gelassen hatte. Es war ihm klar, daß es Eifersucht sey, was das schöne reine Ver- hältniß der Liebenden zerstöre. Eine äng- stigende Unruh drückte sein Herz, da es ihm einfiel, daß er selbst vielleicht, unglückli- cher oder unvorsichtiger Weise, Ursach dazu gegeben habe. Er überdachte noch einmal jedes Wort, das ihm Eduard vor der Thür gesagt hatte, er mußte ihn bewundern, daß er, bey einer Leidenschaft, die ihm selbst so fürchterlich und so zerreissend schien, mit so viel Feinheit und Aufopferung fühlte und sich äußerte. Sein Glaube an Eduards schö- ne edle Seele erhielt eine neue Bestätigung, die ihn mehr als jemals anzog; auf diese Weise fühlte er sich von widersprechenden Gefühlen durchstürmt, und alles, was er in sich beschließen konnte war: bald, sehr bald fort zu gehen.
Während daß er in sich gekehrt, und in seine Gedanken verlohren da saß, waren die übrigen in einem allgemeinen Gespräch begriffen. Juliane erzählte: das Brausen
gelaſſen hatte. Es war ihm klar, daß es Eiferſucht ſey, was das ſchoͤne reine Ver- haͤltniß der Liebenden zerſtoͤre. Eine aͤng- ſtigende Unruh druͤckte ſein Herz, da es ihm einfiel, daß er ſelbſt vielleicht, ungluͤckli- cher oder unvorſichtiger Weiſe, Urſach dazu gegeben habe. Er uͤberdachte noch einmal jedes Wort, das ihm Eduard vor der Thuͤr geſagt hatte, er mußte ihn bewundern, daß er, bey einer Leidenſchaft, die ihm ſelbſt ſo fuͤrchterlich und ſo zerreiſſend ſchien, mit ſo viel Feinheit und Aufopferung fuͤhlte und ſich aͤußerte. Sein Glaube an Eduards ſchoͤ- ne edle Seele erhielt eine neue Beſtaͤtigung, die ihn mehr als jemals anzog; auf dieſe Weiſe fuͤhlte er ſich von widerſprechenden Gefuͤhlen durchſtuͤrmt, und alles, was er in ſich beſchließen konnte war: bald, ſehr bald fort zu gehen.
Waͤhrend daß er in ſich gekehrt, und in ſeine Gedanken verlohren da ſaß, waren die uͤbrigen in einem allgemeinen Geſpraͤch begriffen. Juliane erzaͤhlte: das Brauſen
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gelaſſen hatte. Es war ihm klar, daß es
Eiferſucht ſey, was das ſchoͤne reine Ver-
haͤltniß der Liebenden zerſtoͤre. Eine aͤng-
ſtigende Unruh druͤckte ſein Herz, da es ihm
einfiel, daß er ſelbſt vielleicht, ungluͤckli-
cher oder unvorſichtiger Weiſe, Urſach dazu
gegeben habe. Er uͤberdachte noch einmal
jedes Wort, das ihm Eduard vor der Thuͤr
geſagt hatte, er mußte ihn bewundern, daß
er, bey einer Leidenſchaft, die ihm ſelbſt
ſo fuͤrchterlich und ſo zerreiſſend ſchien, mit
ſo viel Feinheit und Aufopferung fuͤhlte und
ſich aͤußerte. Sein Glaube an Eduards ſchoͤ-
ne edle Seele erhielt eine neue Beſtaͤtigung,
die ihn mehr als jemals anzog; auf dieſe
Weiſe fuͤhlte er ſich von widerſprechenden
Gefuͤhlen durchſtuͤrmt, und alles, was er in
ſich beſchließen konnte war: bald, ſehr bald
fort zu gehen.
Waͤhrend daß er in ſich gekehrt, und
in ſeine Gedanken verlohren da ſaß, waren
die uͤbrigen in einem allgemeinen Geſpraͤch
begriffen. Juliane erzaͤhlte: das Brauſen
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/240>, abgerufen am 21.11.2024.
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