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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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solchen göttlichen Plan erfunden, solchen herrlichen Gedanken,
und, wie Sie ihn dem Fürsten Metternich mitgetheilt, wäre
er an sein Bureau getreten, und hätte aufgeschrieben heraus-
gelangt, was Sie ihm gesagt? Sie wollten nie sagen, was
es war. Es war der deutsche Bund, dachte ich nachher. Da-
mals war der gut. Erfinden Sie wieder etwas. Ich zweifle
nicht. Verzweifeln Sie nicht: und alles ist noch gut.

Lieben Sie denn Ihre Blumen nicht mehr? Nicht Luft,
Wetter? Das Gefühl Ihrer selbst, das Wetter in Ihnen?
Wie krank bin ich! Wie gestört! welche Deboires habe ich
Dezennien lang verschlucken müssen, welche Leiden! Und Phö-
nix nach Phönix stieg empor! Nicht, daß es mir so gefällt;
nicht, daß ich's annehme: Nein! Nein! Nein! und ewig
Nein! Aber ehrlich verarbeitet hab' ich's. Ich mag wohl in
zwanzig Jahren keine persönliche Satisfaktion gehabt haben.
Und weiß es wohl. Und schaffe mir menschliche: durch Theil-
nahme, durch Meditation, Einsicht, Schwung, Fröhlichkeit,
Güte, Unschuld -- je ne parle pas a mon aise. -- Und Sie
sprechen von vierzig Jahr Arbeit. Genuß war die: und
was brachte sie Ihnen ein! Allen Lebensgenuß und Wohlha-
benheitsfülle, Geselligkeitsgenuß; Reisen, Garten, Pferde, Anre-
gung, Leben jeder Art. (Ich sollte Ihnen erzählen!!) Wie
bescheiden gucke ich aus meinem Winkel hervor und hinauf!
Wie tief- und frohsinnig: aber welche Abgaben bekam der
Teufel durch meine nun für mich nicht mehr zu fassenden
Leiden aller Art! Me voila. Ich tröste mich und Sie. Und
bin überzeugt, daß es mit zum Erdenleben gehört, daß jeder
in dem gekränkt werde, was ihm das Empfindlichste, das

ſolchen göttlichen Plan erfunden, ſolchen herrlichen Gedanken,
und, wie Sie ihn dem Fürſten Metternich mitgetheilt, wäre
er an ſein Bureau getreten, und hätte aufgeſchrieben heraus-
gelangt, was Sie ihm geſagt? Sie wollten nie ſagen, was
es war. Es war der deutſche Bund, dachte ich nachher. Da-
mals war der gut. Erfinden Sie wieder etwas. Ich zweifle
nicht. Verzweifeln Sie nicht: und alles iſt noch gut.

Lieben Sie denn Ihre Blumen nicht mehr? Nicht Luft,
Wetter? Das Gefühl Ihrer ſelbſt, das Wetter in Ihnen?
Wie krank bin ich! Wie geſtört! welche Deboires habe ich
Dezennien lang verſchlucken müſſen, welche Leiden! Und Phö-
nix nach Phönix ſtieg empor! Nicht, daß es mir ſo gefällt;
nicht, daß ich’s annehme: Nein! Nein! Nein! und ewig
Nein! Aber ehrlich verarbeitet hab’ ich’s. Ich mag wohl in
zwanzig Jahren keine perſönliche Satisfaktion gehabt haben.
Und weiß es wohl. Und ſchaffe mir menſchliche: durch Theil-
nahme, durch Meditation, Einſicht, Schwung, Fröhlichkeit,
Güte, Unſchuld — je ne parle pas à mon aise. — Und Sie
ſprechen von vierzig Jahr Arbeit. Genuß war die: und
was brachte ſie Ihnen ein! Allen Lebensgenuß und Wohlha-
benheitsfülle, Geſelligkeitsgenuß; Reiſen, Garten, Pferde, Anre-
gung, Leben jeder Art. (Ich ſollte Ihnen erzählen!!) Wie
beſcheiden gucke ich aus meinem Winkel hervor und hinauf!
Wie tief- und frohſinnig: aber welche Abgaben bekam der
Teufel durch meine nun für mich nicht mehr zu faſſenden
Leiden aller Art! Me voilà. Ich tröſte mich und Sie. Und
bin überzeugt, daß es mit zum Erdenleben gehört, daß jeder
in dem gekränkt werde, was ihm das Empfindlichſte, das

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[485/0493] ſolchen göttlichen Plan erfunden, ſolchen herrlichen Gedanken, und, wie Sie ihn dem Fürſten Metternich mitgetheilt, wäre er an ſein Bureau getreten, und hätte aufgeſchrieben heraus- gelangt, was Sie ihm geſagt? Sie wollten nie ſagen, was es war. Es war der deutſche Bund, dachte ich nachher. Da- mals war der gut. Erfinden Sie wieder etwas. Ich zweifle nicht. Verzweifeln Sie nicht: und alles iſt noch gut. Lieben Sie denn Ihre Blumen nicht mehr? Nicht Luft, Wetter? Das Gefühl Ihrer ſelbſt, das Wetter in Ihnen? Wie krank bin ich! Wie geſtört! welche Deboires habe ich Dezennien lang verſchlucken müſſen, welche Leiden! Und Phö- nix nach Phönix ſtieg empor! Nicht, daß es mir ſo gefällt; nicht, daß ich’s annehme: Nein! Nein! Nein! und ewig Nein! Aber ehrlich verarbeitet hab’ ich’s. Ich mag wohl in zwanzig Jahren keine perſönliche Satisfaktion gehabt haben. Und weiß es wohl. Und ſchaffe mir menſchliche: durch Theil- nahme, durch Meditation, Einſicht, Schwung, Fröhlichkeit, Güte, Unſchuld — je ne parle pas à mon aise. — Und Sie ſprechen von vierzig Jahr Arbeit. Genuß war die: und was brachte ſie Ihnen ein! Allen Lebensgenuß und Wohlha- benheitsfülle, Geſelligkeitsgenuß; Reiſen, Garten, Pferde, Anre- gung, Leben jeder Art. (Ich ſollte Ihnen erzählen!!) Wie beſcheiden gucke ich aus meinem Winkel hervor und hinauf! Wie tief- und frohſinnig: aber welche Abgaben bekam der Teufel durch meine nun für mich nicht mehr zu faſſenden Leiden aller Art! Me voilà. Ich tröſte mich und Sie. Und bin überzeugt, daß es mit zum Erdenleben gehört, daß jeder in dem gekränkt werde, was ihm das Empfindlichſte, das

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/493>, abgerufen am 27.11.2024.