einander; Alt, Jung, Großes, Komisches: und Sie werden sehen, daß der Deutsche das eigentlich braucht und will: und das Anno 1823. Wenn er sich auch noch so geleckt stellt und vermeint. Dann werden Sie sich kräftig und lebendig füh- len; und Schutz erzwingen: auf den und Gunst und Aner- kennung muß man ohnehin nie warten: die kommen immer zu spät. Bei ihnen ist selten der Geist. Der geht von Phi- losophen und Künstlern aus; die immer litten: es ist meist Maske, und Selbstbetrug, wenn man sie schützt und pronirt: und beinah nie schätzt man das Rechte, Ächte an ihnen, bis sie todt, oder ihre Talente es schon sind. Kurz, bis es vorbei ist, was sie leisteten, und nur als Vorurtheil noch lebt. Er- mannen Sie sich; und sein Sie lustig mit Ihren Gaben bis an's Ende! Sonst bekümmerte sich niemand um's Theater, als die, welche eben zuhörten, und es ging um so besser. Hö- ren Sie nach oben, und nach den Kritiken auf Papier und am Theetisch gar nicht hin. -- Am liebsten, theure Auguste, sähe ich Sie ohne Rollen frei in Berlin! Aber in jedem Fall mit erfreutem Herzen. Vielleicht kommen Sie noch! Ich um- arme Sie von ganzer treuer Seele! Juni, Juli war ich sehr krank; August ging es besser, jetzt will es der plötzlichen Kälte gemuthen mich zu schüttlen; noch stehe ich aber gut. Ich war diesen Sommer nicht weg. Reisen müssen accurat sein wie ich sie will, wenn ich sie nicht gemacht zu haben regretti- ren soll. Doch bin ich noch mobil. Fürchten Sie nichts. Le- ben Sie wohl und antworten Sie mit Hrn. von Wagner! -- ein artiger kluger Mensch, den wir viel sehen! Empfehlen Sie mich der Mad. Huber bestens! und Mama!
Ihre R.
einander; Alt, Jung, Großes, Komiſches: und Sie werden ſehen, daß der Deutſche das eigentlich braucht und will: und das Anno 1823. Wenn er ſich auch noch ſo geleckt ſtellt und vermeint. Dann werden Sie ſich kräftig und lebendig füh- len; und Schutz erzwingen: auf den und Gunſt und Aner- kennung muß man ohnehin nie warten: die kommen immer zu ſpät. Bei ihnen iſt ſelten der Geiſt. Der geht von Phi- loſophen und Künſtlern aus; die immer litten: es iſt meiſt Maske, und Selbſtbetrug, wenn man ſie ſchützt und pronirt: und beinah nie ſchätzt man das Rechte, Ächte an ihnen, bis ſie todt, oder ihre Talente es ſchon ſind. Kurz, bis es vorbei iſt, was ſie leiſteten, und nur als Vorurtheil noch lebt. Er- mannen Sie ſich; und ſein Sie luſtig mit Ihren Gaben bis an’s Ende! Sonſt bekümmerte ſich niemand um’s Theater, als die, welche eben zuhörten, und es ging um ſo beſſer. Hö- ren Sie nach oben, und nach den Kritiken auf Papier und am Theetiſch gar nicht hin. — Am liebſten, theure Auguſte, ſähe ich Sie ohne Rollen frei in Berlin! Aber in jedem Fall mit erfreutem Herzen. Vielleicht kommen Sie noch! Ich um- arme Sie von ganzer treuer Seele! Juni, Juli war ich ſehr krank; Auguſt ging es beſſer, jetzt will es der plötzlichen Kälte gemuthen mich zu ſchüttlen; noch ſtehe ich aber gut. Ich war dieſen Sommer nicht weg. Reiſen müſſen accurat ſein wie ich ſie will, wenn ich ſie nicht gemacht zu haben regretti- ren ſoll. Doch bin ich noch mobil. Fürchten Sie nichts. Le- ben Sie wohl und antworten Sie mit Hrn. von Wagner! — ein artiger kluger Menſch, den wir viel ſehen! Empfehlen Sie mich der Mad. Huber beſtens! und Mama!
Ihre R.
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einander; Alt, Jung, Großes, Komiſches: und Sie werden
ſehen, daß der Deutſche das eigentlich braucht und will: und
das Anno 1823. Wenn er ſich auch noch ſo geleckt ſtellt und
vermeint. Dann werden Sie ſich kräftig und lebendig füh-
len; und Schutz erzwingen: auf den und Gunſt und Aner-
kennung muß man ohnehin nie warten: die kommen immer
zu ſpät. Bei ihnen iſt ſelten der Geiſt. Der geht von Phi-
loſophen und Künſtlern aus; die immer litten: es iſt meiſt
Maske, und Selbſtbetrug, wenn man ſie ſchützt und pronirt:
und beinah nie ſchätzt man das Rechte, Ächte an ihnen, bis
ſie todt, oder ihre Talente es ſchon ſind. Kurz, bis es vorbei
iſt, was ſie leiſteten, und nur als Vorurtheil noch lebt. Er-
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als die, welche eben zuhörten, und es ging um ſo beſſer. Hö-
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ſähe ich Sie ohne Rollen frei in Berlin! Aber in jedem Fall
mit erfreutem Herzen. Vielleicht kommen Sie noch! Ich um-
arme Sie von ganzer treuer Seele! Juni, Juli war ich ſehr
krank; Auguſt ging es beſſer, jetzt will es der plötzlichen Kälte
gemuthen mich zu ſchüttlen; noch ſtehe ich aber gut. Ich
war dieſen Sommer nicht weg. Reiſen müſſen accurat ſein
wie ich ſie will, wenn ich ſie nicht gemacht zu haben regretti-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/131>, abgerufen am 25.11.2024.
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