Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Markhaltige und marklose Nerven.
[Abbildung] Fig. 78.
Remak), ein sehr feines, zartes,
blasses Gebilde, und um ihn herum
eine ziemlich derbe, dunkle, hier
und da zusammenfliessende Masse,
das Nervenmark oder die Mark-
scheide
; letztere füllt den Raum
zwischen Axencylinder und der
äusseren Membran aus. Gewöhn-
lich ist aber die Nervenröhre so
stark gefüllt mit dem Inhalte, dass
man bei der gewöhnlichen Betrach-
tung von den einzelnen Bestand-
theilen fast gar nichts sieht, wie denn
überhaupt der Axencylinder inner-
halb der Markmasse schwer sichtbar ist. Daraus erklärt es sich,
dass man Jahre lang über seine Existenz gestritten und vielfach
die Ansicht ausgesprochen hat, es handle sich dabei um eine
Gerinnungserscheinung, wobei eine Trennung des ursprünglich
gleichmässigen Inhaltes in eine innere und äussere Masse statt-
finde. Dies ist aber unzweifelhaft unrichtig; alle Methoden der
Untersuchung geben zuletzt dies Primitivband zu erkennen;
selbst auf Querschnitten der Nerven sieht man ganz deutlich
im Innern den Axencylinder und um ihn herum das Mark.

Das sogenannte Nervenmark ist es, was den Nervenfasern
überhaupt das weisse Ansehen verleiht; überall, wo die Ner-
ven diesen Bestandtheil enthalten, erscheinen sie weiss, überall
wo er ihnen fehlt, haben sie ein durchscheinendes, graues
Aussehen. Daher gibt es Nerven, welche der Farbe nach der
gangliösen Substanz sich anschliessen, verhältnissmässig durch-
sichtig sind, ein mehr helles, gelatinöses Aussehen besitzen;
man hat sie deshalb graue oder gelatinöse Nerven ge-
nannt (Fig. 78 A.). Zwischen der grauen und weissen Nerven-

[Abbildung] Fig. 78.

Graue und weisse Nervenfasern. A. Ein graues, gelati-
nöses Nervenfascikel aus der Wurzel des Mesenteriums, nach Be-
handlung mit Essigsäure. B. Eine breite, weisse Primitivfaser aus dem
N. cruralis: a, der freigelegte Axencylinder, v, v die variköse Faser mit
der Markscheide, am Ende bei m, m der Markstoff (Myelin) in geschlän-
gelten Figuren hervortretend. C. Feine, weisse Primitivfaser aus dem
Gehirn, mit frei hervortretendem Axencylinder. Vergr. 300.

Markhaltige und marklose Nerven.
[Abbildung] Fig. 78.
Remak), ein sehr feines, zartes,
blasses Gebilde, und um ihn herum
eine ziemlich derbe, dunkle, hier
und da zusammenfliessende Masse,
das Nervenmark oder die Mark-
scheide
; letztere füllt den Raum
zwischen Axencylinder und der
äusseren Membran aus. Gewöhn-
lich ist aber die Nervenröhre so
stark gefüllt mit dem Inhalte, dass
man bei der gewöhnlichen Betrach-
tung von den einzelnen Bestand-
theilen fast gar nichts sieht, wie denn
überhaupt der Axencylinder inner-
halb der Markmasse schwer sichtbar ist. Daraus erklärt es sich,
dass man Jahre lang über seine Existenz gestritten und vielfach
die Ansicht ausgesprochen hat, es handle sich dabei um eine
Gerinnungserscheinung, wobei eine Trennung des ursprünglich
gleichmässigen Inhaltes in eine innere und äussere Masse statt-
finde. Dies ist aber unzweifelhaft unrichtig; alle Methoden der
Untersuchung geben zuletzt dies Primitivband zu erkennen;
selbst auf Querschnitten der Nerven sieht man ganz deutlich
im Innern den Axencylinder und um ihn herum das Mark.

Das sogenannte Nervenmark ist es, was den Nervenfasern
überhaupt das weisse Ansehen verleiht; überall, wo die Ner-
ven diesen Bestandtheil enthalten, erscheinen sie weiss, überall
wo er ihnen fehlt, haben sie ein durchscheinendes, graues
Aussehen. Daher gibt es Nerven, welche der Farbe nach der
gangliösen Substanz sich anschliessen, verhältnissmässig durch-
sichtig sind, ein mehr helles, gelatinöses Aussehen besitzen;
man hat sie deshalb graue oder gelatinöse Nerven ge-
nannt (Fig. 78 A.). Zwischen der grauen und weissen Nerven-

[Abbildung] Fig. 78.

