ich für alles: was so überflüssig und nöthig ist. Auch ich komme gern, gern, zu Ihnen; und gewiß. Ich denke es mir so schön! Auch V. ist von Ihrer Einladung geschmeichelt. Auf mich und Dore können Sie rechnen. Zuerst aber müssen Sie hierher kommen, und wir reden alles ab; auch für den Som- mer. -- Glauben Sie niemals jemanden über mich, als mir und Ihnen, ja sogar hören Sie niemanden an, denn wie oft muß ich lügen, und wie oft, sehe ich, wird meine tiefste Wahrheit dafür angenommen; und das liebe Leutevolk sollte besser wissen, wie es ist, als Sie, die Sie mich kennen? In jedem Falle aber bin ich zu jeder vernünftigen Rechenschaft zeitlebens be- reit, welches ich hiermt als Wechsel gebe. Ihr Brief war vortrefflich, wie alles, was Sie schreiben, und besonders wenn Sie nur so sich und mir gegenüber schreiben. Er soll schon nach und nach durch Leben und Schreiben beantwortet wer- den. -- Der Herr Poley ist von Ihrem Anblicke so vergnügt, erstaunt, verwundert, entzückt und erfreut gewesen, als wenn ein sechsundzwanzigjähriger Mensch zum erstenmale eine Rose sähe, und bis dahin alle andern Blumen gesehn und geliebt hätte. Mehr will ich ihm doch nicht diktiren. Er soll das Glück haben, selber die Rose zu pflegen. -- Dore steht auch grüßend da, und ich werde diesen Brief eigenhändig endigen.
Adieu, liebes Kind! Haben Sie klare Augen für mich! -- und klar wird Ihnen meine Werthschätzung und Zuneigung zu Ihnen sein! Kommen Sie nur bald. Ihre treue Antheil- volle; für Haus, Garten, Ruhe und alle Gaben, die Sie selbst sind und haben. Gott lasse Ihnen Mama. Ranke sehe ich sehr selten. Einmal allein sehr gut. Schlippenbach dann und
ich für alles: was ſo überflüſſig und nöthig iſt. Auch ich komme gern, gern, zu Ihnen; und gewiß. Ich denke es mir ſo ſchön! Auch V. iſt von Ihrer Einladung geſchmeichelt. Auf mich und Dore können Sie rechnen. Zuerſt aber müſſen Sie hierher kommen, und wir reden alles ab; auch für den Som- mer. — Glauben Sie niemals jemanden über mich, als mir und Ihnen, ja ſogar hören Sie niemanden an, denn wie oft muß ich lügen, und wie oft, ſehe ich, wird meine tiefſte Wahrheit dafür angenommen; und das liebe Leutevolk ſollte beſſer wiſſen, wie es iſt, als Sie, die Sie mich kennen? In jedem Falle aber bin ich zu jeder vernünftigen Rechenſchaft zeitlebens be- reit, welches ich hiermt als Wechſel gebe. Ihr Brief war vortrefflich, wie alles, was Sie ſchreiben, und beſonders wenn Sie nur ſo ſich und mir gegenüber ſchreiben. Er ſoll ſchon nach und nach durch Leben und Schreiben beantwortet wer- den. — Der Herr Poley iſt von Ihrem Anblicke ſo vergnügt, erſtaunt, verwundert, entzückt und erfreut geweſen, als wenn ein ſechsundzwanzigjähriger Menſch zum erſtenmale eine Roſe ſähe, und bis dahin alle andern Blumen geſehn und geliebt hätte. Mehr will ich ihm doch nicht diktiren. Er ſoll das Glück haben, ſelber die Roſe zu pflegen. — Dore ſteht auch grüßend da, und ich werde dieſen Brief eigenhändig endigen.
Adieu, liebes Kind! Haben Sie klare Augen für mich! — und klar wird Ihnen meine Werthſchätzung und Zuneigung zu Ihnen ſein! Kommen Sie nur bald. Ihre treue Antheil- volle; für Haus, Garten, Ruhe und alle Gaben, die Sie ſelbſt ſind und haben. Gott laſſe Ihnen Mama. Ranke ſehe ich ſehr ſelten. Einmal allein ſehr gut. Schlippenbach dann und
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ich für alles: was ſo überflüſſig und nöthig iſt. Auch ich
komme gern, gern, zu Ihnen; und gewiß. Ich denke es mir
ſo ſchön! Auch V. iſt von Ihrer Einladung geſchmeichelt.
Auf mich und Dore können Sie rechnen. Zuerſt aber müſſen
Sie hierher kommen, und wir reden alles ab; auch für den Som-
mer. — Glauben Sie niemals jemanden über mich, als mir und
Ihnen, ja ſogar hören Sie niemanden an, denn wie oft muß
ich lügen, und wie oft, ſehe ich, wird meine tiefſte Wahrheit
dafür angenommen; und das liebe Leutevolk ſollte beſſer wiſſen,
wie es iſt, als Sie, die Sie mich kennen? In jedem Falle
aber bin ich zu jeder vernünftigen Rechenſchaft zeitlebens be-
reit, welches ich hiermt als Wechſel gebe. Ihr Brief war
vortrefflich, wie alles, was Sie ſchreiben, und beſonders wenn
Sie nur ſo ſich und mir gegenüber ſchreiben. Er ſoll ſchon
nach und nach durch Leben und Schreiben beantwortet wer-
den. — Der Herr Poley iſt von Ihrem Anblicke ſo vergnügt,
erſtaunt, verwundert, entzückt und erfreut geweſen, als wenn
ein ſechsundzwanzigjähriger Menſch zum erſtenmale eine Roſe
ſähe, und bis dahin alle andern Blumen geſehn und geliebt
hätte. Mehr will ich ihm doch nicht diktiren. Er ſoll das
Glück haben, ſelber die Roſe zu pflegen. — Dore ſteht auch
grüßend da, und ich werde dieſen Brief eigenhändig endigen.
Adieu, liebes Kind! Haben Sie klare Augen für mich! —
und klar wird Ihnen meine Werthſchätzung und Zuneigung
zu Ihnen ſein! Kommen Sie nur bald. Ihre treue Antheil-
volle; für Haus, Garten, Ruhe und alle Gaben, die Sie ſelbſt
ſind und haben. Gott laſſe Ihnen Mama. Ranke ſehe ich
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/546>, abgerufen am 24.11.2024.
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