sen Sie Ihren Bruder zu sich nach Dresden, Berlin, Töplitz, oder nach dem Rhein kommen. Lassen Sie es sich nicht neh- men, über Calais und Paris zu kommen. Sehen Sie dort geschwind viel, und Mad. Genlis: grüßen Sie sie, herzen Sie sie, küssen Sie sie! und sagen Sie ihr, ihre brutalsten Vor- urtheile sind mir lieber als ihrer Rivalin -- der Welt nach -- freisinnigste Papagai-Reden. Sie wäre so konsequent von der Natur begabt, daß sie von den Straßenlaternen zur Mor- genröthe und Sonne gelangte; und jene, von der strahlendsten Sonne zu den Laternen, Lampen und Lüstres der Salons. Ich liebe die Genlis unendlich. Ihr Stil riecht gut; er verbreitet eine Atmosphäre; von wie tief kommt eine so genannte Äußerlichkeit her! Lassen Sie uns genau wissen, wann Sie nach Deutschland kommen, wann hierher: kurz, eine genaue Marschroute; damit Sie zu erhaschen sind. Wir wollen recht sprechen! Über alles, Viele sind todt. Von denen wollen wir sprechen, da wir noch leben. Varnh, freut sich sehr, Sie kennen zu lernen: weil ich unendlich viel von Ihnen spreche. Fragen Sie Doktor Boll- mann -- No. 139. Sloanesstrect -- ob er uns nichts mitzu- schicken hat. Tausend Grüße an ihn! Reden Sie ihm zu, mit seinen zwei Töchtern mitzukommen. Lebt Doktor Young noch? Hat er sich beibehalten? Ist er kein Pedant gewor- den? Dieser Brief muß Ihnen sehr lang dünken, da Sie Mad. Herz schreiben, daß der an sie Ihr längster seit Jahren ist: ich im Gegentheil schreibe nur Briefe, diese äußerst selten, aber sehr lang. Dieser ist ein Morgenbillet. Ich richtete mich nach Ihnen, sonst hätte ich Ihnen alles von hier, von mir, von Todten und Lebendigen geschrieben: doch alles dies nun
ſen Sie Ihren Bruder zu ſich nach Dresden, Berlin, Töplitz, oder nach dem Rhein kommen. Laſſen Sie es ſich nicht neh- men, über Calais und Paris zu kommen. Sehen Sie dort geſchwind viel, und Mad. Genlis: grüßen Sie ſie, herzen Sie ſie, küſſen Sie ſie! und ſagen Sie ihr, ihre brutalſten Vor- urtheile ſind mir lieber als ihrer Rivalin — der Welt nach — freiſinnigſte Papagai-Reden. Sie wäre ſo konſequent von der Natur begabt, daß ſie von den Straßenlaternen zur Mor- genröthe und Sonne gelangte; und jene, von der ſtrahlendſten Sonne zu den Laternen, Lampen und Lüſtres der Salons. Ich liebe die Genlis unendlich. Ihr Stil riecht gut; er verbreitet eine Atmoſphäre; von wie tief kommt eine ſo genannte Äußerlichkeit her! Laſſen Sie uns genau wiſſen, wann Sie nach Deutſchland kommen, wann hierher: kurz, eine genaue Marſchroute; damit Sie zu erhaſchen ſind. Wir wollen recht ſprechen! Über alles, Viele ſind todt. Von denen wollen wir ſprechen, da wir noch leben. Varnh, freut ſich ſehr, Sie kennen zu lernen: weil ich unendlich viel von Ihnen ſpreche. Fragen Sie Doktor Boll- mann — No. 139. Sloanesstrect — ob er uns nichts mitzu- ſchicken hat. Tauſend Grüße an ihn! Reden Sie ihm zu, mit ſeinen zwei Töchtern mitzukommen. Lebt Doktor Young noch? Hat er ſich beibehalten? Iſt er kein Pedant gewor- den? Dieſer Brief muß Ihnen ſehr lang dünken, da Sie Mad. Herz ſchreiben, daß der an ſie Ihr längſter ſeit Jahren iſt: ich im Gegentheil ſchreibe nur Briefe, dieſe äußerſt ſelten, aber ſehr lang. Dieſer iſt ein Morgenbillet. Ich richtete mich nach Ihnen, ſonſt hätte ich Ihnen alles von hier, von mir, von Todten und Lebendigen geſchrieben: doch alles dies nun
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ſen Sie Ihren Bruder zu ſich nach Dresden, Berlin, Töplitz,
oder nach dem Rhein kommen. Laſſen Sie es ſich nicht neh-
men, über Calais und Paris zu kommen. Sehen Sie dort
geſchwind viel, und Mad. Genlis: grüßen Sie ſie, herzen Sie
ſie, küſſen Sie ſie! und ſagen Sie ihr, ihre brutalſten Vor-
urtheile ſind mir lieber als ihrer Rivalin — der Welt nach —
freiſinnigſte Papagai-Reden. Sie wäre ſo konſequent von
der Natur begabt, daß ſie von den Straßenlaternen zur Mor-
genröthe und Sonne gelangte; und jene, von der ſtrahlendſten
Sonne zu den Laternen, Lampen und Lüſtres der Salons. Ich
liebe die Genlis unendlich. Ihr Stil riecht gut; er verbreitet eine
Atmoſphäre; von wie tief kommt eine ſo genannte Äußerlichkeit
her! Laſſen Sie uns genau wiſſen, wann Sie nach Deutſchland
kommen, wann hierher: kurz, eine genaue Marſchroute; damit
Sie zu erhaſchen ſind. Wir wollen recht ſprechen! Über alles,
Viele ſind todt. Von denen wollen wir ſprechen, da wir noch
leben. Varnh, freut ſich ſehr, Sie kennen zu lernen: weil ich
unendlich viel von Ihnen ſpreche. Fragen Sie Doktor Boll-
mann — No. 139. Sloanesstrect — ob er uns nichts mitzu-
ſchicken hat. Tauſend Grüße an ihn! Reden Sie ihm zu,
mit ſeinen zwei Töchtern mitzukommen. Lebt Doktor Young
noch? Hat er ſich beibehalten? Iſt er kein Pedant gewor-
den? Dieſer Brief muß Ihnen ſehr lang dünken, da Sie
Mad. Herz ſchreiben, daß der an ſie Ihr längſter ſeit Jahren
iſt: ich im Gegentheil ſchreibe nur Briefe, dieſe äußerſt ſelten,
aber ſehr lang. Dieſer iſt ein Morgenbillet. Ich richtete mich
nach Ihnen, ſonſt hätte ich Ihnen alles von hier, von mir,
von Todten und Lebendigen geſchrieben: doch alles dies nun
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/46>, abgerufen am 28.11.2024.
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