Gott, Sie sind ein handlender Held gegen mich. Ich ein elender Hamlet. Ich liebe was ich ehre und bewundere: und kein Mensch folgt Ihrem Schicksal mit regerem Antheil. Aber man quält und quält sich! Keine Würdigkeit schützt; im Gegentheil, Lesen Sie einmal des siebzigjährigen Pesta- lozzi's Erklärungen in den Beilagen zum Morgenblatt; wie der erst jetzt sich entschließen will, seinem Innren zu folgen. -- Die wahre Mischung von Hartnäckigkeit und Weichheit ist nur ehrwürdig und einträglich. Sonst sitzt man als Narr mit seiner klaren Einsicht. Nun bin ich gar durch einen Be- such, den General Tettenborn, der von Baden-Baden hier ist, gestört! Nur so viel. Ich kenne keine kunstvollere Stelle, als die in Woltmanns Leben, wo er sagt, daß er der Letzte sei, den der deutsche Kaiser adelte. Wie das Duellgespräch in Goethens Tasso, kann ich sie tausendmal lesen und nie be- greifen, wie man solches aufeinander bringen kann, da es doch nur so aufeinander kommen kann. Das ist die Kunst: Wolt- manns Stelle ist noch obenein unergründlich, wie die Geschichte, wie die Natur selbst: nur so zu verstehen, wie man sie zu nehmen vermag. Ein wahres Witzstück, Kunststück. Schrei- ben Sie nur ja den Roman aus! und die göttlichen Sagen Segne Sie Gott mit Kraft und Genuß! Ich erwarte meine Geschwister aus Berlin: aber schon länger, welches Warten mir den Sommer zerstückelt. Pestalozzi! Viel Gesundheit! Adieu, adieu! Sehen Sie Arnsteins? die hassen mich gewiß. Ich kann aber nicht schreiben. Arnsteins lieb ich gewiß.
Gott, Sie ſind ein handlender Held gegen mich. Ich ein elender Hamlet. Ich liebe was ich ehre und bewundere: und kein Menſch folgt Ihrem Schickſal mit regerem Antheil. Aber man quält und quält ſich! Keine Würdigkeit ſchützt; im Gegentheil, Leſen Sie einmal des ſiebzigjährigen Peſta- lozzi’s Erklärungen in den Beilagen zum Morgenblatt; wie der erſt jetzt ſich entſchließen will, ſeinem Innren zu folgen. — Die wahre Miſchung von Hartnäckigkeit und Weichheit iſt nur ehrwürdig und einträglich. Sonſt ſitzt man als Narr mit ſeiner klaren Einſicht. Nun bin ich gar durch einen Be- ſuch, den General Tettenborn, der von Baden-Baden hier iſt, geſtört! Nur ſo viel. Ich kenne keine kunſtvollere Stelle, als die in Woltmanns Leben, wo er ſagt, daß er der Letzte ſei, den der deutſche Kaiſer adelte. Wie das Duellgeſpräch in Goethens Taſſo, kann ich ſie tauſendmal leſen und nie be- greifen, wie man ſolches aufeinander bringen kann, da es doch nur ſo aufeinander kommen kann. Das iſt die Kunſt: Wolt- manns Stelle iſt noch obenein unergründlich, wie die Geſchichte, wie die Natur ſelbſt: nur ſo zu verſtehen, wie man ſie zu nehmen vermag. Ein wahres Witzſtück, Kunſtſtück. Schrei- ben Sie nur ja den Roman aus! und die göttlichen Sagen Segne Sie Gott mit Kraft und Genuß! Ich erwarte meine Geſchwiſter aus Berlin: aber ſchon länger, welches Warten mir den Sommer zerſtückelt. Peſtalozzi! Viel Geſundheit! Adieu, adieu! Sehen Sie Arnſteins? die haſſen mich gewiß. Ich kann aber nicht ſchreiben. Arnſteins lieb ich gewiß.
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Gott, Sie ſind ein handlender Held gegen mich. Ich ein
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Aber man quält und quält ſich! Keine Würdigkeit ſchützt;
im Gegentheil, Leſen Sie einmal des ſiebzigjährigen Peſta-
lozzi’s Erklärungen in den Beilagen zum Morgenblatt; wie
der erſt jetzt ſich entſchließen will, ſeinem Innren zu folgen.
— Die wahre Miſchung von Hartnäckigkeit und Weichheit
iſt nur ehrwürdig und einträglich. Sonſt ſitzt man als Narr
mit ſeiner klaren Einſicht. Nun bin ich gar durch einen Be-
ſuch, den General Tettenborn, der von Baden-Baden hier iſt,
geſtört! Nur ſo viel. Ich kenne keine kunſtvollere Stelle,
als die in Woltmanns Leben, wo er ſagt, daß er der Letzte
ſei, den der deutſche Kaiſer adelte. Wie das Duellgeſpräch
in Goethens Taſſo, kann ich ſie tauſendmal leſen und nie be-
greifen, wie man ſolches aufeinander bringen kann, da es doch
nur ſo aufeinander kommen kann. Das iſt die Kunſt: Wolt-
manns Stelle iſt noch obenein unergründlich, wie die Geſchichte,
wie die Natur ſelbſt: nur ſo zu verſtehen, wie man ſie zu
nehmen vermag. Ein wahres Witzſtück, Kunſtſtück. Schrei-
ben Sie nur ja den Roman aus! und die göttlichen Sagen
Segne Sie Gott mit Kraft und Genuß! Ich erwarte meine
Geſchwiſter aus Berlin: aber ſchon länger, welches Warten
mir den Sommer zerſtückelt. Peſtalozzi! Viel Geſundheit!
Adieu, adieu! Sehen Sie Arnſteins? die haſſen mich gewiß.
Ich kann aber nicht ſchreiben. Arnſteins lieb ich gewiß.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/476>, abgerufen am 23.11.2024.
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