Hofräthin Herz, die immer Briefe von Frau von Schlegel hatte; welche meine R's fand, wie ich es sagte; ihre Schutz- engel. Triumph! für mich. Meine Komplimente sind alle wahr. Das ist der Unterschied: Sie kennen mich: kann ich schmeichlen? Frau von Tr. sah ich auf einem Ball schöner, jünger, heiterer als je! und tanzend wie das kleinste Fräulein. Sie scheint beruhigt, gesund, und sehr vergnügt. Ich redete sie als eine Henrietten-Freundin an; und sprach ihr von Ih- nen, es war mir Bedürfniß; sie klagte sich in Hinsicht der Korrespondenz mit Ihnen, liebste, freundlichste, harmonischte Henriette! an. Sie schien im Ganzen zerstreut. Ein Ball! thut dergleichen.
Sie sprechen Alle wie die Professoren und die Lazzaroni italiänisch! Fräulein E. singt wie Caffarelli: Papa hat den ganzen Vatikan ausgelesen, durchsucht und auswendig gelernt; kurz, Italien ist Ihnen Allen nur wie gemaust; und doch ist alle Abend Deutschland bei Ihnen! ich sehe es. Auch stehen Nähzeuge, Körbchen, Stickzeuge und Zeichnungen in der Fräu- lein Zimmer, wie in Karlsruhe: Blumen, alles! Bei Herrn von R. sind Haufen von neuen und alten Büchern gethürmt, mit ganz dunklem Einband, und pergamentnem, und mit sol- chen italiänischen Karakteren gedruckt, daß sie kein andrer als er im Hause lesen kann; wenn sie sie auch angucken. Wenn es zu heiß ist zur Terrasse, hat er doch Abends eine Parthie, und giebt dem Abend auch seinen deutschen Kniff! Ach! ich möchte mir gerne alles denken. Wir kommen wieder in Einer Stadt zusammen. Ist es heftiger Wunsch? ist es Ahndung? Mir kommt es immer so vor. Herzlich umarme ich Sie sehr,
Hofräthin Herz, die immer Briefe von Frau von Schlegel hatte; welche meine R’s fand, wie ich es ſagte; ihre Schutz- engel. Triumph! für mich. Meine Komplimente ſind alle wahr. Das iſt der Unterſchied: Sie kennen mich: kann ich ſchmeichlen? Frau von Tr. ſah ich auf einem Ball ſchöner, jünger, heiterer als je! und tanzend wie das kleinſte Fräulein. Sie ſcheint beruhigt, geſund, und ſehr vergnügt. Ich redete ſie als eine Henrietten-Freundin an; und ſprach ihr von Ih- nen, es war mir Bedürfniß; ſie klagte ſich in Hinſicht der Korreſpondenz mit Ihnen, liebſte, freundlichſte, harmoniſchte Henriette! an. Sie ſchien im Ganzen zerſtreut. Ein Ball! thut dergleichen.
Sie ſprechen Alle wie die Profeſſoren und die Lazzaroni italiäniſch! Fräulein E. ſingt wie Caffarelli: Papa hat den ganzen Vatikan ausgeleſen, durchſucht und auswendig gelernt; kurz, Italien iſt Ihnen Allen nur wie gemauſt; und doch iſt alle Abend Deutſchland bei Ihnen! ich ſehe es. Auch ſtehen Nähzeuge, Körbchen, Stickzeuge und Zeichnungen in der Fräu- lein Zimmer, wie in Karlsruhe: Blumen, alles! Bei Herrn von R. ſind Haufen von neuen und alten Büchern gethürmt, mit ganz dunklem Einband, und pergamentnem, und mit ſol- chen italiäniſchen Karakteren gedruckt, daß ſie kein andrer als er im Hauſe leſen kann; wenn ſie ſie auch angucken. Wenn es zu heiß iſt zur Terraſſe, hat er doch Abends eine Parthie, und giebt dem Abend auch ſeinen deutſchen Kniff! Ach! ich möchte mir gerne alles denken. Wir kommen wieder in Einer Stadt zuſammen. Iſt es heftiger Wunſch? iſt es Ahndung? Mir kommt es immer ſo vor. Herzlich umarme ich Sie ſehr,
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Hofräthin Herz, die immer Briefe von Frau von Schlegel
hatte; welche meine R’s fand, wie ich es ſagte; ihre Schutz-
engel. Triumph! für mich. Meine Komplimente ſind alle
wahr. Das iſt der Unterſchied: Sie kennen mich: kann ich
ſchmeichlen? Frau von Tr. ſah ich auf einem Ball ſchöner,
jünger, heiterer als je! und tanzend wie das kleinſte Fräulein.
Sie ſcheint beruhigt, geſund, und ſehr vergnügt. Ich redete
ſie als eine Henrietten-Freundin an; und ſprach ihr von Ih-
nen, es war mir Bedürfniß; ſie klagte ſich in Hinſicht der
Korreſpondenz mit Ihnen, liebſte, freundlichſte, harmoniſchte
Henriette! an. Sie ſchien im Ganzen zerſtreut. Ein Ball!
thut dergleichen.
Sie ſprechen Alle wie die Profeſſoren und die Lazzaroni
italiäniſch! Fräulein E. ſingt wie Caffarelli: Papa hat den
ganzen Vatikan ausgeleſen, durchſucht und auswendig gelernt;
kurz, Italien iſt Ihnen Allen nur wie gemauſt; und doch iſt
alle Abend Deutſchland bei Ihnen! ich ſehe es. Auch ſtehen
Nähzeuge, Körbchen, Stickzeuge und Zeichnungen in der Fräu-
lein Zimmer, wie in Karlsruhe: Blumen, alles! Bei Herrn
von R. ſind Haufen von neuen und alten Büchern gethürmt,
mit ganz dunklem Einband, und pergamentnem, und mit ſol-
chen italiäniſchen Karakteren gedruckt, daß ſie kein andrer als
er im Hauſe leſen kann; wenn ſie ſie auch angucken. Wenn
es zu heiß iſt zur Terraſſe, hat er doch Abends eine Parthie,
und giebt dem Abend auch ſeinen deutſchen Kniff! Ach! ich
möchte mir gerne alles denken. Wir kommen wieder in Einer
Stadt zuſammen. Iſt es heftiger Wunſch? iſt es Ahndung?
Mir kommt es immer ſo vor. Herzlich umarme ich Sie ſehr,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/32>, abgerufen am 22.11.2024.
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