr rundliche Form aus. Es sind dies Verschieden- heiten, welche allerdings nicht so durchgreifend sind, dass man schon jetzt im Stande wäre, einer Ganglienzelle in jedem ein- zelnen Falle sofort anzusehen, welcher Kategorie sie angehört, welche aber doch, wenn man die einzelnen Gruppen ins Auge fasst, so auffallend sind, dass man zu einer bestimmten Schluss- folgerung über die verschiedene Qualität dieser Gruppen ver- anlasst wird. Wahrscheinlich wird man im Laufe der Zeit noch weitere Verschiedenheiten, auch vielleicht in der inneren Einrichtung der Zellen, erkennen; bis jetzt lässt sich darüber nichts weiter aussagen. Es ist dies eine sehr grosse und be- klagenswerthe Lücke unserer Kenntnisse, weil gerade hier der Punkt ist, an dem wir die specifische Action der einzelnen Elemente zu besprechen haben würden. Aber man darf nicht übersehen, dass diese Verhältnisse mit zu den schwierigsten gehören, welche überhaupt der anatomischen Untersuchung un- terworfen werden, und dass die Herstellung von Objecten, wel- che auch nur das eigene Auge überzeugen, fast immer daran scheitert, dass eine wirkliche Isolirung der Elemente mit allen ihren Fortsätzen und Verbindungen kaum gelingt und dass man wegen der ausserordentlichen Gebrechlichkeit dieser Theile fast immer genöthigt ist, sie auf Durchschnitten zu ver- folgen. Wenn man Schnitte macht in Gebilden, welche zu einem grossen Theile aus Fasern bestehen und in welchen die Fasern bald longitudinal, bald transversal, bald schräg verlau- fen, wo man also überall ein Geflecht zu sehen bekommt, so [Abbildung Fig. 89. Ganglienzellen aus den Centralorganen: A, B, C aus dem Rückenmarke, nach Präparaten des Hrn. Gerlach, D aus der Gehirn- rinde. A Grosse, vielstrahlige (multipolare, polyklone) Zellen aus den Vorderhörnern (Bewegungszellen). B. Kleinere Zellen mit 3 grösseren Fortsätzen aus den Hinterhörnern (Empfindungszellen). C Zweistrahlige, (bipolare, diklone), mehr rundliche Zelle aus der Nähe der hinteren Com- missur (sympathische Zelle). Vergr. 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/257>, abgerufen am 24.11.2024.