Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

rentin, wie zeigen Sie sich so widerspänstig?
-- Das nicht, sagte er, aber auf der Folter
bin ich; dieser Walter und ich sind nothwendig
Feinde. Auch weiß ich selbst nicht, wie ich ver-
stimmt bin; erst die Musik -- Sie scheint
Jhnen also keinen angenehmen Eindruck ge-
macht zu haben? fragte sie, ihn laut unterbre-
chend. -- Sie mißverstehen mich, Betty! --
Er suchte die unangenehme, drückende Gegen-
wart der übrigen zu vergessen, und erzählte ihr
ganz so, wie er es fühlte, und als ob er allein
von ihr gehört würde, den Eindruck, den die
erhabene Musik auf ihn gemacht hatte. --
Fragen Sie mich um keine einzelne Stelle,
fuhr er fort, deren entsinne ich mich keiner ein-
zigen; aber mein Gemüth war gelöst von allem
Kummer dieses Lebens. Wie auf Engelschwin-
gen fühlt' ich mich durch die allmächtigen Töne
der Erde entnommen und sah eine neue Welt
sich vor meinen Augen aufthun. -- Walter
kam hier wieder zu ihnen und störte die Unter-
redung und Florentins Begeistrung. Man
sprach von andern Dingen, und zuletzt vom
Monument in der Kapelle. Florentin erkun-

rentin, wie zeigen Sie ſich ſo widerſpaͤnſtig?
— Das nicht, ſagte er, aber auf der Folter
bin ich; dieſer Walter und ich ſind nothwendig
Feinde. Auch weiß ich ſelbſt nicht, wie ich ver-
ſtimmt bin; erſt die Muſik — Sie ſcheint
Jhnen alſo keinen angenehmen Eindruck ge-
macht zu haben? fragte ſie, ihn laut unterbre-
chend. — Sie mißverſtehen mich, Betty! —
Er ſuchte die unangenehme, druͤckende Gegen-
wart der uͤbrigen zu vergeſſen, und erzaͤhlte ihr
ganz ſo, wie er es fuͤhlte, und als ob er allein
von ihr gehoͤrt wuͤrde, den Eindruck, den die
erhabene Muſik auf ihn gemacht hatte. —
Fragen Sie mich um keine einzelne Stelle,
fuhr er fort, deren entſinne ich mich keiner ein-
zigen; aber mein Gemuͤth war geloͤſt von allem
Kummer dieſes Lebens. Wie auf Engelſchwin-
gen fuͤhlt’ ich mich durch die allmaͤchtigen Toͤne
der Erde entnommen und ſah eine neue Welt
ſich vor meinen Augen aufthun. — Walter
kam hier wieder zu ihnen und ſtoͤrte die Unter-
redung und Florentins Begeiſtrung. Man
ſprach von andern Dingen, und zuletzt vom
Monument in der Kapelle. Florentin erkun-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="378"/>
rentin, wie zeigen Sie &#x017F;ich &#x017F;o wider&#x017F;pa&#x0364;n&#x017F;tig?<lb/>
&#x2014; Das nicht, &#x017F;agte er, aber auf der Folter<lb/>
bin ich; die&#x017F;er Walter und ich &#x017F;ind nothwendig<lb/>
Feinde. Auch weiß ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht, wie ich ver-<lb/>
&#x017F;timmt bin; er&#x017F;t die Mu&#x017F;ik &#x2014; Sie &#x017F;cheint<lb/>
Jhnen al&#x017F;o keinen angenehmen Eindruck ge-<lb/>
macht zu haben? fragte &#x017F;ie, ihn laut unterbre-<lb/>
chend. &#x2014; Sie mißver&#x017F;tehen mich, Betty! &#x2014;<lb/>
Er &#x017F;uchte die unangenehme, dru&#x0364;ckende Gegen-<lb/>
wart der u&#x0364;brigen zu verge&#x017F;&#x017F;en, und erza&#x0364;hlte ihr<lb/>
ganz &#x017F;o, wie er es fu&#x0364;hlte, und als ob er allein<lb/>
von ihr geho&#x0364;rt wu&#x0364;rde, den Eindruck, den die<lb/>
erhabene Mu&#x017F;ik auf ihn gemacht hatte. &#x2014;<lb/>
Fragen Sie mich um keine einzelne Stelle,<lb/>
fuhr er fort, deren ent&#x017F;inne ich mich keiner ein-<lb/>
zigen; aber mein Gemu&#x0364;th war gelo&#x0364;&#x017F;t von allem<lb/>
Kummer die&#x017F;es Lebens. Wie auf Engel&#x017F;chwin-<lb/>
gen fu&#x0364;hlt&#x2019; ich mich durch die allma&#x0364;chtigen To&#x0364;ne<lb/>
der Erde entnommen und &#x017F;ah eine neue Welt<lb/>
&#x017F;ich vor meinen Augen aufthun. &#x2014; Walter<lb/>
kam hier wieder zu ihnen und &#x017F;to&#x0364;rte die Unter-<lb/>
redung und Florentins Begei&#x017F;trung. Man<lb/>
&#x017F;prach von andern Dingen, und zuletzt vom<lb/>
Monument in der Kapelle. Florentin erkun-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[378/0386] rentin, wie zeigen Sie ſich ſo widerſpaͤnſtig? — Das nicht, ſagte er, aber auf der Folter bin ich; dieſer Walter und ich ſind nothwendig Feinde. Auch weiß ich ſelbſt nicht, wie ich ver- ſtimmt bin; erſt die Muſik — Sie ſcheint Jhnen alſo keinen angenehmen Eindruck ge- macht zu haben? fragte ſie, ihn laut unterbre- chend. — Sie mißverſtehen mich, Betty! — Er ſuchte die unangenehme, druͤckende Gegen- wart der uͤbrigen zu vergeſſen, und erzaͤhlte ihr ganz ſo, wie er es fuͤhlte, und als ob er allein von ihr gehoͤrt wuͤrde, den Eindruck, den die erhabene Muſik auf ihn gemacht hatte. — Fragen Sie mich um keine einzelne Stelle, fuhr er fort, deren entſinne ich mich keiner ein- zigen; aber mein Gemuͤth war geloͤſt von allem Kummer dieſes Lebens. Wie auf Engelſchwin- gen fuͤhlt’ ich mich durch die allmaͤchtigen Toͤne der Erde entnommen und ſah eine neue Welt ſich vor meinen Augen aufthun. — Walter kam hier wieder zu ihnen und ſtoͤrte die Unter- redung und Florentins Begeiſtrung. Man ſprach von andern Dingen, und zuletzt vom Monument in der Kapelle. Florentin erkun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/386
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/386>, abgerufen am 26.06.2024.