den müßigen Stunden ganz irre.) Das Hübsche ist ein Mensch; und der Mensch ein Mädchen; und das Mädchen, Mlle. Bauer.
Wenn Sie morgen kommen, so hält Sie das nicht ab, auch übermorgen zu kommen; ich muß Sie vielleicht auch auf übermorgen bitten: doch das entscheidet sich erst morgen, wenn Sie da sind. Ist das Freundschaft? Kann nun nicht ohne alle fernere Versicherung mein Namen plumps dastehen?
Friederike Varnhagen.
Dienstag, den 25. Januar 1825.
Beinah werden nur die Leute alt, die nichts als jung waren.
Donnerstag, den 27. Januar 1825.
Wahres Unglück ist nicht das, welches einem Menschen als Unglücksfall überkommen muß, und welchem wir als solche stets ausgesetzt sind. Unglück ist das Unangenehme, in allen Lebensmomenten Drückende und Hemmende, welches nothwen- dig aus einer gegebenen Lage sich entwicklen muß: aus Ge- burtsstellung, aus der Karaktermitgift -- Konstellation unsrer Eigenschaften in jedem Sinn, -- Körperschönheit und Gesund- heit; oder deren Mangel u. s. w. Dagegen kann der Mensch nicht selbst an; sondern ein Höherer; wir können nur diese Fälle erkennen lernen, als Fakta, die uns als diesen besondren Menschen begegnen müssen: und uns darein ergeben, als in ein Unvermeidliches, und ein doch Trost enthaltendes, als eben so nothwendig auf Neues, Hohes und Unbekanntes sich Be-
den müßigen Stunden ganz irre.) Das Hübſche iſt ein Menſch; und der Menſch ein Mädchen; und das Mädchen, Mlle. Bauer.
Wenn Sie morgen kommen, ſo hält Sie das nicht ab, auch übermorgen zu kommen; ich muß Sie vielleicht auch auf übermorgen bitten: doch das entſcheidet ſich erſt morgen, wenn Sie da ſind. Iſt das Freundſchaft? Kann nun nicht ohne alle fernere Verſicherung mein Namen plumps daſtehen?
Friederike Varnhagen.
Dienstag, den 25. Januar 1825.
Beinah werden nur die Leute alt, die nichts als jung waren.
Donnerstag, den 27. Januar 1825.
Wahres Unglück iſt nicht das, welches einem Menſchen als Unglücksfall überkommen muß, und welchem wir als ſolche ſtets ausgeſetzt ſind. Unglück iſt das Unangenehme, in allen Lebensmomenten Drückende und Hemmende, welches nothwen- dig aus einer gegebenen Lage ſich entwicklen muß: aus Ge- burtsſtellung, aus der Karaktermitgift — Konſtellation unſrer Eigenſchaften in jedem Sinn, — Körperſchönheit und Geſund- heit; oder deren Mangel u. ſ. w. Dagegen kann der Menſch nicht ſelbſt an; ſondern ein Höherer; wir können nur dieſe Fälle erkennen lernen, als Fakta, die uns als dieſen beſondren Menſchen begegnen müſſen: und uns darein ergeben, als in ein Unvermeidliches, und ein doch Troſt enthaltendes, als eben ſo nothwendig auf Neues, Hohes und Unbekanntes ſich Be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0188"n="180"/>
den müßigen Stunden ganz irre.) Das Hübſche iſt ein Menſch;<lb/>
und der Menſch ein Mädchen; und das Mädchen, Mlle.<lb/>
Bauer.</p><lb/><p>Wenn Sie morgen kommen, ſo hält Sie das nicht ab,<lb/>
auch übermorgen zu kommen; ich muß Sie vielleicht auch auf<lb/>
übermorgen bitten: doch das entſcheidet ſich erſt morgen, wenn<lb/>
Sie da ſind. Iſt das Freundſchaft? Kann nun nicht ohne<lb/>
alle fernere Verſicherung mein Namen plumps daſtehen?</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Friederike Varnhagen.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Dienstag, den 25. Januar 1825.</hi></dateline><lb/><p>Beinah werden nur die Leute alt, die nichts als jung<lb/>
waren.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Donnerstag, den 27. Januar 1825.</hi></dateline><lb/><p>Wahres Unglück iſt nicht das, welches einem Menſchen<lb/>
als Unglücksfall überkommen muß, und welchem wir als ſolche<lb/>ſtets ausgeſetzt ſind. Unglück iſt das Unangenehme, in allen<lb/>
Lebensmomenten Drückende und Hemmende, welches nothwen-<lb/>
dig aus einer gegebenen Lage ſich entwicklen muß: aus Ge-<lb/>
burtsſtellung, aus der Karaktermitgift — Konſtellation unſrer<lb/>
Eigenſchaften in jedem Sinn, — Körperſchönheit und Geſund-<lb/>
heit; oder deren Mangel u. ſ. w. Dagegen kann der Menſch<lb/>
nicht ſelbſt an; ſondern ein Höherer; wir können nur dieſe<lb/>
Fälle erkennen lernen, als Fakta, die uns als dieſen beſondren<lb/>
Menſchen begegnen müſſen: und uns darein ergeben, als in<lb/>
ein Unvermeidliches, und ein doch Troſt enthaltendes, als eben<lb/>ſo nothwendig auf Neues, Hohes und Unbekanntes ſich Be-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[180/0188]
den müßigen Stunden ganz irre.) Das Hübſche iſt ein Menſch;
und der Menſch ein Mädchen; und das Mädchen, Mlle.
Bauer.
Wenn Sie morgen kommen, ſo hält Sie das nicht ab,
auch übermorgen zu kommen; ich muß Sie vielleicht auch auf
übermorgen bitten: doch das entſcheidet ſich erſt morgen, wenn
Sie da ſind. Iſt das Freundſchaft? Kann nun nicht ohne
alle fernere Verſicherung mein Namen plumps daſtehen?
Friederike Varnhagen.
Dienstag, den 25. Januar 1825.
Beinah werden nur die Leute alt, die nichts als jung
waren.
Donnerstag, den 27. Januar 1825.
Wahres Unglück iſt nicht das, welches einem Menſchen
als Unglücksfall überkommen muß, und welchem wir als ſolche
ſtets ausgeſetzt ſind. Unglück iſt das Unangenehme, in allen
Lebensmomenten Drückende und Hemmende, welches nothwen-
dig aus einer gegebenen Lage ſich entwicklen muß: aus Ge-
burtsſtellung, aus der Karaktermitgift — Konſtellation unſrer
Eigenſchaften in jedem Sinn, — Körperſchönheit und Geſund-
heit; oder deren Mangel u. ſ. w. Dagegen kann der Menſch
nicht ſelbſt an; ſondern ein Höherer; wir können nur dieſe
Fälle erkennen lernen, als Fakta, die uns als dieſen beſondren
Menſchen begegnen müſſen: und uns darein ergeben, als in
ein Unvermeidliches, und ein doch Troſt enthaltendes, als eben
ſo nothwendig auf Neues, Hohes und Unbekanntes ſich Be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/188>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.