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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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Civil in den reisenden Lagern lebt, von Staub lebt, ohn-
erachtet des Staubs; nur ein Komödien-Publikum ist doch
noch zurückgeblieben; findet sich vor, um alle Tage eine auf-
tretende Sängerin zu hören. Mlls. Tibaldi und Bamberger;
heute, -- ich mit, -- Mad. Kraus-Wranitzky, Schwester der
Mad. Seidler, aus Wien. Gestern -- sehn Sie meine Aus-
schweifungen! -- habe ich wahrlich "nach der Kunst gelebt;"
wie A. W. Schlegel sich Schakespeare's Julie ausdrücken läßt,
über einen Kuß. Goethe sagt, man sollte alle Tage etwas
von ihr, der Kunst, Bereitetes ansehen, hören, oder lesen.
Ich setze hinzu: um vom Himmel zu kosten, nicht nur da-
für zu arbeiten. So habe ich gestern Königin Elisabeth, in
Kenilworth, von Mad. Wolff auf die Bewunderung verdie-
nendste Weise gesehn! Eine Person sich so vorzustellen, als
diese Elisabeth, ist schon vom Dichter, und vom vollkommen-
sten Künstler: sie dann darnach so vorzustellen, stupend! und
weit über meine Fassung. Durchaus wahr, ganz, erhaben,
pittoresk; so gelungen, daß es natürlich ward, nicht blieb.
Vortrefflich: das müssen Sie sehn: ich bereite dann Mad. Wolff
vor. Sie spielte, sie strengte sich meinetwegen! gestern an.
Gott befohlen! Ihre ergebene

F. V.

Die treuesten, ergebensten Grüße Ihren liebenswürdigen
Eltern! der theuren Schwester! --




Alle Menschen waren dereinst Ein Mensch. Die ärgste
Folge des begangenen Irrthums ist, dies vergessen zu ha-
ben; und glauben zu müssen, wir leiden ungerecht willkürlich.

Civil in den reiſenden Lagern lebt, von Staub lebt, ohn-
erachtet des Staubs; nur ein Komödien-Publikum iſt doch
noch zurückgeblieben; findet ſich vor, um alle Tage eine auf-
tretende Sängerin zu hören. Mlls. Tibaldi und Bamberger;
heute, — ich mit, — Mad. Kraus-Wranitzky, Schweſter der
Mad. Seidler, aus Wien. Geſtern — ſehn Sie meine Aus-
ſchweifungen! — habe ich wahrlich „nach der Kunſt gelebt;“
wie A. W. Schlegel ſich Schakeſpeare’s Julie ausdrücken läßt,
über einen Kuß. Goethe ſagt, man ſollte alle Tage etwas
von ihr, der Kunſt, Bereitetes anſehen, hören, oder leſen.
Ich ſetze hinzu: um vom Himmel zu koſten, nicht nur da-
für zu arbeiten. So habe ich geſtern Königin Eliſabeth, in
Kenilworth, von Mad. Wolff auf die Bewunderung verdie-
nendſte Weiſe geſehn! Eine Perſon ſich ſo vorzuſtellen, als
dieſe Eliſabeth, iſt ſchon vom Dichter, und vom vollkommen-
ſten Künſtler: ſie dann darnach ſo vorzuſtellen, ſtupend! und
weit über meine Faſſung. Durchaus wahr, ganz, erhaben,
pittoresk; ſo gelungen, daß es natürlich ward, nicht blieb.
Vortrefflich: das müſſen Sie ſehn: ich bereite dann Mad. Wolff
vor. Sie ſpielte, ſie ſtrengte ſich meinetwegen! geſtern an.
Gott befohlen! Ihre ergebene

F. V.

Die treueſten, ergebenſten Grüße Ihren liebenswürdigen
Eltern! der theuren Schweſter! —




Alle Menſchen waren dereinſt Ein Menſch. Die ärgſte
Folge des begangenen Irrthums iſt, dies vergeſſen zu ha-
ben; und glauben zu müſſen, wir leiden ungerecht willkürlich.

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[312/0320] Civil in den reiſenden Lagern lebt, von Staub lebt, ohn- erachtet des Staubs; nur ein Komödien-Publikum iſt doch noch zurückgeblieben; findet ſich vor, um alle Tage eine auf- tretende Sängerin zu hören. Mlls. Tibaldi und Bamberger; heute, — ich mit, — Mad. Kraus-Wranitzky, Schweſter der Mad. Seidler, aus Wien. Geſtern — ſehn Sie meine Aus- ſchweifungen! — habe ich wahrlich „nach der Kunſt gelebt;“ wie A. W. Schlegel ſich Schakeſpeare’s Julie ausdrücken läßt, über einen Kuß. Goethe ſagt, man ſollte alle Tage etwas von ihr, der Kunſt, Bereitetes anſehen, hören, oder leſen. Ich ſetze hinzu: um vom Himmel zu koſten, nicht nur da- für zu arbeiten. So habe ich geſtern Königin Eliſabeth, in Kenilworth, von Mad. Wolff auf die Bewunderung verdie- nendſte Weiſe geſehn! Eine Perſon ſich ſo vorzuſtellen, als dieſe Eliſabeth, iſt ſchon vom Dichter, und vom vollkommen- ſten Künſtler: ſie dann darnach ſo vorzuſtellen, ſtupend! und weit über meine Faſſung. Durchaus wahr, ganz, erhaben, pittoresk; ſo gelungen, daß es natürlich ward, nicht blieb. Vortrefflich: das müſſen Sie ſehn: ich bereite dann Mad. Wolff vor. Sie ſpielte, ſie ſtrengte ſich meinetwegen! geſtern an. Gott befohlen! Ihre ergebene F. V. Die treueſten, ergebenſten Grüße Ihren liebenswürdigen Eltern! der theuren Schweſter! — Mittwoch, den 26. September 1827. Alle Menſchen waren dereinſt Ein Menſch. Die ärgſte Folge des begangenen Irrthums iſt, dies vergeſſen zu ha- ben; und glauben zu müſſen, wir leiden ungerecht willkürlich.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/320>, abgerufen am 25.11.2024.