Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Achte Vorlesung.
schlingenförmige Windungen mache, welche sich vielfach durch-
schlängen und endlich in das ausführende Gefäss fortgingen,
so dass die Drüse nichts weiter als eine Zusammendrängung
von Windungen der einführenden Gefässe darstelle. Die ganze
Sorgfalt der modernen Histologie hat sich darauf gerichtet,
dies Durchtreten von Lymphgefässen durch die Drüse zu con-
statiren; nachdem man sich Jahre lang vergebens darum be-
müht hatte, hat man es endlich aufgegeben.

Im Augenblick dürfte es kaum einen Histologen geben,
welcher an eine vollkommene Continuität der Lymphgefässe
innerhalb einer Lymphdrüse dächte; meist ist die Anschauung
von Kölliker acceptirt, dass die Lymphdrüsen den Strom der
Lymphe unterbrechen, indem das Lymphgefäss sich in das
Parenchym der Drüse auflöst und aus demselben sich wieder
zusammensetzt. Man kann dieses Verhältniss nicht wohl an-
ders vergleichen, als mit einer Art von Filtrirapparat, etwa
wie wir ihn im Kohlen- oder Sandfiltrum besitzen.

Wenn man eine Drüse durchschneidet, so bekommt man
häufig eine Bildung zu Gesichte, wie von einer Niere.
Man sieht, dass an denjenigen Punkten, wo die zuführenden
Gefässe sich auflösen, eine derbere Substanz liegt, von wel-
cher halb umschlossen eine Art von Hilus den Punkt bezeich-
net, an dem die Lymphgefässe die Drüse wieder verlassen.
Hier findet sich ein maschiges Gewebe von oft deutlich areo-
lärem oder cavernösem Bau, in welches ausser den Vasa lym-
phatica efferentia auch Blutgefässe eingehen, um von da weiter
in die eigentliche Substanz einzudringen. Kölliker hat dar-
nach eine Rinden- und Marksubstanz unterschieden; indess ist
die sogenannte Marksubstanz kaum noch drüsiger Natur. Letztere
findet sich hauptsächlich an der Rinde, welche bald mehr, bald
weniger dick ist, und man thut also am besten, wenn man
jenen Theil einfach den Hilus nennt, da aus- und einführende
Gefässe dicht zusammenliegen, gerade so, wie im Hilus der
Niere einerseits die Ureteren und Venen abführen, die Arterien
zuleiten. Wesentlich also für die Drüse ist immer der peri-
pherische Theil, die oft nierenartige Rindensubstanz.

An dieser unterscheidet man, falls die Drüse einigermaas-
sen gut entwickelt ist, (und in einzelnen Fällen pathologischer

Achte Vorlesung.
schlingenförmige Windungen mache, welche sich vielfach durch-
schlängen und endlich in das ausführende Gefäss fortgingen,
so dass die Drüse nichts weiter als eine Zusammendrängung
von Windungen der einführenden Gefässe darstelle. Die ganze
Sorgfalt der modernen Histologie hat sich darauf gerichtet,
dies Durchtreten von Lymphgefässen durch die Drüse zu con-
statiren; nachdem man sich Jahre lang vergebens darum be-
müht hatte, hat man es endlich aufgegeben.

Im Augenblick dürfte es kaum einen Histologen geben,
welcher an eine vollkommene Continuität der Lymphgefässe
innerhalb einer Lymphdrüse dächte; meist ist die Anschauung
von Kölliker acceptirt, dass die Lymphdrüsen den Strom der
Lymphe unterbrechen, indem das Lymphgefäss sich in das
Parenchym der Drüse auflöst und aus demselben sich wieder
zusammensetzt. Man kann dieses Verhältniss nicht wohl an-
ders vergleichen, als mit einer Art von Filtrirapparat, etwa
wie wir ihn im Kohlen- oder Sandfiltrum besitzen.

Wenn man eine Drüse durchschneidet, so bekommt man
häufig eine Bildung zu Gesichte, wie von einer Niere.
Man sieht, dass an denjenigen Punkten, wo die zuführenden
Gefässe sich auflösen, eine derbere Substanz liegt, von wel-
cher halb umschlossen eine Art von Hilus den Punkt bezeich-
net, an dem die Lymphgefässe die Drüse wieder verlassen.
Hier findet sich ein maschiges Gewebe von oft deutlich areo-
lärem oder cavernösem Bau, in welches ausser den Vasa lym-
phatica efferentia auch Blutgefässe eingehen, um von da weiter
in die eigentliche Substanz einzudringen. Kölliker hat dar-
nach eine Rinden- und Marksubstanz unterschieden; indess ist
die sogenannte Marksubstanz kaum noch drüsiger Natur. Letztere
findet sich hauptsächlich an der Rinde, welche bald mehr, bald
weniger dick ist, und man thut also am besten, wenn man
jenen Theil einfach den Hilus nennt, da aus- und einführende
Gefässe dicht zusammenliegen, gerade so, wie im Hilus der
Niere einerseits die Ureteren und Venen abführen, die Arterien
zuleiten. Wesentlich also für die Drüse ist immer der peri-
pherische Theil, die oft nierenartige Rindensubstanz.

