Kühles, in sich nicht fertiges Frühlingswetter, mit Blüthen, und Einheizen.
Liebes Rosenschwesterchen! Du antwortest mir nicht! Es ist doch Krankheit nicht Schuld? Nun ist Scholz bei dir: und du kannst von mir, von Deutschland und der Vergangenheit hören und sprechen. Alles was uns bleibt. Ich fühle mich auch vertrocknet mit der Zeit! -- Abwesenheit, Mangel an Anregung, an Liebem und Gewohntem, viele Unpäßlichkeit, haben das Ihrige gethan. Mir ist nur heute so! Sonst weiß ich den Vorzug meiner Lage sehr! Aber wir sind beide aus unserm Majorat, und entfernt von einander: und, und! -- -- -- für dergleichen müßte brillanter Ersatz kommen. Speise für Vernunft, sättigt nur die: und macht kein frisches Blut. Wenn du nicht krank bist, schreib mir ein Wort. Was ich den Sommer mache, weiß ich noch nicht: und das ist auch gut: es ist eine Art Freiheit. Von deinem Kommen schreib' ich nichts, weil ich dich nicht quälen mag. Wenn du kommst, bist du da. Von der Freude und dem Rest dabei chargir' ich mich. Grüße Karl recht sehr! Wenn mich die Laune ergreift, schreib' ich ihm sehr ausführlich. Ich umarme dich herzlich. Varnhagen euch beide. Deine R. Mein liebes Röschen! Ach! Ach! Ach! du dort; ich hier: und alles blüht. -- --
An Roſe, im Haag.
Karlsruhe, Dienstag den 21. April 1818.
Kühles, in ſich nicht fertiges Frühlingswetter, mit Blüthen, und Einheizen.
Liebes Roſenſchweſterchen! Du antworteſt mir nicht! Es iſt doch Krankheit nicht Schuld? Nun iſt Scholz bei dir: und du kannſt von mir, von Deutſchland und der Vergangenheit hören und ſprechen. Alles was uns bleibt. Ich fühle mich auch vertrocknet mit der Zeit! — Abweſenheit, Mangel an Anregung, an Liebem und Gewohntem, viele Unpäßlichkeit, haben das Ihrige gethan. Mir iſt nur heute ſo! Sonſt weiß ich den Vorzug meiner Lage ſehr! Aber wir ſind beide aus unſerm Majorat, und entfernt von einander: und, und! — — — für dergleichen müßte brillanter Erſatz kommen. Speiſe für Vernunft, ſättigt nur die: und macht kein friſches Blut. Wenn du nicht krank biſt, ſchreib mir ein Wort. Was ich den Sommer mache, weiß ich noch nicht: und das iſt auch gut: es iſt eine Art Freiheit. Von deinem Kommen ſchreib’ ich nichts, weil ich dich nicht quälen mag. Wenn du kommſt, biſt du da. Von der Freude und dem Reſt dabei chargir’ ich mich. Grüße Karl recht ſehr! Wenn mich die Laune ergreift, ſchreib’ ich ihm ſehr ausführlich. Ich umarme dich herzlich. Varnhagen euch beide. Deine R. Mein liebes Röschen! Ach! Ach! Ach! du dort; ich hier: und alles blüht. — —
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0541"n="533"/><divn="2"><head>An Roſe, im Haag.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Karlsruhe, Dienstag den 21. April 1818.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#et">Kühles, in ſich nicht fertiges Frühlingswetter, mit<lb/>
Blüthen, und Einheizen.</hi></p><lb/><p>Liebes Roſenſchweſterchen! Du antworteſt mir nicht! Es<lb/>
iſt doch Krankheit nicht Schuld? Nun iſt Scholz bei dir: und<lb/>
du kannſt von mir, von Deutſchland und der Vergangenheit<lb/>
hören und ſprechen. Alles was uns bleibt. Ich fühle mich<lb/>
auch vertrocknet mit der Zeit! — Abweſenheit, Mangel an<lb/>
Anregung, an Liebem und Gewohntem, <hirendition="#g">viele</hi> Unpäßlichkeit,<lb/>
haben das Ihrige gethan. Mir iſt nur heute ſo! Sonſt weiß<lb/>
ich den Vorzug <hirendition="#g">meiner</hi> Lage <hirendition="#g">ſehr</hi>! Aber wir ſind beide aus<lb/>
unſerm Majorat, und entfernt von einander: und, und! —<lb/>—— für dergleichen müßte <hirendition="#g">brillanter</hi> Erſatz kommen.<lb/>
Speiſe für Vernunft, ſättigt nur die: und macht kein friſches<lb/>
Blut. Wenn du nicht krank biſt, ſchreib mir ein Wort. Was<lb/>
ich den Sommer mache, weiß ich noch nicht: und das iſt auch<lb/>
gut: es iſt eine Art Freiheit. Von deinem Kommen ſchreib’<lb/>
ich nichts, weil ich dich nicht quälen mag. Wenn du kommſt,<lb/>
biſt du da. Von der Freude und dem Reſt dabei chargir’ ich<lb/>
mich. Grüße Karl recht ſehr! Wenn mich die Laune ergreift,<lb/>ſchreib’ ich ihm ſehr ausführlich. Ich umarme dich herzlich.<lb/>
Varnhagen euch beide. Deine R. <hirendition="#g">Mein</hi> liebes Röschen!<lb/>
Ach! Ach! Ach! du dort; ich hier: und alles blüht. ——</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[533/0541]
An Roſe, im Haag.
Karlsruhe, Dienstag den 21. April 1818.
Kühles, in ſich nicht fertiges Frühlingswetter, mit
Blüthen, und Einheizen.
Liebes Roſenſchweſterchen! Du antworteſt mir nicht! Es
iſt doch Krankheit nicht Schuld? Nun iſt Scholz bei dir: und
du kannſt von mir, von Deutſchland und der Vergangenheit
hören und ſprechen. Alles was uns bleibt. Ich fühle mich
auch vertrocknet mit der Zeit! — Abweſenheit, Mangel an
Anregung, an Liebem und Gewohntem, viele Unpäßlichkeit,
haben das Ihrige gethan. Mir iſt nur heute ſo! Sonſt weiß
ich den Vorzug meiner Lage ſehr! Aber wir ſind beide aus
unſerm Majorat, und entfernt von einander: und, und! —
— — für dergleichen müßte brillanter Erſatz kommen.
Speiſe für Vernunft, ſättigt nur die: und macht kein friſches
Blut. Wenn du nicht krank biſt, ſchreib mir ein Wort. Was
ich den Sommer mache, weiß ich noch nicht: und das iſt auch
gut: es iſt eine Art Freiheit. Von deinem Kommen ſchreib’
ich nichts, weil ich dich nicht quälen mag. Wenn du kommſt,
biſt du da. Von der Freude und dem Reſt dabei chargir’ ich
mich. Grüße Karl recht ſehr! Wenn mich die Laune ergreift,
ſchreib’ ich ihm ſehr ausführlich. Ich umarme dich herzlich.
Varnhagen euch beide. Deine R. Mein liebes Röschen!
Ach! Ach! Ach! du dort; ich hier: und alles blüht. — —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/541>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.