gehen. Eine einige große Musik. So verstand ich auch Friedrich Schlegel, als er in Frankfurt ganz ernst sagte, das Feuer sei ein Geist. Das Feuer will etwas Bestimmtes: es hat gleichsam, oder es ist ein Auftrag, des höchsten Willens: und so alle Geister; und alles bis zur Geistigkeit Verfolgtes. Unsres innersten Strebens sind wir uns bewußter, als dessen Beschränkung, Bedingung und Beziehung: und es ist einer der irremachendsten und verbreitetsten Irrthümer, daß wir ge- wöhnlich glauben, wir wüßten mehr vom Körper, als vom Geist: wir leiden mehr vom Körper, weil wir in dem Verhält- nisse zu ihm noch weniger thätig zu sein vermögen, und noch weniger von seinen Eigenschaften kennen, diese Unkenntniß allein macht ihn illusorisch für uns zum Körper. So ist's auch schon im menschlichen Umgang. Je weniger wir Eines Geist kennen, je mehr ist er Sache, Unkenntliches, Zwingendes für uns. Er- kenntniß ist Fortschreiten, Leben, höherer Auftrag, Willens- verständniß, Anneigung, erhöhte Existenz. --
Sonnabend, den 21. April 1821.
Seit Kindheit an hatte ich eine Art von Furcht vor Uh- ren und vor Wasser in Teichen und Gefäßen, als Tonnen, oder Fässer; kurz, vor gefangenem Wasser. Heute fällt mir erst ein, daß dies nur zwei verschiedene Richtungen derselben Scheu sind, die auch nur einen und denselben Gedanken zum Grunde hat. -- Ist es nicht sonderbar, daß man tiefer in sich, ohne Boleuchtung des Bewußtseins, klüger sein kann, als im Hellen? -- In den Teichen und Gefäßen ist eine Willenskraft des Elements gefangen und eine Thätigkeit gehemmt; bei der
gehen. Eine einige große Muſik. So verſtand ich auch Friedrich Schlegel, als er in Frankfurt ganz ernſt ſagte, das Feuer ſei ein Geiſt. Das Feuer will etwas Beſtimmtes: es hat gleichſam, oder es iſt ein Auftrag, des höchſten Willens: und ſo alle Geiſter; und alles bis zur Geiſtigkeit Verfolgtes. Unſres innerſten Strebens ſind wir uns bewußter, als deſſen Beſchränkung, Bedingung und Beziehung: und es iſt einer der irremachendſten und verbreitetſten Irrthümer, daß wir ge- wöhnlich glauben, wir wüßten mehr vom Körper, als vom Geiſt: wir leiden mehr vom Körper, weil wir in dem Verhält- niſſe zu ihm noch weniger thätig zu ſein vermögen, und noch weniger von ſeinen Eigenſchaften kennen, dieſe Unkenntniß allein macht ihn illuſoriſch für uns zum Körper. So iſt’s auch ſchon im menſchlichen Umgang. Je weniger wir Eines Geiſt kennen, je mehr iſt er Sache, Unkenntliches, Zwingendes für uns. Er- kenntniß iſt Fortſchreiten, Leben, höherer Auftrag, Willens- verſtändniß, Anneigung, erhöhte Exiſtenz. —
Sonnabend, den 21. April 1821.
Seit Kindheit an hatte ich eine Art von Furcht vor Uh- ren und vor Waſſer in Teichen und Gefäßen, als Tonnen, oder Fäſſer; kurz, vor gefangenem Waſſer. Heute fällt mir erſt ein, daß dies nur zwei verſchiedene Richtungen derſelben Scheu ſind, die auch nur einen und denſelben Gedanken zum Grunde hat. — Iſt es nicht ſonderbar, daß man tiefer in ſich, ohne Boleuchtung des Bewußtſeins, klüger ſein kann, als im Hellen? — In den Teichen und Gefäßen iſt eine Willenskraft des Elements gefangen und eine Thätigkeit gehemmt; bei der
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gehen. Eine einige große Muſik. So verſtand ich auch
Friedrich Schlegel, als er in Frankfurt ganz ernſt ſagte, das
Feuer ſei ein Geiſt. Das Feuer will etwas Beſtimmtes: es
hat gleichſam, oder es iſt ein Auftrag, des höchſten Willens:
und ſo alle Geiſter; und alles bis zur Geiſtigkeit Verfolgtes.
Unſres innerſten Strebens ſind wir uns bewußter, als deſſen
Beſchränkung, Bedingung und Beziehung: und es iſt einer
der irremachendſten und verbreitetſten Irrthümer, daß wir ge-
wöhnlich glauben, wir wüßten mehr vom Körper, als vom
Geiſt: wir leiden mehr vom Körper, weil wir in dem Verhält-
niſſe zu ihm noch weniger thätig zu ſein vermögen, und noch
weniger von ſeinen Eigenſchaften kennen, dieſe Unkenntniß allein
macht ihn illuſoriſch für uns zum Körper. So iſt’s auch ſchon
im menſchlichen Umgang. Je weniger wir Eines Geiſt kennen,
je mehr iſt er Sache, Unkenntliches, Zwingendes für uns. Er-
kenntniß iſt Fortſchreiten, Leben, höherer Auftrag, Willens-
verſtändniß, Anneigung, erhöhte Exiſtenz. —
Sonnabend, den 21. April 1821.
Seit Kindheit an hatte ich eine Art von Furcht vor Uh-
ren und vor Waſſer in Teichen und Gefäßen, als Tonnen,
oder Fäſſer; kurz, vor gefangenem Waſſer. Heute fällt mir
erſt ein, daß dies nur zwei verſchiedene Richtungen derſelben
Scheu ſind, die auch nur einen und denſelben Gedanken zum
Grunde hat. — Iſt es nicht ſonderbar, daß man tiefer in ſich,
ohne Boleuchtung des Bewußtſeins, klüger ſein kann, als im
Hellen? — In den Teichen und Gefäßen iſt eine Willenskraft
des Elements gefangen und eine Thätigkeit gehemmt; bei der
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/49>, abgerufen am 28.11.2024.
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