ewigen Verdrüßlichkeiten und Zänkereyen. Uebrigens war er, was man einen recht guten thätigen Mann nennt. Niemals hat wohl jemand, bey so vielen Anspruch auf Gravität und Würde, mehr Anlaß zum Lachen und Bedauern gegeben, als der gu- te Oberstwachtmeister. Er brachte bisweilen seine Lächerlichkeiten mit einer solchen Nai- vetät vor, daß man geneigt war zu glau- ben, er wolle sich selbst parodiren: so ge- schah es denn oft, daß seine Hörer ohne alle kränkende Absicht laut auf lachten, wo er eigentlich die ernsthafteste Aufmerksamkeit hatte erregen wollen.
Bey seinem jetzigen Besuche brachte er das Gespräch auf die ökonomischen Einrich- tungen des Grafen, und konnte seine Ver- wunderung nicht genug darüber bezeigen, daß diesem alles so wohl, so leicht und ohne alle Widerwärtigkeiten gelinge, wäh- rend er mit aller Arbeit es nur bis zum Streit und zur Verwirrung zu bringen wisse. Er hatte auf seinem Wege nach dem Schloß
ewigen Verdruͤßlichkeiten und Zaͤnkereyen. Uebrigens war er, was man einen recht guten thaͤtigen Mann nennt. Niemals hat wohl jemand, bey ſo vielen Anſpruch auf Gravitaͤt und Wuͤrde, mehr Anlaß zum Lachen und Bedauern gegeben, als der gu- te Oberſtwachtmeiſter. Er brachte bisweilen ſeine Laͤcherlichkeiten mit einer ſolchen Nai- vetaͤt vor, daß man geneigt war zu glau- ben, er wolle ſich ſelbſt parodiren: ſo ge- ſchah es denn oft, daß ſeine Hoͤrer ohne alle kraͤnkende Abſicht laut auf lachten, wo er eigentlich die ernſthafteſte Aufmerkſamkeit hatte erregen wollen.
Bey ſeinem jetzigen Beſuche brachte er das Geſpraͤch auf die oͤkonomiſchen Einrich- tungen des Grafen, und konnte ſeine Ver- wunderung nicht genug daruͤber bezeigen, daß dieſem alles ſo wohl, ſo leicht und ohne alle Widerwaͤrtigkeiten gelinge, waͤh- rend er mit aller Arbeit es nur bis zum Streit und zur Verwirrung zu bringen wiſſe. Er hatte auf ſeinem Wege nach dem Schloß
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ewigen Verdruͤßlichkeiten und Zaͤnkereyen.
Uebrigens war er, was man einen recht
guten thaͤtigen Mann nennt. Niemals hat
wohl jemand, bey ſo vielen Anſpruch auf
Gravitaͤt und Wuͤrde, mehr Anlaß zum
Lachen und Bedauern gegeben, als der gu-
te Oberſtwachtmeiſter. Er brachte bisweilen
ſeine Laͤcherlichkeiten mit einer ſolchen Nai-
vetaͤt vor, daß man geneigt war zu glau-
ben, er wolle ſich ſelbſt parodiren: ſo ge-
ſchah es denn oft, daß ſeine Hoͤrer ohne
alle kraͤnkende Abſicht laut auf lachten, wo
er eigentlich die ernſthafteſte Aufmerkſamkeit
hatte erregen wollen.
Bey ſeinem jetzigen Beſuche brachte er
das Geſpraͤch auf die oͤkonomiſchen Einrich-
tungen des Grafen, und konnte ſeine Ver-
wunderung nicht genug daruͤber bezeigen,
daß dieſem alles ſo wohl, ſo leicht und
ohne alle Widerwaͤrtigkeiten gelinge, waͤh-
rend er mit aller Arbeit es nur bis zum
Streit und zur Verwirrung zu bringen wiſſe.
Er hatte auf ſeinem Wege nach dem Schloß
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/271>, abgerufen am 24.11.2024.
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