Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

einem Bibliothekar von dort, Professor Beneke. Beides schar-
mante Männer, die mir von Göttingen einen sehr hohen Be-
griff machen. Wie die Schlegeln und Schlossern anhörten,
das muß ich mimisch erzählen. Schlegel behauptete näm-
lich, Baden hätte nicht das Recht, das letzte Hausgesetz zu
machen: und Hugo, mit wenig Latein, und auch wenig Deutsch,
und großer verwunderter Geduld, bewies aus positiven Rech-
ten, Testamenten und Gesetzen ja: er ahndete Schlegels Gründe,
oder den Grund seiner Gründe nicht, der auch es halb als
eine doch auch vorzutragende Ansicht lachend, um es zu
mildern, vortrug. So staunte, wirklich staunte Beneke den
Dr. Schlosser an, und stand ordentlich auf, als der ihm alte
und neue Reichszustände erörtern wollte, mit der fertigen Ge-
läufigkeit, die nie da gesprochen hat, wo ein gelehrter, ein-
facher Widerspruch herkommen kann. Der Abend war aber
gut: und die Göttinger Leute gefielen mir sehr, auch die zwölf-
jährige Dlle. Hugo: lebhaft, natürlich, eigenthätig, im Auf-
fassen und Bemerken. -- Mehr schreib' ich nicht; ich bin vom
Feste zu zerstreut. Will in die Sonne gehen, und esse bei
der Schlegel, er bei Graf Buol. Sie ließ mich durch Auguste
bitten. Adieu, adieu! Deine dich Erwartende! Eil dich in
nichts! ich warte auch gerne.

R.



31 *

einem Bibliothekar von dort, Profeſſor Beneke. Beides ſchar-
mante Männer, die mir von Göttingen einen ſehr hohen Be-
griff machen. Wie die Schlegeln und Schloſſern anhörten,
das muß ich mimiſch erzählen. Schlegel behauptete näm-
lich, Baden hätte nicht das Recht, das letzte Hausgeſetz zu
machen: und Hugo, mit wenig Latein, und auch wenig Deutſch,
und großer verwunderter Geduld, bewies aus poſitiven Rech-
ten, Teſtamenten und Geſetzen ja: er ahndete Schlegels Gründe,
oder den Grund ſeiner Gründe nicht, der auch es halb als
eine doch auch vorzutragende Anſicht lachend, um es zu
mildern, vortrug. So ſtaunte, wirklich ſtaunte Beneke den
Dr. Schloſſer an, und ſtand ordentlich auf, als der ihm alte
und neue Reichszuſtände erörtern wollte, mit der fertigen Ge-
läufigkeit, die nie da geſprochen hat, wo ein gelehrter, ein-
facher Widerſpruch herkommen kann. Der Abend war aber
gut: und die Göttinger Leute gefielen mir ſehr, auch die zwölf-
jährige Dlle. Hugo: lebhaft, natürlich, eigenthätig, im Auf-
faſſen und Bemerken. — Mehr ſchreib’ ich nicht; ich bin vom
Feſte zu zerſtreut. Will in die Sonne gehen, und eſſe bei
der Schlegel, er bei Graf Buol. Sie ließ mich durch Auguſte
bitten. Adieu, adieu! Deine dich Erwartende! Eil dich in
nichts! ich warte auch gerne.

R.



31 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0491" n="483"/>
einem Bibliothekar von dort, Profe&#x017F;&#x017F;or Beneke. Beides &#x017F;char-<lb/>
mante Männer, die mir von Göttingen einen &#x017F;ehr hohen Be-<lb/>
griff machen. Wie <hi rendition="#g">die</hi> Schlegeln und Schlo&#x017F;&#x017F;ern anhörten,<lb/>
das muß ich mimi&#x017F;ch <hi rendition="#g">erzählen</hi>. Schlegel behauptete näm-<lb/>
lich, Baden hätte nicht das Recht, das letzte Hausge&#x017F;etz zu<lb/>
machen: und Hugo, mit wenig Latein, und auch wenig Deut&#x017F;ch,<lb/>
und großer verwunderter Geduld, bewies aus po&#x017F;itiven Rech-<lb/>
ten, Te&#x017F;tamenten und Ge&#x017F;etzen <hi rendition="#g">ja</hi>: er ahndete Schlegels Gründe,<lb/>
oder den Grund &#x017F;einer Gründe nicht, der auch es halb als<lb/>
eine doch auch vorzutragende An&#x017F;icht <hi rendition="#g">lachend</hi>, um es zu<lb/>
mildern, vortrug. So &#x017F;taunte, wirklich <hi rendition="#g">&#x017F;taunte</hi> Beneke den<lb/>
Dr. Schlo&#x017F;&#x017F;er an, und &#x017F;tand ordentlich auf, als der ihm alte<lb/>
und neue Reichszu&#x017F;tände erörtern wollte, mit der fertigen Ge-<lb/>
läufigkeit, die nie <hi rendition="#g">da</hi> ge&#x017F;prochen hat, wo ein gelehrter, ein-<lb/>
facher Wider&#x017F;pruch herkommen kann. Der Abend war aber<lb/>
gut: und die Göttinger Leute gefielen mir &#x017F;ehr, auch die zwölf-<lb/>
jährige Dlle. Hugo: lebhaft, natürlich, eigenthätig, im Auf-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en und Bemerken. &#x2014; Mehr &#x017F;chreib&#x2019; ich nicht; ich bin vom<lb/>
Fe&#x017F;te zu zer&#x017F;treut. Will in die Sonne gehen, und e&#x017F;&#x017F;e bei<lb/>
der Schlegel, er bei Graf Buol. Sie ließ mich durch Augu&#x017F;te<lb/>
bitten. Adieu, adieu! Deine dich Erwartende! Eil dich in<lb/>
nichts! ich warte auch gerne.</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">R.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">31 *</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0491] einem Bibliothekar von dort, Profeſſor Beneke. Beides ſchar- mante Männer, die mir von Göttingen einen ſehr hohen Be- griff machen. Wie die Schlegeln und Schloſſern anhörten, das muß ich mimiſch erzählen. Schlegel behauptete näm- lich, Baden hätte nicht das Recht, das letzte Hausgeſetz zu machen: und Hugo, mit wenig Latein, und auch wenig Deutſch, und großer verwunderter Geduld, bewies aus poſitiven Rech- ten, Teſtamenten und Geſetzen ja: er ahndete Schlegels Gründe, oder den Grund ſeiner Gründe nicht, der auch es halb als eine doch auch vorzutragende Anſicht lachend, um es zu mildern, vortrug. So ſtaunte, wirklich ſtaunte Beneke den Dr. Schloſſer an, und ſtand ordentlich auf, als der ihm alte und neue Reichszuſtände erörtern wollte, mit der fertigen Ge- läufigkeit, die nie da geſprochen hat, wo ein gelehrter, ein- facher Widerſpruch herkommen kann. Der Abend war aber gut: und die Göttinger Leute gefielen mir ſehr, auch die zwölf- jährige Dlle. Hugo: lebhaft, natürlich, eigenthätig, im Auf- faſſen und Bemerken. — Mehr ſchreib’ ich nicht; ich bin vom Feſte zu zerſtreut. Will in die Sonne gehen, und eſſe bei der Schlegel, er bei Graf Buol. Sie ließ mich durch Auguſte bitten. Adieu, adieu! Deine dich Erwartende! Eil dich in nichts! ich warte auch gerne. R. 31 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/491
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/491>, abgerufen am 22.11.2024.