An dieser unterscheidet man, falls die Drüse einigermaas-
sen gut entwickelt ist, (und in einzelnen Fällen pathologischer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="156"/><fw place="top" type="header">Achte Vorlesung.</fw><lb/>
schlingenförmige Windungen mache, welche sich vielfach durch-<lb/>
schlängen und endlich in das ausführende Gefäss fortgingen,<lb/>
so dass die Drüse nichts weiter als eine Zusammendrängung<lb/>
von Windungen der einführenden Gefässe darstelle. Die ganze<lb/>
Sorgfalt der modernen Histologie hat sich darauf gerichtet,<lb/>
dies Durchtreten von Lymphgefässen durch die Drüse zu con-<lb/>
statiren; nachdem man sich Jahre lang vergebens darum be-<lb/>
müht hatte, hat man es endlich aufgegeben.</p><lb/>
        <p>Im Augenblick dürfte es kaum einen Histologen geben,<lb/>
welcher an eine vollkommene Continuität der Lymphgefässe<lb/>
innerhalb einer Lymphdrüse dächte; meist ist die Anschauung<lb/>
von <hi rendition="#g">Kölliker</hi> acceptirt, dass die Lymphdrüsen den Strom der<lb/>
Lymphe unterbrechen, indem das Lymphgefäss sich in das<lb/>
Parenchym der Drüse auflöst und aus demselben sich wieder<lb/>
zusammensetzt. Man kann dieses Verhältniss nicht wohl an-<lb/>
ders vergleichen, als mit einer Art von Filtrirapparat, etwa<lb/>
wie wir ihn im Kohlen- oder Sandfiltrum besitzen.</p><lb/>
        <p>Wenn man eine Drüse durchschneidet, so bekommt man<lb/>
häufig eine Bildung zu Gesichte, wie von einer Niere.<lb/>
Man sieht, dass an denjenigen Punkten, wo die zuführenden<lb/>
Gefässe sich auflösen, eine derbere Substanz liegt, von wel-<lb/>
cher halb umschlossen eine Art von Hilus den Punkt bezeich-<lb/>
net, an dem die Lymphgefässe die Drüse wieder verlassen.<lb/>
Hier findet sich ein maschiges Gewebe von oft deutlich areo-<lb/>
lärem oder cavernösem Bau, in welches ausser den Vasa lym-<lb/>
phatica efferentia auch Blutgefässe eingehen, um von da weiter<lb/>
in die eigentliche Substanz einzudringen. <hi rendition="#g">Kölliker</hi> hat dar-<lb/>
nach eine Rinden- und Marksubstanz unterschieden; indess ist<lb/>
die sogenannte Marksubstanz kaum noch drüsiger Natur. Letztere<lb/>
findet sich hauptsächlich an der Rinde, welche bald mehr, bald<lb/>
weniger dick ist, und man thut also am besten, wenn man<lb/>
jenen Theil einfach den Hilus nennt, da aus- und einführende<lb/>
Gefässe dicht zusammenliegen, gerade so, wie im Hilus der<lb/>
Niere einerseits die Ureteren und Venen abführen, die Arterien<lb/>
zuleiten. Wesentlich also für die Drüse ist immer der peri-<lb/>
pherische Theil, die oft nierenartige Rindensubstanz.</p><lb/>
        <p>An dieser unterscheidet man, falls die Drüse einigermaas-<lb/>
sen gut entwickelt ist, (und in einzelnen Fällen pathologischer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0178] Achte Vorlesung. schlingenförmige Windungen mache, welche sich vielfach durch- schlängen und endlich in das ausführende Gefäss fortgingen, so dass die Drüse nichts weiter als eine Zusammendrängung von Windungen der einführenden Gefässe darstelle. Die ganze Sorgfalt der modernen Histologie hat sich darauf gerichtet, dies Durchtreten von Lymphgefässen durch die Drüse zu con- statiren; nachdem man sich Jahre lang vergebens darum be- müht hatte, hat man es endlich aufgegeben. Im Augenblick dürfte es kaum einen Histologen geben, welcher an eine vollkommene Continuität der Lymphgefässe innerhalb einer Lymphdrüse dächte; meist ist die Anschauung von Kölliker acceptirt, dass die Lymphdrüsen den Strom der Lymphe unterbrechen, indem das Lymphgefäss sich in das Parenchym der Drüse auflöst und aus demselben sich wieder zusammensetzt. Man kann dieses Verhältniss nicht wohl an- ders vergleichen, als mit einer Art von Filtrirapparat, etwa wie wir ihn im Kohlen- oder Sandfiltrum besitzen. Wenn man eine Drüse durchschneidet, so bekommt man häufig eine Bildung zu Gesichte, wie von einer Niere. Man sieht, dass an denjenigen Punkten, wo die zuführenden Gefässe sich auflösen, eine derbere Substanz liegt, von wel- cher halb umschlossen eine Art von Hilus den Punkt bezeich- net, an dem die Lymphgefässe die Drüse wieder verlassen. Hier findet sich ein maschiges Gewebe von oft deutlich areo- lärem oder cavernösem Bau, in welches ausser den Vasa lym- phatica efferentia auch Blutgefässe eingehen, um von da weiter in die eigentliche Substanz einzudringen. Kölliker hat dar- nach eine Rinden- und Marksubstanz unterschieden; indess ist die sogenannte Marksubstanz kaum noch drüsiger Natur. Letztere findet sich hauptsächlich an der Rinde, welche bald mehr, bald weniger dick ist, und man thut also am besten, wenn man jenen Theil einfach den Hilus nennt, da aus- und einführende Gefässe dicht zusammenliegen, gerade so, wie im Hilus der Niere einerseits die Ureteren und Venen abführen, die Arterien zuleiten. Wesentlich also für die Drüse ist immer der peri- pherische Theil, die oft nierenartige Rindensubstanz. An dieser unterscheidet man, falls die Drüse einigermaas- sen gut entwickelt ist, (und in einzelnen Fällen pathologischer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/178
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/178>, abgerufen am 22.11.2024.