Graue und weisse Nervenfasern. A. Ein graues, gelati-
nöses Nervenfascikel aus der Wurzel des Mesenteriums, nach Be-
handlung mit Essigsäure. B. Eine breite, weisse Primitivfaser aus dem
N. cruralis: a, der freigelegte Axencylinder, v, v die variköse Faser mit
der Markscheide, am Ende bei m, m der Markstoff (Myelin) in geschlän-
gelten Figuren hervortretend. C. Feine, weisse Primitivfaser aus dem
Gehirn, mit frei hervortretendem Axencylinder. Vergr. 300.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="207"/><fw place="top" type="header">Markhaltige und marklose Nerven.</fw><lb/><figure><head>Fig. 78.</head></figure><lb/><hi rendition="#g">Remak</hi>), ein sehr feines, zartes,<lb/>
blasses Gebilde, und um ihn herum<lb/>
eine ziemlich derbe, dunkle, hier<lb/>
und da zusammenfliessende Masse,<lb/>
das <hi rendition="#g">Nervenmark</hi> oder die <hi rendition="#g">Mark-<lb/>
scheide</hi>; letztere füllt den Raum<lb/>
zwischen Axencylinder und der<lb/>
äusseren Membran aus. Gewöhn-<lb/>
lich ist aber die Nervenröhre so<lb/>
stark gefüllt mit dem Inhalte, dass<lb/>
man bei der gewöhnlichen Betrach-<lb/>
tung von den einzelnen Bestand-<lb/>
theilen fast gar nichts sieht, wie denn<lb/>
überhaupt der Axencylinder inner-<lb/>
halb der Markmasse schwer sichtbar ist. Daraus erklärt es sich,<lb/>
dass man Jahre lang über seine Existenz gestritten und vielfach<lb/>
die Ansicht ausgesprochen hat, es handle sich dabei um eine<lb/>
Gerinnungserscheinung, wobei eine Trennung des ursprünglich<lb/>
gleichmässigen Inhaltes in eine innere und äussere Masse statt-<lb/>
finde. Dies ist aber unzweifelhaft unrichtig; alle Methoden der<lb/>
Untersuchung geben zuletzt dies Primitivband zu erkennen;<lb/>
selbst auf Querschnitten der Nerven sieht man ganz deutlich<lb/>
im Innern den Axencylinder und um ihn herum das Mark.</p><lb/>
        <p>Das sogenannte Nervenmark ist es, was den Nervenfasern<lb/>
überhaupt das weisse Ansehen verleiht; überall, wo die Ner-<lb/>
ven diesen Bestandtheil enthalten, erscheinen sie weiss, überall<lb/>
wo er ihnen fehlt, haben sie ein durchscheinendes, graues<lb/>
Aussehen. Daher gibt es Nerven, welche der Farbe nach der<lb/>
gangliösen Substanz sich anschliessen, verhältnissmässig durch-<lb/>
sichtig sind, ein mehr helles, gelatinöses Aussehen besitzen;<lb/>
man hat sie deshalb <hi rendition="#g">graue</hi> oder <hi rendition="#g">gelatinöse Nerven</hi> ge-<lb/>
nannt (Fig. 78 <hi rendition="#i">A</hi>.). Zwischen der grauen und weissen Nerven-<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 78. </head><p>Graue und weisse Nervenfasern. <hi rendition="#i">A</hi>. Ein graues, gelati-<lb/>
nöses Nervenfascikel aus der Wurzel des Mesenteriums, nach Be-<lb/>
handlung mit Essigsäure. <hi rendition="#i">B</hi>. Eine breite, weisse Primitivfaser aus dem<lb/>
N. cruralis: <hi rendition="#i">a</hi>, der freigelegte Axencylinder, <hi rendition="#i">v, v</hi> die variköse Faser mit<lb/>
der Markscheide, am Ende bei <hi rendition="#i">m, m</hi> der Markstoff (Myelin) in geschlän-<lb/>
gelten Figuren hervortretend. <hi rendition="#i">C</hi>. Feine, weisse Primitivfaser aus dem<lb/>
Gehirn, mit frei hervortretendem Axencylinder. Vergr. 300.</p></figure><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0229] Markhaltige und marklose Nerven. [Abbildung Fig. 78.] Remak), ein sehr feines, zartes, blasses Gebilde, und um ihn herum eine ziemlich derbe, dunkle, hier und da zusammenfliessende Masse, das Nervenmark oder die Mark- scheide; letztere füllt den Raum zwischen Axencylinder und der äusseren Membran aus. Gewöhn- lich ist aber die Nervenröhre so stark gefüllt mit dem Inhalte, dass man bei der gewöhnlichen Betrach- tung von den einzelnen Bestand- theilen fast gar nichts sieht, wie denn überhaupt der Axencylinder inner- halb der Markmasse schwer sichtbar ist. Daraus erklärt es sich, dass man Jahre lang über seine Existenz gestritten und vielfach die Ansicht ausgesprochen hat, es handle sich dabei um eine Gerinnungserscheinung, wobei eine Trennung des ursprünglich gleichmässigen Inhaltes in eine innere und äussere Masse statt- finde. Dies ist aber unzweifelhaft unrichtig; alle Methoden der Untersuchung geben zuletzt dies Primitivband zu erkennen; selbst auf Querschnitten der Nerven sieht man ganz deutlich im Innern den Axencylinder und um ihn herum das Mark. Das sogenannte Nervenmark ist es, was den Nervenfasern überhaupt das weisse Ansehen verleiht; überall, wo die Ner- ven diesen Bestandtheil enthalten, erscheinen sie weiss, überall wo er ihnen fehlt, haben sie ein durchscheinendes, graues Aussehen. Daher gibt es Nerven, welche der Farbe nach der gangliösen Substanz sich anschliessen, verhältnissmässig durch- sichtig sind, ein mehr helles, gelatinöses Aussehen besitzen; man hat sie deshalb graue oder gelatinöse Nerven ge- nannt (Fig. 78 A.). Zwischen der grauen und weissen Nerven- [Abbildung Fig. 78. Graue und weisse Nervenfasern. A. Ein graues, gelati- nöses Nervenfascikel aus der Wurzel des Mesenteriums, nach Be- handlung mit Essigsäure. B. Eine breite, weisse Primitivfaser aus dem N. cruralis: a, der freigelegte Axencylinder, v, v die variköse Faser mit der Markscheide, am Ende bei m, m der Markstoff (Myelin) in geschlän- gelten Figuren hervortretend. C. Feine, weisse Primitivfaser aus dem Gehirn, mit frei hervortretendem Axencylinder. Vergr. 300.]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/229
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/229>, abgerufen am 25.11.2024.