über Sie äußern. Das Vergnügen hab' ich jetzt oft; be- sonders von Frauen. Aber dies, theure Freundin, liebe Für- stin, mache Sie nur noch aufmerksamer, kleine Übereilungen zu vermeiden, die Anlaß zu großem Gerede geben! Ich ver- sichere Ihnen auf Ehre, daß ich in diesem Augenblicke nichts Bestimmtes, oder Neues weiß, was mir Veranlassung zu die- ser innigsten Bitte geben kann. Ich will, daß auch Dumme verstummten Respekt vor Ihnen haben sollen! Sie wissen, daß ich mich nicht nach Gemeinem leicht richte, und Vorurtheilen mich beuge; aber einen festen Grund müssen wir in der Welt gefaßt haben: unsre besten Eigenschaften sich kompakten Ruf gewonnen haben, wir müssen lange, Andre als uns, ver- theidigt, und für die frondirt haben; ehe uns erlaubt wird, frei nach bester Überzeugung für uns selbst zu agiren. Sie haben nicht allein das weichste Herz; sondern ich möchte sa- gen, auch nach mancher Richtung hin, das weichste Betra- gen; das verträgt die abgefeimte Welt nicht! und in diesem müssen Ihnen Freunde, Mutter, und die, die Sie wie solche lieben, als Hülfe aller Art zur Seite treten. Dies, edle Adelheid, werden Sie verzeihen, ja erlauben!
Alle Stägemann'sche Damen, -- alles freut sich, daß Sie kommen, wie man sagt --, Frau von Crayen, meine Schwägerinnen, Ernst und Albert Schlippenbach, alles will empfohlen sein, die letztern noch gestern Abend. Kein Lob freute mich so, als Graf Ernst seines. Ganz unschuldig, ganz wahrhaft, ganz unaccentuirt. Ein solcher Springinsfeld, von dem ich mir's nicht vermuthete, am meisten. Varnh. schickt Grüße voll zärtlichstem Respekt, und wahrhafter Bruderliebe,
über Sie äußern. Das Vergnügen hab’ ich jetzt oft; be- ſonders von Frauen. Aber dies, theure Freundin, liebe Für- ſtin, mache Sie nur noch aufmerkſamer, kleine Übereilungen zu vermeiden, die Anlaß zu großem Gerede geben! Ich ver- ſichere Ihnen auf Ehre, daß ich in dieſem Augenblicke nichts Beſtimmtes, oder Neues weiß, was mir Veranlaſſung zu die- ſer innigſten Bitte geben kann. Ich will, daß auch Dumme verſtummten Reſpekt vor Ihnen haben ſollen! Sie wiſſen, daß ich mich nicht nach Gemeinem leicht richte, und Vorurtheilen mich beuge; aber einen feſten Grund müſſen wir in der Welt gefaßt haben: unſre beſten Eigenſchaften ſich kompakten Ruf gewonnen haben, wir müſſen lange, Andre als uns, ver- theidigt, und für die frondirt haben; ehe uns erlaubt wird, frei nach beſter Überzeugung für uns ſelbſt zu agiren. Sie haben nicht allein das weichſte Herz; ſondern ich möchte ſa- gen, auch nach mancher Richtung hin, das weichſte Betra- gen; das verträgt die abgefeimte Welt nicht! und in dieſem müſſen Ihnen Freunde, Mutter, und die, die Sie wie ſolche lieben, als Hülfe aller Art zur Seite treten. Dies, edle Adelheid, werden Sie verzeihen, ja erlauben!
Alle Stägemann’ſche Damen, — alles freut ſich, daß Sie kommen, wie man ſagt —, Frau von Crayen, meine Schwägerinnen, Ernſt und Albert Schlippenbach, alles will empfohlen ſein, die letztern noch geſtern Abend. Kein Lob freute mich ſo, als Graf Ernſt ſeines. Ganz unſchuldig, ganz wahrhaft, ganz unaccentuirt. Ein ſolcher Springinsfeld, von dem ich mir’s nicht vermuthete, am meiſten. Varnh. ſchickt Grüße voll zärtlichſtem Reſpekt, und wahrhafter Bruderliebe,
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über Sie äußern. Das Vergnügen hab’ ich jetzt oft; be-
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zu vermeiden, die Anlaß zu großem Gerede geben! Ich ver-
ſichere Ihnen auf Ehre, daß ich in dieſem Augenblicke nichts
Beſtimmtes, oder Neues weiß, was mir Veranlaſſung zu die-
ſer innigſten Bitte geben kann. Ich will, daß auch Dumme
verſtummten Reſpekt vor Ihnen haben ſollen! Sie wiſſen, daß
ich mich nicht nach Gemeinem leicht richte, und Vorurtheilen
mich beuge; aber einen feſten Grund müſſen wir in der Welt
gefaßt haben: unſre beſten Eigenſchaften ſich kompakten Ruf
gewonnen haben, wir müſſen lange, Andre als uns, ver-
theidigt, und für die frondirt haben; ehe uns erlaubt wird,
frei nach beſter Überzeugung für uns ſelbſt zu agiren. Sie
haben nicht allein das weichſte Herz; ſondern ich möchte ſa-
gen, auch nach mancher Richtung hin, das weichſte Betra-
gen; das verträgt die abgefeimte Welt nicht! und in
dieſem müſſen Ihnen Freunde, Mutter, und die, die Sie wie
ſolche lieben, als Hülfe aller Art zur Seite treten. Dies, edle
Adelheid, werden Sie verzeihen, ja erlauben!
Alle Stägemann’ſche Damen, — alles freut ſich, daß
Sie kommen, wie man ſagt —, Frau von Crayen, meine
Schwägerinnen, Ernſt und Albert Schlippenbach, alles will
empfohlen ſein, die letztern noch geſtern Abend. Kein Lob
freute mich ſo, als Graf Ernſt ſeines. Ganz unſchuldig, ganz
wahrhaft, ganz unaccentuirt. Ein ſolcher Springinsfeld, von
dem ich mir’s nicht vermuthete, am meiſten. Varnh. ſchickt
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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