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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Zehnte Vorlesung.
fortschwemmen; das ist nur denkbar und möglich an den Ve-
nen. Allein auch hier verhält es sich so, dass eine Wahr-
scheinlichkeit dafür, dass häufige Verbreitungen auf diesem Wege
stattfinden, durchaus nicht vorliegt, aus dem einfachen Grunde,
weil die Metastasen des Krebses den Metastasen, die wir bei
der Embolie kennen gelernt haben, sehr häufig nicht ent-
sprechen. Die gewöhnliche Form der metastatischen Verbrei-
tung beim Krebs entspricht vielmehr der Richtung zu den Se-
cretionsorganen. Die Lunge erkrankt bekanntlich viel seltener
durch Krebs, als die Leber, nicht nur nach Magen- und Uterus-
krebs, sondern auch nach Brustkrebs, welcher vielmehr Lungen-
krebs erzeugen müsste, wenn es etwas Körperliches wäre, wel-
ches fortgeleitet würde, stagnirte und die neue Eruption bedingte.
Die Art der metastatischen Verbreitung scheint es vielmehr
wahrscheinlich zu machen, dass die Leitung durch gewisse
Flüssigkeiten erfolgt, und dass diese die Fähigkeit haben, eine
Ansteckung zu erzeugen, welche die einzelnen Theile zur Re-
production derselben Masse bestimmt, die ursprünglich vorhan-
den war. Man denke sich nur einen ähnlichen Prozess, wie
wir ihn bei den Pocken im Grossen haben. Der Pockeneiter,
direct übertragen, leitet allerdings den Prozess ein, aber das
Contagium ist auch flüchtig, und es kann Jemand eitrige
Pusteln auf der Haut bekommen, nachdem er nur eine gewisse
Luft geathmet hat. Aehnlich scheint es sich in Fällen zu ver-
halten, wo im Laufe heteroplastischer Prozesse Dyscrasien zu
Stande kommen, welche ihre neuen Eruptionen nicht an Punk-
ten machen, welche nach der Richtung des Lymph- oder Blut-
stromes ihnen zunächst ausgesetzt sein würden, sondern an
entfernten Punkten. Wie sich das Silbersalz nicht in den Lun-
gen ablagert, sondern hindurchgeht, um sich erst in den Nie-
ren oder der Haut nieder zu schlagen, so kann ein ichoröser
Saft von einer Krebsgeschwulst durch die Lungen gehen, ohne
diese zu verändern, während er doch an einem entfernteren
Punkte, z. B. in den Knochen eines weit abgelegenen Theiles
bösartige Veränderungen erweckt.



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fortschwemmen; das ist nur denkbar und möglich an den Ve-
nen. Allein auch hier verhält es sich so, dass eine Wahr-
scheinlichkeit dafür, dass häufige Verbreitungen auf diesem Wege
stattfinden, durchaus nicht vorliegt, aus dem einfachen Grunde,
weil die Metastasen des Krebses den Metastasen, die wir bei
der Embolie kennen gelernt haben, sehr häufig nicht ent-
sprechen. Die gewöhnliche Form der metastatischen Verbrei-
tung beim Krebs entspricht vielmehr der Richtung zu den Se-
cretionsorganen. Die Lunge erkrankt bekanntlich viel seltener
durch Krebs, als die Leber, nicht nur nach Magen- und Uterus-
krebs, sondern auch nach Brustkrebs, welcher vielmehr Lungen-
krebs erzeugen müsste, wenn es etwas Körperliches wäre, wel-
ches fortgeleitet würde, stagnirte und die neue Eruption bedingte.
Die Art der metastatischen Verbreitung scheint es vielmehr
wahrscheinlich zu machen, dass die Leitung durch gewisse
Flüssigkeiten erfolgt, und dass diese die Fähigkeit haben, eine
Ansteckung zu erzeugen, welche die einzelnen Theile zur Re-
production derselben Masse bestimmt, die ursprünglich vorhan-
den war. Man denke sich nur einen ähnlichen Prozess, wie
wir ihn bei den Pocken im Grossen haben. Der Pockeneiter,
direct übertragen, leitet allerdings den Prozess ein, aber das
Contagium ist auch flüchtig, und es kann Jemand eitrige
Pusteln auf der Haut bekommen, nachdem er nur eine gewisse
Luft geathmet hat. Aehnlich scheint es sich in Fällen zu ver-
halten, wo im Laufe heteroplastischer Prozesse Dyscrasien zu
Stande kommen, welche ihre neuen Eruptionen nicht an Punk-
ten machen, welche nach der Richtung des Lymph- oder Blut-
stromes ihnen zunächst ausgesetzt sein würden, sondern an
entfernten Punkten. Wie sich das Silbersalz nicht in den Lun-
gen ablagert, sondern hindurchgeht, um sich erst in den Nie-
ren oder der Haut nieder zu schlagen, so kann ein ichoröser
Saft von einer Krebsgeschwulst durch die Lungen gehen, ohne
diese zu verändern, während er doch an einem entfernteren
Punkte, z. B. in den Knochen eines weit abgelegenen Theiles
bösartige Veränderungen erweckt.



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[196/0218] Zehnte Vorlesung. fortschwemmen; das ist nur denkbar und möglich an den Ve- nen. Allein auch hier verhält es sich so, dass eine Wahr- scheinlichkeit dafür, dass häufige Verbreitungen auf diesem Wege stattfinden, durchaus nicht vorliegt, aus dem einfachen Grunde, weil die Metastasen des Krebses den Metastasen, die wir bei der Embolie kennen gelernt haben, sehr häufig nicht ent- sprechen. Die gewöhnliche Form der metastatischen Verbrei- tung beim Krebs entspricht vielmehr der Richtung zu den Se- cretionsorganen. Die Lunge erkrankt bekanntlich viel seltener durch Krebs, als die Leber, nicht nur nach Magen- und Uterus- krebs, sondern auch nach Brustkrebs, welcher vielmehr Lungen- krebs erzeugen müsste, wenn es etwas Körperliches wäre, wel- ches fortgeleitet würde, stagnirte und die neue Eruption bedingte. Die Art der metastatischen Verbreitung scheint es vielmehr wahrscheinlich zu machen, dass die Leitung durch gewisse Flüssigkeiten erfolgt, und dass diese die Fähigkeit haben, eine Ansteckung zu erzeugen, welche die einzelnen Theile zur Re- production derselben Masse bestimmt, die ursprünglich vorhan- den war. Man denke sich nur einen ähnlichen Prozess, wie wir ihn bei den Pocken im Grossen haben. Der Pockeneiter, direct übertragen, leitet allerdings den Prozess ein, aber das Contagium ist auch flüchtig, und es kann Jemand eitrige Pusteln auf der Haut bekommen, nachdem er nur eine gewisse Luft geathmet hat. Aehnlich scheint es sich in Fällen zu ver- halten, wo im Laufe heteroplastischer Prozesse Dyscrasien zu Stande kommen, welche ihre neuen Eruptionen nicht an Punk- ten machen, welche nach der Richtung des Lymph- oder Blut- stromes ihnen zunächst ausgesetzt sein würden, sondern an entfernten Punkten. Wie sich das Silbersalz nicht in den Lun- gen ablagert, sondern hindurchgeht, um sich erst in den Nie- ren oder der Haut nieder zu schlagen, so kann ein ichoröser Saft von einer Krebsgeschwulst durch die Lungen gehen, ohne diese zu verändern, während er doch an einem entfernteren Punkte, z. B. in den Knochen eines weit abgelegenen Theiles bösartige Veränderungen erweckt.

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/218>, abgerufen am 24.11.2024.