Ganz in der Art dieser zu verwerfenden Schmeichelei scheint es mir, wenn eine Frau, eindem sie schreibt, für den Druck schreibt -- also dann gewiß etwas Gedachtes aufzu- zeichnen meint -- sich noch immer als ganz untergeordnet ge- gen einen Mann oder gegen Männer stellt und verstellt; und bei ihrem Schreiben zu erwähnen sucht, als halte sie sich für einen liebenswürdigen, wegen doch nun Einmal unzufürchten- der Schwäche zu duldenden, Usurpator! Nicht ihre furchtsa- men Reverenzen, das Fach, worin sie schreibt, wird sie schon in die weiblichen Reihen stellen: es wird die allermeiste Zeit keines sein, wo Universität und Studium dazu gehört. Hätte aber Einmal ein Weib das Glück, bei allem andern, was ihr vorbehalten ist, von diesen genährt und gepflegt worden zu sein, und den Geist und die Gaben, mit denen das Studium allein Früchte trägt; und sie brächte sie wirklich auf den Markt der Wissenschaften: was sollen wohl die langen seichten Ent- schuldigungen, bei dem geistigsten, unpartheiischten Verkehr und Austausch, und altfränkische Koketterie? Oder soll eine Frau läppisch bleiben? Unter allen Bedingungen? So sag' ich mit Friedrich Schlegel, die Männer sind eben so lange roh. "So lange die Männer roh bleiben, sagt er, müssen die Weiber kokett sein." --
An Friedrich August Wolf.
Berlin, den 21. August 1823.
Die unschuldige, sich in den Winter fügende Deutschwalds- beere, von uns Preißel genannt, die sich Ihres Beifalls rüh-
Ganz in der Art dieſer zu verwerfenden Schmeichelei ſcheint es mir, wenn eine Frau, îndem ſie ſchreibt, für den Druck ſchreibt — alſo dann gewiß etwas Gedachtes aufzu- zeichnen meint — ſich noch immer als ganz untergeordnet ge- gen einen Mann oder gegen Männer ſtellt und verſtellt; und bei ihrem Schreiben zu erwähnen ſucht, als halte ſie ſich für einen liebenswürdigen, wegen doch nun Einmal unzufürchten- der Schwäche zu duldenden, Uſurpator! Nicht ihre furchtſa- men Reverenzen, das Fach, worin ſie ſchreibt, wird ſie ſchon in die weiblichen Reihen ſtellen: es wird die allermeiſte Zeit keines ſein, wo Univerſität und Studium dazu gehört. Hätte aber Einmal ein Weib das Glück, bei allem andern, was ihr vorbehalten iſt, von dieſen genährt und gepflegt worden zu ſein, und den Geiſt und die Gaben, mit denen das Studium allein Früchte trägt; und ſie brächte ſie wirklich auf den Markt der Wiſſenſchaften: was ſollen wohl die langen ſeichten Ent- ſchuldigungen, bei dem geiſtigſten, unpartheiiſchten Verkehr und Austauſch, und altfränkiſche Koketterie? Oder ſoll eine Frau läppiſch bleiben? Unter allen Bedingungen? So ſag’ ich mit Friedrich Schlegel, die Männer ſind eben ſo lange roh. „So lange die Männer roh bleiben, ſagt er, müſſen die Weiber kokett ſein.“ —
An Friedrich Auguſt Wolf.
Berlin, den 21. Auguſt 1823.
Die unſchuldige, ſich in den Winter fügende Deutſchwalds- beere, von uns Preißel genannt, die ſich Ihres Beifalls rüh-
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Ganz in der Art dieſer zu verwerfenden Schmeichelei
ſcheint es mir, wenn eine Frau, îndem ſie ſchreibt, für den
Druck ſchreibt — alſo dann gewiß etwas Gedachtes aufzu-
zeichnen meint — ſich noch immer als ganz untergeordnet ge-
gen einen Mann oder gegen Männer ſtellt und verſtellt; und
bei ihrem Schreiben zu erwähnen ſucht, als halte ſie ſich für
einen liebenswürdigen, wegen doch nun Einmal unzufürchten-
der Schwäche zu duldenden, Uſurpator! Nicht ihre furchtſa-
men Reverenzen, das Fach, worin ſie ſchreibt, wird ſie ſchon
in die weiblichen Reihen ſtellen: es wird die allermeiſte Zeit
keines ſein, wo Univerſität und Studium dazu gehört. Hätte
aber Einmal ein Weib das Glück, bei allem andern, was ihr
vorbehalten iſt, von dieſen genährt und gepflegt worden zu
ſein, und den Geiſt und die Gaben, mit denen das Studium
allein Früchte trägt; und ſie brächte ſie wirklich auf den Markt
der Wiſſenſchaften: was ſollen wohl die langen ſeichten Ent-
ſchuldigungen, bei dem geiſtigſten, unpartheiiſchten Verkehr
und Austauſch, und altfränkiſche Koketterie? Oder ſoll eine
Frau läppiſch bleiben? Unter allen Bedingungen? So ſag’
ich mit Friedrich Schlegel, die Männer ſind eben ſo lange
roh. „So lange die Männer roh bleiben, ſagt er, müſſen
die Weiber kokett ſein.“ —
An Friedrich Auguſt Wolf.
Berlin, den 21. Auguſt 1823.
Die unſchuldige, ſich in den Winter fügende Deutſchwalds-
beere, von uns Preißel genannt, die ſich Ihres Beifalls rüh-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/124>, abgerufen am 25.11.2024.
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